Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
nicht, daß ich dich an einem solchen Tag allein lasse. Außerdem hat sie mir alles erzählt.«
    »Sie hat – was?«
    »Mir die ganze Geschichte erzählt. Ich kann verstehen, warum ihr mich weggeschickt habt, aber es war ein Fehler. Dieses Monster ist hinter uns beiden her. Unsere Chancen stehen besser, wenn wir zusammenbleiben.« Sie stand auf und kam um das Bett herum. »Jetzt zeig mir deinen Fuß.«
    »Das ist wirklich nicht nötig!« protestierte Jan. »Es ist nur ein Kratzer!«
    »Es ist mehr als ein Kratzer. Es blutet. Du versaust noch den ganzen Teppich!« Katrin fegte seine Worte mit einer ärgerlichen Geste zur Seite und ließ sich vor dem Bett auf die Knie sinken. Etwas … war anders als sonst. Radikal anders. Vielleicht lag es an der Dunkelheit, an einer ganz besonderen Zusammenstellung von Licht und Schatten, vielleicht daran, daß er noch immer nicht vollständig wach und überdies in einer Ausnahmesituation war – aber er hatte sie sich noch niemals so bewegen sehen. Er hatte überhaupt noch nicht gesehen, daß sich ein Mensch auf diese Weise bewegte. Was …?
    Katrin griff nach seinem Fuß, warf einen Blick auf den Schnitt zwischen seinen Zehen und machte ein betroffenes Gesicht. »O Gott, das sieht ja schlimm aus!« sagte sie. »Mein geliebter Schatz! Warte, ich helfe dir.«
    Und dann tat sie etwas, was Jan regelrecht schockierte: Sie legte das Verbandszeug auf den Boden, nahm seinen Fuß in beide Hände und berührte den Schnitt zwischen seinen Zehen sanft mit den Lippen.
    Es war wie ein elektrischer Schlag; ein Kribbeln, das zwischen seinen Zehen begann und sich explosionsartig in seinem ganzen Körper ausbreitete. Jan stöhnte, aber er konnte nicht einmal sagen, ob vor Schrecken oder Erregung.
    »Was … was tust du da?« keuchte er. Er versuchte, seinen Fuß loszureißen, aber Katrin hielt ihn so mühelos fest, als wäreer ein kleines Kind. Sein ganzer Körper schien in Flammen zu stehen. All seine Nerven loderten.
    »Ich kümmere mich um deine Wunden, du tapferer Held. Ist das nicht die Aufgabe einer Frau, wenn ihr Mann aus der Schlacht zurückkehrt?«
    »Aus welcher Schlacht? Ich bin in eine Spiegelscherbe getreten!« Er hatte Mühe zu sprechen. In seinem Kopf ging alles durcheinander. Sein Puls jagte.
    »Dann eben vor der Schlacht.« Katrin hob den Kopf und sah ihn an. Ihre Lippen waren blutig.
    Der Anblick war furchteinflößend, abstoßend und ekelhaft, aber er rührte zugleich auch etwas in ihm an, von dessen Existenz er bisher nichts geahnt hatte.
    »Was … was tust … du da?« stammelte er atemlos. »Hör damit … auf. Bitte!«
    Katrin lachte; ein gurrender, fast unheimlicher Laut, der weniger aus ihrer Kehle als irgendwo tief aus ihrem Körper zu kommen schien, und fuhr sich mit der Zungenspitze über Lippen und Zähne. Beides war rot von seinem Blut. Ihr Blick flackerte. Für einen Moment erschien etwas zugleich Fremdes wie auf schreckliche Weise Vertrautes in ihrem Blick, und in der nächsten Sekunde war sie nicht mehr Katrin, sondern Vera.
    Jan war noch immer unfähig, sich zu bewegen. Er wartete darauf, zu erschrecken, Überraschung, Zorn oder wenigstens Furcht zu empfinden, aber nichts dergleichen geschah. Das einzige, woran er denken konnte, war sie. Er wollte sie haben. Jetzt. Er begann am ganzen Leib zu zittern.
    »Bitte«, murmelte er schwach. »Nicht. Wir … dürfen es nicht.«
    »Wieso?« Vera richtete sich weiter auf. Ohne daß er es gemerkt hatte, hatte sie die Träger ihres ohnehin kaum vorhandenen Negligés gelöst, so daß es in gleichen Maßen an ihr herunterglitt, in dem sie selbst sich aufrichtete. Der Körper, derdarunter zum Vorschein kam, war nicht der eines Menschen, sondern der einer Göttin.
    »Doch nicht wegen Katrin? Sie wird es nie erfahren. Sie wird nicht einmal wissen, daß sie in dieser Nacht nicht neben dir geschlafen hat.« Sie beugte sich weiter vor. Ihre Brüste glitten über seine nackten Schienbeine und die Knie, während ihre Hände und ihre Lippen weiter vorauskrochen. Jan hatte das Gefühl, explodieren zu müssen.
    »Nein«, stöhnte er. »Bitte … nicht.« Ein letzter, verzweifelter Versuch, das Unglück noch abzuwenden. Er wußte, daß er zum Scheitern verurteilt war. »Bitte, Vera. Ich … ich will das nicht.«
    Sein eigener Körper strafte ihn Lügen. Vera lachte leise und schob sich mit einem Geräusch wie fließende Seide weiter an ihm empor.
    »Natürlich willst du es«, flüsterte sie. »Du hast es die ganze Zeit gewollt. Warum

Weitere Kostenlose Bücher