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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die sich um den Mann kümmerten, den er aus dem Wagen gezogen hatte.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    Es war die gleiche Stimme wie gerade, aber jetzt erst erkannte er, daß sie Vera gehörte. Er sah zu ihr hoch. Irgendwann auf dem Weg zwischen der Wohnung und hier hatte sie ihre Sonnenbrille wieder aufgesetzt, und auf ihrer linken Wange befand sich ein kleiner, herzförmiger Rußfleck.
    Jan nickte. Da war irgend etwas im Zusammenhang mit Vera, was ihn alarmierte, was nicht richtig war , aber er konnte sich einfach nicht erinnern, was. Er rappelte sich mühsam hoch – ihm war noch immer ein bißchen schwindelig, so daß er mehr in die Höhe taumelte, aber Vera rührte keinen Finger, um ihm zu helfen –, sie drehte sich um und machte einen unsicheren Schritt auf den Verletzten zu. Man hatte den Mann in die stabile Seitenlage gedreht und seinen Kopf weit in den Nacken gebogen, so daß Jan erstmals sein Gesicht erkennen konnte.
    »Das ist Bertram!« sagte er erschrocken.
    »Ja«, sagte Vera lakonisch. »Autofahren konnte er offensichtlich auch nicht.«
    Es war kein Zufall, daß sie die Vergangenheitsform wählte.
    Bertram war tot.
    Man mußte kein Mediziner sein, um zu erkennen, daß in seinen weit offenstehenden Augen kein Leben mehr war. Dafür entdeckte Jan etwas anderes: Eine Dunkelheit, die von innen aus seinem Schädel herausgebrochen und im Augenblick seines Todes in seinem Blick erstarrt war.
    »Was … ist ihm passiert?«, murmelte er.
    »Keine Ahnung«, sagte Vera achselzuckend. »Vielleicht hat ihm der Airbag das Genick gebrochen. Ich hab’ gehört, daß die Dinger ganz schön gefährlich sind.« Als sie weitersprach, senkte sie hörbar die Stimme.
    »Vielleicht solltest du etwas leiser sprechen. Dem kann sowieso keiner mehr helfen, und du willst doch nicht in was reingezogen werden, oder?«
    Wie es aussah, war er das bereits – wenn auch in völlig anderer Hinsicht, als Vera wohl gemeint hatte: Auf der anderen Straßenseite, dicht hinter dem schrägstehenden Transporter hatte ein weißes Golf Cabriolet angehalten, und noch bevor Jan irgend etwas sagen konnte, stieg Katrin aus dem Wagen und kam mit schnellen Schritten und immer finsterer werdendem Gesicht auf ihn zu.
    Jan seufzte. Das konnte ja heiter werden.
     
    Was ihn letzten Endes rettete, war die Polizei. Vera, Katrin und er waren wieder in die Wohnung hinaufgegangen, und Katrin hatte sich gerade lange genug beherrscht, um die Tür hinter sich ins Schloß zu werfen, bevor sie mit ihrem erwarteten Wolltest-du-dich-umbringen-oder-konntest-du-einfach-der-Versuchung-den-Helden-zu-spielen-nicht-widerstehen -Vortrag begann. Sie war gerade so richtig in Fahrt gekommen, als es an der Tür klingelte. Es war einer der beiden Polizisten. Jans halsbrecherische Rettungsaktion war nicht unbemerkt geblieben, und der Mann war gekommen, um seine Aussage aufzunehmen.
    Jan beantwortete geduldig und beinahe ausführlicher als nötig alle Fragen, beherzigte aber Veras Rat und blieb dabei, den Unfall zufällig vom Fenster aus beobachtet zu haben und den Mann nicht zu kennen. Der junge Beamte machte sich eifrig Notizen, auf seinem Gesicht war nicht zu erkennen, ob er Jans Geschichte glaubte oder nicht.
    Als sie fertig waren, klappte der Beamte sein Notizbuch zu, stand auf und deutete mit einer Kopfbewegung auf Jans rechte Hand. »Das sieht übel aus«, sagte er. »Sie sollten zu einem Arzt gehen.«
    Jan sah auf seine rechte Hand hinab. Vera hatte ihm ein Kleenex gegeben, das er unordentlich um seine Rechte gewickelt hatte. Die Wunde tat zwar kaum weh, aber das Kleenex war mittlerweile vollkommen durchgeblutet.
    »Ich glaube, der Krankenwagen steht noch unten«, fuhr der Polizeibeamte fort, als Jan nicht antwortete. »Vielleicht nimmt er Sie mit ins Krankenhaus.«
    »Gott bewahre«, antwortete Jan. »Das ist nur eine kleine Schramme. Aber ich verspreche Ihnen, mich gleich darum zu kümmern.«
    »Tun Sie das«, riet der Beamte. Er nickte Vera und Katrin zum Abschied freundlich zu und ging. Er hatte kaum die Tür hinter sich zugezogen, als Katrin auch schon Luft holte, um ihren unterbrochenen Vortrag fortzusetzen, aber diesmal kam Vera ihr zuvor.
    »Das war in Ordnung, daß du nichts gesagt hast«, sagte sie.
    »Gesagt?« Katrin blickte irritiert von ihr zu ihm und wieder zurück.
    »Bertram«, antwortete Jan. »Der Verunglückte. Er war vorher bei mir.«
    »Wieso?«
    Jan hob die Schultern und begann mit der freien Hand an dem aufgeweichten Papiertuch in seiner Rechten

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