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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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KriegersTon hatte sich jäh verändert. Er klang jetzt kalt und sachlich, das aber auf eine unangenehme, fast schon bedrohliche Art. Aus dem ohnehin nicht harmlosen Gespräch war plötzlich ein Verhör geworden.
    »Ist das ein Verhör?« fragte Jan.
    »Nein. Aber ich kann eins daraus machen, wenn Sie es wünschen. Es bereitet mir keine Probleme, Sie mit aufs Revier zu nehmen.«
    »Gestern«, sagte Katrin rasch. »Wir haben Mertens gestern gesehen, am Nachmittag.«
    »Seine Sekretärin sagte mir, daß er zu Ihnen wollte«, sagte Krieger. »Hat er gesagt, was er anschließend vorhatte?«
    »Nein«, sagte Jan. »Zum Teufel, was soll das? Warum fragen Sie Mertens nicht selbst?«
    »Das dürfte leider ein bißchen schwierig sein«, antwortete Krieger. »Er ist tot.«
    »Tot?« Jan riß erschrocken die Augen auf.
    »Aber … aber wieso?« fragte Katrin. »Ich meine: Was … was ist passiert? Hatte er einen Unfall?«
    »Das wissen wir noch nicht genau«, antwortete Krieger. Sein Blick glitt aufmerksam und taxierend zwischen ihren Gesichtern hin und her. »Aber es sieht nicht nach einem Unfall aus. Es sei denn, er wäre unter einen Mähdrescher geraten. Aber gestern abend wurde kein solches Fahrzeug am Hafen gesehen.«
    »Gestern abend?«
    »So wie es bis jetzt aussieht, sind Sie beide die letzten, die Dr. Mertens lebend gesehen haben«, bestätigte Krieger. »Was wollte er hier?«
    »Aber … aber wieso tot?« murmelte Katrin. »Er war doch noch gestern gesund und munter. Er kann doch nicht … Er war doch Arzt!«
    »Auch Ärzte sind nicht unsterblich«, antwortete Krieger.»Und schon gar nicht, wenn sie irgend jemand oder etwas regelrecht in Stücke reißt. Also – was wollte er hier?«
    Katrin wollte antworten, aber Jan kam ihr zuvor. »Nichts Besonderes«, sagte er rasch.
    »Er kommt extra von Köln hierher, ohne Grund?«
    »Mein Hausarzt hatte ihn angerufen«, log Jan. »Er brauchte wohl irgendwelche Unterlagen.«
    »Und weil er gerade in der Gegend war, hat er sie gleich selbst vorbeigebracht, ich verstehe.« Krieger nickte. »Die Personalknappheit ist wirklich schlimm. Hat er die Unterlagen hier gelassen oder sie gleich selbst zu Ihrem Hausarzt gebracht? Ich nehme doch an, Ihr Arzt kann diese Angaben bestätigen.«
    Jan fuhr auf: »Zum Teufel noch mal, was soll das? Verdächtigen Sie uns vielleicht, irgend etwas mit Mertens’ Tod zu tun zu haben?«
    »Ich verdächtige niemanden, Herr Feller«, antwortete Krieger ungerührt. »Ich stelle nur Fragen. Und wenn ich Antworten bekomme, die nicht der Wahrheit entsprechen, dann stelle ich mir die Frage, warum das so ist.« Er ließ sich auf einen der zerschlissenen Sessel sinken und betrachtete zwei oder drei Sekunden lang scheinbar interessiert die Risse in dem groben Baumwollbezug. Dann fuhr er fort: »Warum ist das so, Herr Feller?«
    »Ich lüge nicht«, log Jan.
    »Auf jeden Fall verschweigen Sie mir etwas«, sagte Krieger. Er seufzte. »Ist Ihnen klar, daß Sie sich verdächtig machen? Und es ist vollkommen sinnlos. Vielleicht weiß ich ja schon, warum Mertens hier war.«
    »Warum fragen Sie dann?«
    Krieger holte sichtbar Luft, um seine nächste Frage in radikal verändertem Ton hervorzubringen, aber Katrin kam ihm zuvor.
    »Es ist schon gut«, sagte sie. »Bitte entschuldigen Sie, Herr Krieger. Wir sind beide … etwas durcheinander. Vielleicht können Sie das verstehen?«
    »Das kann ich«, sagte Krieger. »Also – was wollte der Doktor von Ihnen?«
    »Er hat eine Menge komischer Fragen gestellt«, antwortete Katrin. »Ich habe nicht viel davon verstanden, aber es ging wohl …« Sie suchte nach Worten und rettete sich schließlich in ein Achselzucken.
    »Es hing mit irgendwelchen ungeklärten Todesfällen zusammen«, sagte Jan. »Ein halbes Dutzend Leute sind gestorben – an den gleichen Symptomen, die ich auch hatte. Nur habe ich es überlebt. Wie Mertens auf die Idee gekommen ist, daß ausgerechnet ich ihm helfen kann, ist mir rätselhaft.«
    »Und jetzt ist er auch tot«, sagte Krieger.
    »Was soll das heißen?«
    »Nichts«, versicherte Krieger mit einem kühlen Lächeln. »Ich zähle nur Fakten auf.«
    Jan war einfach zu erschöpft, um sich weiter auf dieses alberne Katz-und-Maus-Spiel einzulassen. »Warum sagen Sie nicht einfach, was Sie von mir wollen, Herr Krieger?« fragte er. »Verdächtigen Sie mich, irgend etwas mit Mertens’ Tod zu tun zu haben?«
    »Ich bin nicht sicher«, antwortete Krieger. »Aber ich weiß, daß Sie mir etwas verheimlichen.

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