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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Angst, daß Vera ihr Gespräch mithörte. »Und deshalb hast du sie hinausgeworfen«, vermutete sie.
    »Ich habe sie nicht –«, begann Jan laut und in eindeutig zornigem Ton, riß sich dann zusammen und fuhr nach einer Pause und gezwungen ruhig fort: »Ich habe sie nicht hinausgeworfen. Ich habe dir gesagt, sie war weg, als ich ins Zimmer kam, und das ist die Wahrheit. Verdammt noch mal, warum muß ich mich hier eigentlich verteidigen? Ich verlange doch nichts als das natürlichste Recht der Welt, nämlich bestimmen zu dürfen, wer in meiner Wohnung lebt und wer nicht!«
    »Sie lebt nicht hier«, antwortete Katrin betont. »Sie ist nur ein paar Tage zu Besuch. Bestimmt nicht mehr lange.«
    Ganz bestimmt nicht mehr lange , dachte Jan entschlossen. Er sprach es nicht aus, aber das schien auch nicht nötig zu sein. Katrin kannte ihn gut genug, um in diesem Moment seine Gedanken zu lesen, und er kannte sie hinreichend, um sich jedes weitere Wort zu sparen. Warum auch immer, Katrin hatte sich entschlossen, Veras Partei zu ergreifen, und das vorbehaltlos und jenseits aller Logik, und er würde sie von diesem Entschluß nicht abbringen, wenn er versuchte, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen.
    Vielleicht nur, um das Thema zu wechseln, sagte Katrinplötzlich: »Was wolltest du mir eigentlich vorhin erzählen? Ich meine – es war ja immerhin wichtig genug, um mich zu wecken und mich ein mittleres Festmahl zubereiten zu lassen.«
    Erzähl ihr nichts.
    Veras Stimme erklang so deutlich hinter seiner Stirn, als stünde sie hinter ihm und flüstere ihm die Worte ins Wort. Er hatte sie vorhin im Bad so wenig verstanden wie jetzt – er wußte ja nicht einmal, wovon er ihr nichts erzählen sollte – und doch war es ihm plötzlich unmöglich, Katrins Frage zu beantworten.
    Er starrte sie einfach nur an, und nach ein paar Sekunden und in hörbar ungeduldigerem Ton als das erste Mal wiederholte sie ihre Frage:
    »Was wolltest du mir erzählen? Über gestern abend und dein Auge?«
    Und Jan hörte sich zu seiner eigenen maßlosen Überraschung antworten: »Es ist … nichts. Nicht mehr wichtig.«
    Katrin runzelte die Stirn. »Immerhin war es wichtig genug, um mich mitten in der Nacht aus dem Bett zu werfen.«
    »Ganz so war es nicht«, antwortete Jan.
    »Ich hasse es, wenn du so etwas tust, das weißt du.«
    »Was?«
    »Eine Andeutung machen und sie dann nicht erklären. Du weißt verdammt genau, wovon ich rede.«
    Natürlich wußte er das. Und er wußte auch, daß er Katrin mit so etwas in den Wahnsinn treiben konnte. Hingeworfene Bemerkungen wie diese waren schon der Anlaß zu tagelangen Streitereien gewesen, von denen spätestens nach ein paar Stunden niemand mehr gewußt hatte, worum es überhaupt ging. Jetzt wußte er es, aber er konnte ihre Frage einfach nicht beantworten.
    Erzähl ihr nichts. Aus Veras scheinbar sinnlosen Worten war ein Befehl geworden, dem er sich nicht widersetzen konnte.
    In diesem Moment ging die Tür auf, und Vera kam aus dem Bad. Zum erstenmal, seit er sie mit nach Hause gebracht hatte, war er ehrlich froh, sie zu sehen, denn Katrin schien bei ihrem Anblick schlagartig zu vergessen, was sie ihn überhaupt gefragt hatte, stand halb auf und drehte sich dabei zu ihr herum.
    »Bleib sitzen«, sagte Vera rasch. »Mach dir nicht noch mehr Umstände.«
    »Unsinn!« Katrin führte die Bewegung nach kurzem Zögern zu Ende (seltsam, es kam Jan so vor, als koste es sie enorme Überwindung und als wäre sie nicht ganz sicher, ob das, was sie tat, auch richtig war), trat auf Vera zu und führte sie am Arm zur Couch, als fürchte sie tatsächlich, daß sie nicht aus eigener Kraft in der Lage wäre, zu gehen.
    Veras Lippen verzogen sich zu einem angedeuteten, spöttischen Lächeln, aber sie gehorchte und ließ sich Jan gegenüber auf die Couch sinken.
    Sie trug jetzt einen ausgeleierten Pullover, den Jan das letzte Mal vor zwei oder drei Jahren an Katrin gesehen hatte und in dem selbst Cindy Crawford wie Mutter Courage nach einer verlorenen Schlacht ausgesehen hätte. Sie hatte den rechten Arm in eine Schlinge gelegt, die aus zwei zusammengeknoteten Handtüchern improvisiert war, und nachdem sie sich hingesetzt hatte, nahm sie die Sonnenbrille ab und fuhr sich mit einer müden Bewegung über die Augen.
    »Meinst du nicht, daß wir doch besser einen Arzt rufen sollen?«, erkundigte sich Katrin besorgt. »Oder gleich ins Krankenhaus. Jan … ich fahre dich gerne hin.«
    Dieser ganz und gar nicht harmlose und vielleicht

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