Dune-Stories: Träume vom Wüstenplaneten
hier ... es bewegt sich nach unten!« Er holte tief und keuchend Luft und streckte die Arme aus, so angespannt, als wollte er die Finger aus den Gelenken springen lassen.
»Ich spüre es bis in die Fingerspitzen! Wie Landminen, die mit ihren Explosionen Energie in all meine Zellen schicken!« Mit einem Satz war er auf den Beinen und erschauerte. Dann starrte er in den Himmel, der bereits vom sich nähernden Sturm aufgewühlt war. »Das ist das Gewürz, das Herz der Dünenwelt! Ich kann die Sandwürmer fühlen.«
Jesse streckte die Hand aus und berührte English am Arm. »William, atmen Sie tief durch. Reißen Sie sich zusammen. Das ist eine Nebenwirkung der ...«
Mit weit aufgerissenen Augen drehte sich der Erntevorarbeiter langsam im Kreis. »Ich spüre alles unter uns und um uns herum. Das Gewürz, die Würmer, das Sandplankton und ... mehr. Wunder, die wir nie gesehen oder auch nur erahnt haben. Ah!«
English wehrte Jesse ab und sank wieder auf die Knie. Wie ein Wahnsinniger griff er nach der toten Sandforelle, grub das Gesicht in die klebrige Masse, schlürfte mehr von der Flüssigkeit und begann zu lachen. Als sein Blick Barri traf, lief er auf den Jungen zu und rief: » Ich lebe! Ich kann die Zukunft und die Vergangenheit sehen! Aber was ist was?«
Jesse stieß English zurück und stellte sich zwischen den Rasenden und seinen Sohn. »Halt dich zurück, Barri. William ...«
»Ich kann durch die Dünen sehen, unter ihnen hindurchtauchen, mich tiefer graben. Muss das Gewürz beschützen, die Sporen ...«
Er packte Jesse an der Brust und beugte sich dicht an ihn heran. Blut rann ihm aus dem Zahnfleisch und befleckte seine Zähne. »Zu viel Gewürz ... aber nie genug Gewürz. Müssen das Gewürz beschützen! Die Sandwürmer. Ich bin ein Sandwurm!«
Blutergüsse erblühten auf den Augäpfeln des Vernarbten. Nach wenigen Sekunden weinte English Blut. Noch immer wie wahnsinnig berührte er seine Augen und schaute auf seine scharlachrot gefleckten Fingerspitzen. »Das Gewürz! Das Gewürz! Wir sitzen alle in der Falle. Wir werden ihm niemals entkommen!«
»Vater, was ist los mit ihm?«, schrie Barri. »Wir müssen ihm helfen!«
»Wir können ihm nicht helfen«, sagte Jesse. »Er hat zu viel Gewürz genommen. Eine Überdosis.«
English stürmte in das Feld dampfender Ausgasungen. »Findet das Gewürz! Werdet eins mit dem Gewürz, werdet eins mit den Sandwürmern!« Schreiend rannte er kopfüber weiter, bis plötzlich der Boden unter ihm nachgab. Die wirbelnde Öffnung eines Sandstrudels.
»William!« Jesse lief los, doch dann hielt er inne, als ihm klar wurde, wie gefährlich der trügerische Boden war. »William!«
Während der Sand wirbelte und ihn nach unten zog, schrie English lachend und heulte vor Begeisterung. Es sah aus, als wollte er unter den Wüstensand gezogen werden – und der Sandstrudel war ihm bereitwillig zu Diensten.
Barri wollte zu dem Erntevorarbeiter laufen, doch Jesse hielt ihn fest. Englishs erhobene, schleimglänzende Hand verschwand und hinterließ nicht mehr als eine winzige Unregelmäßigkeit in der obersten Staubschicht.
»Er ist für immer fort«, sagte Barri.
Jesse sank neben seinem Sohn auf die Knie. »Jetzt sind nur noch wir beide übrig.«
Nach einer ganzen Weile straffte Barri die Schultern und ergriff die Hand seines Vaters. Seine Stimme war sehr leise. »Nur wir beide.«
14
Er ist eins mit dem Sand.
Begräbnisformel von der Dünenwelt
Obwohl sie sich weigerte aufzugeben, hatte Dorothy eigene Berechnungen angestellt, geschätzt, wie viele Vorräte sich wahrscheinlich an Bord des Ornijets befunden hatten, und daraus abgeleitet, wie lange die Passagiere höchstens überleben konnten. Ein Suchtrupp nach dem anderen kehrte mit leeren Händen zurück. In einer Wüste von der Größe eines Planeten war ein menschliches Wesen nicht mehr als ein Sandkorn. Wie ein gieriges Raubtier hatte die endlose Einöde Jesse, Barri und English verschluckt.
In den Strafarbeiterkasernen von Carthage und in den Teilen der Stadt, wo die Freien wohnten, hatte Gurney Halleck sich bemüht, die Menschen zu ermutigen und die Moral aufrechtzuerhalten. Sie bewunderte seine Anstrengungen, seine inspirierenden Lieder, aber in letzter Zeit nahmen die ständig wiederholten Gesänge in ihren Ohren einen tragischen Klang an.
Allmählich begannen die freien Sandarbeiter, die man von ihrer Arbeit fernhielt, damit sie die hoffnungslose Suche fortsetzten, über entgangene Prämien zu murren.
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