Dune-Stories: Träume vom Wüstenplaneten
keine plötzlichen Bewegungen!« Der alte Arzt schob Dorothy beiseite und ging auf den Jungen zu. »Das ist ein einheimischer Sandskorpion. Sein Stich ist tödlich!«
Jeder Muskel in Dorothys Körper wollte ihrem Sohn zu Hilfe eilen, aber sie wagte es nicht, das Tier zu erschrecken.
Mit einer schnellen Bewegung wischte Yueh den Skorpion von Barris Arm. Das Tier prallte neben Dorothy gegen eine Sitzbank, fiel zu Boden und rollte sich zu einer schwarzen Kugel zusammen. Sie trat fest zu und zerdrückte ihn unter ihrem Absatz. Obwohl der Sandskorpion tot war, trat sie immer wieder zu.
»Alles ist wieder gut«, sagte Yueh beschwichtigend, während er den Jungen fortzog, doch Barri wehrte sich mit Tränen in den Augen gegen den Griff des Arztes.
Dorothy zog ihren Sohn an ihre Brust. »Das hier ist ein gefährlicher Ort. Du darfst nicht mit den Tieren spielen, die du hier findest. Nicht einmal Dr. Yueh hätte dich retten können, wenn der Skorpion zugestochen hätte.«
Barri starrte sie böse an, wütend, dass sie sein neues Haustier getötet hatte. »Cullington hätte ein Gegengift gefunden.«
Der alte Arzt tätschelte dem Jungen den Kopf. »Lass uns meine Fähigkeiten nicht auf die Probe stellen, in Ordnung?«
5
Die Lebenden stehen immer auf den Schultern der Toten. Das liegt in der Natur des menschlichen Fortschritts.
Sprichwort von der alten Erde
Jesse berief im obersten Geschoss des Anwesens eine Stabssitzung ein. Der Sitzungssaal mit den Plazfenstern war von der erbarmungslosen Sonne der Dünenwelt abgeschirmt. Durch das Plaz hatte man einen Ausblick in alle Richtungen: über die Wüste, die Felsklippen, die Landefelder am Raumhafen und die verstreuten Gebäude Carthags.
Obwohl der mit Metallplatten getäfelte Raum am selben Tag von den Bediensteten geputzt und geschrubbt worden war, lag schon wieder eine Schicht feinen Staubs über der Einrichtung und auf dem Boden. Jesse strich mit einem Finger über den Tisch und schaute auf die Spur, die er dabei hinterließ. Diese Lebensumstände würden in nächster Zeit sein ständiger Begleiter sein.
Esmar Tuek und Gurney Halleck betraten den Raum zusammen mit ihrem neuen Erntevorarbeiter William English. Ein Hausdiener in einem kurzen braunen Umhang brachte ihnen eine dampfende Kanne Gewürzkaffee mit vier Tassen und schloss auf dem Weg hinaus hinter sich die Tür.
Bevor sie anfingen, ging Jesse um den Tisch und goss den Anwesenden von dem reichhaltigen, duftenden Kaffee ein, um zu zeigen, dass er anders war als andere Edelmänner. »Was ich gestern bei der Inspektionsrunde gesehen habe, hat mich sehr beunruhigt. Die Hoskanners haben uns hier eine hässliche Falle gestellt.«
»Da hast du Recht, Junge«, knurrte Gurney. »Das hier könnte genauso gut ein Gefängnisplanet für das Haus Linkam sein. Wir können erst weg, wenn wir unsere Strafe abgesessen haben.«
»Selbst dann besteht keine Möglichkeit, nach Hause zurückzukehren«, sagte English in einem Tonfall, der so bitter war wie der Bodensatz von Gewürzkaffee. »Zumindest für die meisten von uns.«
Jesse musterte den vernarbten, von Tuek eingesetzten Vorarbeiter. Die Großväter von English und Jesse waren eng befreundet gewesen, zu einer Zeit, als es dem Haus Linkam noch besser gegangen war. English wirkte durchaus fähig und verlässlich, aber Jesse wusste, dass nichts im Leben sicher war. Er musste Risiken eingehen. Sich auf andere Menschen verlassen.
Aber Menschen neigen dazu, fehlbar zu sein, dachte er, und verräterisch. Mit jedem Atemzug ändern sie sich.
Trotzdem fällte er eine Entscheidung. Er warf einen Blick in die Runde. »Obwohl die meisten hier Strafarbeiter sind oder waren, betrachte ich sie nicht als Sklaven. Auf Catalan habe ich mit Leuten aus dem Volk gearbeitet und gesehen, dass sie stolz auf die Verrichtung der niedrigsten Aufgaben sind, wenn sie nur einen Grund dazu haben. Ich beabsichtige, den Menschen der Dünenwelt einen Grund zu geben, damit sie hart arbeiten. Unsere einzige Chance, diesen Wettstreit zu gewinnen, besteht darin, das Volk auf unsere Seite zu bringen. Ohne die einfachen Leute schaffen wir es nicht.«
»Nur sehr wenige Arbeiter sind aus freier Entscheidung auf der Dünenwelt, Herr«, sagte English. »Unter den Hoskanners mussten sie sich zu Tode schuften. Man hat sie mit Füßen getreten und ihnen jede Hoffnung genommen, nachdem sie von den Gefängnisplaneten hierhergeholt wurden.«
»Dann werde ich ihnen Hoffnung geben. Zu ihrem und unserem Wohl
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