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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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daß er erschrocken zur Seite stolperte und um ein Haar das Brett fallengelassen hätte.
    »Bist du verrückt geworden?« keuchte er. »Was soll das?«
    »Wir … wir sollten besser auf den Krankenwagen warten«, stammelte Vera.
    »Oder die Feuerwehr«, fügte einer der Zuschauer hinzu. »Paßt bloß auf, was ihr tut. Aus der Karre läuft Benzin.«
    Jan starrte den Mann eine Sekunde lang verständnislos an, aber dann folgte sein Blick seiner ausgestreckten Hand, und er erkannte, daß er recht hatte: Unter der Motorhaube des Audi hatte sich eine flache, ölig schillernde Lache gebildet. Ihrer Größe nach zu urteilen, lief das Benzin schon eine geraume Weile aus. Kein Wunder, daß es außer ihm niemand gewagt hatte, sich dem Wagen zu nähern!
    »Wir müssen den Mann da rausholen«, beharrte er. »Er könnte verletzt sein.«
    »Bist du verrückt?« fragte Vera. »Ein Funke, und die ganze Kiste fliegt in die Luft!«
    »Autos explodieren nicht so einfach«, antwortete Jan. »Das tun Sie nur im Kino.«
    »Auch nicht, wenn sie in einer Benzinpfütze stehen?«
    In Veras Worten lag sehr viel mehr Wahrheit, als Jan zugeben wollte. Trotzdem schüttelte er nach einer weiteren Sekunde den Kopf, schob das Mädchen mit sanfter Gewalt ausdem Weg und trat erneut an die hintere Tür. Um sicher zu gehen, daß auch keine Nägel darin waren, untersuchte er sein Brett noch einmal gründlich. Er konnte sich Lustigeres vorstellen, als damit zuzuschlagen und möglicherweise einen Funken zu verursachen.
    Das Brett war in Ordnung. Jan holte aus und zögerte dann noch einmal. Die Rückbank des Audi war leer, aber für einen Moment glaubte er doch etwas zu sehen.
    Nein. Nicht etwas .
    Jemand.
    Jans Hände begannen zu zittern. Die Sitze waren leer, und trotzdem saß jemand darauf, so bizarr der Gedanke ihm auch selbst vorkam. Er sah nicht wirklich etwas, aber es war, als hätte er gerade etwas gesehen und erinnerte sich jetzt an dieses Bild, obwohl ganz bestimmt niemand da gewesen war.
    Dann sah er wirklich etwas, und darauf hätte er liebend gerne verzichtet: Einen winzigen, grellweißen Funken, den er aus den Augenwinkeln heraus wahrnahm.
    Das erschrockene Aufschreien der Menge und das dumpfe »Wusch«, mit dem die Benzinlache unter dem Wagen Feuer fing, gingen in ein einziges, unheimliches Geräusch über. Jan fluchte lautlos, holte mit dem Brett aus und stieß es mit aller Kraft gegen die Scheibe. Das Ergebnis waren ein dumpfer Schmerz, der bis in seine Schulter hinauf vibrierte und ein heftiges Echo in seinen Rippen hervorrief, und ein knirschendes Geräusch, aber das Glas hielt. Verdammt – Sicherheitsglas!
    Jan biß die Zähne zusammen, holte aus und stieß noch einmal und mit noch größerer Gewalt zu. Diesmal ließ ihn der Schmerz in seinen Rippen wirklich aufstöhnen, aber er hatte Erfolg: Die Scheibe zerbrach. Seltsamerweise fiel der Großteil der Splitter nach außen, statt in den Wagen hinein, aber Jan blieb auch diesmal keine Zeit, über dieses ungewöhnliche Phänomen nachzudenken. Er ließ das Brett fallen, beugte sich vorund angelte innen nach dem Türgriff. Aus dem Funken, den er vorhin aus dem Augenwinkel wahrgenommen hatte, war etwas rot-orangefarbenes Waberndes geworden, und er spürte eine brennende Hitze auf dem Gesicht, die mit jedem Sekundenbruchteil schlimmer wurde.
    Seine tastenden Hände fanden den Griff und zogen daran, aber er schnappte sofort wieder zurück, als er ihn losließ. Manchmal war moderne Sicherheitstechnik eine Pest.
    Das Feuer gewann immer schneller an Kraft. Seit Jan den Funken gesehen hatte, waren kaum mehr als zwei oder drei Sekunden vergangen, aber wahrscheinlich war das schon ein verdammt großer Teil der Zeit, die ihm noch blieb, bevor die ganze Kiste in die Luft flog. Vielleicht stimmte das, was er über explodierende Autos erzählt hatte, doch nicht so ganz. Wenn er auch nur etwas Verstand hatte, dann würde er jetzt machen, daß er wegkam.
    Und den Fahrer des Audis bei lebendigem Leibe verbrennen lassen?
    Jan tastete noch einmal nach dem Griff, langte mit der anderen Hand nach dem äußeren Türgriff und zog mit aller Kraft, und irgend etwas schien von innen gegen die Tür zu prallen und sie regelrecht aufzusprengen. Jan taumelte zurück, fand sein Gleichgewicht wieder und rannte mit schützend vor das Gesicht gerissenen Armen um das Heck des Wagens herum, um die Fahrertür zu erreichen.
    Möglicherweise war es schon zu spät. Die gesamte Motorhaube des Wagens stand bereits in Flammen. Der

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