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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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anderes, Düsteres. Selbst ihre Stimme klang leer.
    Ich werde alles zerstören, was dir etwas bedeutet.
    »Es tut mir so leid«, murmelte er. »Ich hoffe, du … du kannst mir verzeihen.«
    Im ersten Moment war er nicht einmal sicher, ob Katrin seine Worte überhaupt gehört hatte. Aber dann wandte Katrin langsam den Kopf und sah ihn mit einem Ausdruck völliger Verständnislosigkeit an. »Dir? Aber was denn?«
    »Vera«, murmelte Jan. »Ich habe sie mitgebracht. Hätte ich sie nicht angeschleppt, dann wäre das alles hier nicht passiert.«
    »Und hätte ich nicht darauf bestanden, daß sie bleibt, auch nicht.« Katrin schüttelte den Kopf, und irgendwie schien mit dieser Bewegung das Leben wieder in ihre Augen zurückzukehren, wenigstens zum Teil. »Dieses kleine Biest hat uns beide reingelegt.« Sie ballte zornig die Faust. »Ich hoffe nur, die Polizei erwischt sie.«
    »Krieger ist ein tüchtiger Mann«, sagte Jan. »Sie wird ihm nicht entwischen.«
    »Ich dachte, du kannst ihn nicht leiden.«
    »Kann ich auch nicht«, sagte Jan. »Aber das bedeutet doch nicht, daß ich ihn für einen Dummkopf halten muß, oder? Im Gegenteil. Ich hoffe, daß er ein guter Mann ist. Sonst kommt er am Ende wirklich noch auf die Idee, daß ich etwas mit dieser verrückten Geschichte zu tun habe.«
    Katrin schwieg eine Weile. Dann fragte sie ganz leise: »Hast du denn?«
    »Was?«
    »Etwas damit zu tun«, antwortete Katrin, ohne ihn anzusehen. »Mit dieser ganzen verrückten Geschichte.«
    Jan war nicht sicher, ob ihm der Ton, der plötzlich in Katrins Stimme war, gefiel. Aber er war nicht einmal zornig. Statt dessen fragte er sich – nicht zum erstenmal –, warum er Katrin nicht endlich die ganze Geschichte erzählte. Und – ebenfalls nicht zum erstenmal – er beantwortete seine Frage auch gleich selbst: Weil sie ihn dann endgültig für übergeschnappt halten würde. Er hatte ja schon selbst angefangen, an seinem Geisteszustand zu zweifeln.
    Sehr ruhig fragte er: »Weißt du eigentlich, was du da sagst?«
    »Ja«, antwortete Katrin, schüttelte den Kopf und sagte: »Nein.« Dann hob sie in einer Geste vollkommener Hilflosigkeit die Schultern.
    »Ich verstehe das alles nicht«, murmelte sie, ohne ihn anzusehen. »Es ergibt einfach keinen Sinn! Ich meine: Vera hat hier gelebt! Sie kannte unsere Wohnung so gut wie ich. Und ich habe … ich war ziemlich offen zu ihr. Sie weiß, daß wir nicht vermögend sind, zum Teufel noch mal! Sie weiß ganz genau, daß bei uns nichts zu haben ist!«
    »Vielleicht sind ihre und unsere Auffassungen von ›nichts zu haben‹ nicht unbedingt dieselben«, sagte Jan. Er wußte selbst, daß er Unsinn redete. Selbst wenn Vera und ihre Komplizen bescheidene Verbrecher waren, machte es keinen Sinn, das Wenige, was sie besaßen, kurz und klein zu schlagen. Selbst wenn sie nur das Allernötigste ersetzten, waren sie hinterher vollkommen blank.
    »Und wenn Krieger recht hat?« fragte Katrin plötzlich.
    »Womit?«
    »Mertens. Ich meine: Ich … habe wirklich nicht genau verstanden,was der Doktor gemeint hat. Aber vielleicht … geht hier wirklich etwas Unheimliches vor. Vielleicht hatte er recht, und all diese Leute sind wirklich keines natürlichen Todes gestorben, sondern es war Mord.«
    »Unsinn«, sagte Jan. Er fühlte sich immer unbehaglicher. Katrins Theorie klang abenteuerlich, und sie war es auch – aber sie kam der Wahrheit damit trotzdem näher, als ihm lieb war; wenn auch auf eine vollkommen andere Art, als sie ahnen konnte.
    Katrin schüttelte bestimmt den Kopf. »Es ist das einzige, was überhaupt Sinn ergibt. Irgend jemand bringt Leute um und läßt es nach einem natürlichen Tod aussehen. Denk an deinen Bruder. Peter war kerngesund! Er hatte kein schwaches Herz, so wenig wie du! Mertens ist irgendwie dahintergekommen, und sie haben ihn auch umgebracht.«
    »Weißt du, wie sich das anhört?« fragte Jan.
    »So, als wärst du auch in Lebensgefahr, ja!«
    »Oder, als hättest du Vera ein bißchen zu gut zugehört«, sagte Jan hart. Er hob die Stimme, als sie antworten wollte. »Das ist die gleiche bescheuerte Geschichte, die sie mir in diesem Keller erzählt hat, begreifst du das eigentlich? Nur mit ein paar ganz kleinen Unterschieden.«
    Und wenn es die Wahrheit war, vielleicht nur mit einer anderen Erklärung? Er verscheuchte den Gedanken.
    »Laß uns damit aufhören«, bat er. »Das ist Sache der Polizei. Sie werden sie finden. Jemand wie Vera fällt auf – ganz egal, wo sie sich versteckt.«

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