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Dunkel ist die Sonne

Dunkel ist die Sonne

Titel: Dunkel ist die Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip José Farmer
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seinen mit nur zwei Fingern fest, damit sie die Reaktion genau mitverfolgen konnten. Mit der anderen Hand berührten sie jeweils die Lippen des anderen. Deyv verspürte ein Prickeln in Lippen und Fingern, und er sah, wie sich winzige grüne Fädchen in der Mitte seines Eies bildeten. In Vanas Ei entstanden Fäden des gleichen Durchmessers und in der gleichen Anordnung, aber bei ihr waren sie rot.
    Die Fäden, die sich immer weiter ausdehnten, begannen sich zu krümmen. Sie wanden sich auch um andere Fäden. Deyv verspürte eine große Freude. Es war offensichtlich, daß sie bald völlig miteinander harmonieren würden – oder jedenfalls so weit, wie das bei den Steinen möglich war.
    Sie mußten die Probe jedoch zu Ende bringen. Manchmal, wenn auch selten, erreichten die Fäden nur ein bestimmtes Stadium. Dann war es Sache der Schamanen und Großmütter zu entscheiden, ob die Verbindung für eine Ehe ausreichte.
    Jetzt bildeten die Fäden ein Muster, das in Deyvs Sprache Shvashavetl genannt wurde. Das war der Name eines vierflügeligen, mit dem Schmetterling verwandten Insekts. Von oben gesehen sah dieses Insekt den Mustern der Harmonie sehr ähnlich, und zwar einem langen, schlanken, geraden Körper mit zwei ovalen Flügeln auf jeder Seite und zwei nach außen gebogenen Fühlern am Kopf.
    Aber die Steine waren immer noch nicht fertig.
    Deyv und Vana warteten; die Finger zitterten ihnen, aber sie berührten sich immer noch.
    Plötzlich und überraschend, obgleich damit zu rechnen gewesen war, verwandelte sich das Prickeln in ein Brennen. Und die Muster in den Steinen schienen förmlich zu explodieren, schienen rote und grüne, kaulquappenähnliche Wesen zu werden, die wild in alle Richtungen schossen.
    Beide nahmen ihr Ei hastig wieder an sich und zogen ihre Finger zurück. Winzige Blitze sprühten an Fingern und Lippen. Die Figuren, die sich in den Eiern so rasch hin und her bewegt hatten, leuchteten hell auf und waren verschwunden. Die Eier nahmen wieder das gewöhnliche Grün beziehungsweise Rot an.
    Weinend, aber lächelnd beugten sich die beiden vor und umarmten sich.
    Auf dem Wege ins Lager meinte Vana träumerisch: „Deyv, was hättest du getan, wenn wir nicht harmoniert hätten?“
    Er drückte sie an sich.
    „Vielleicht hätte ich mein Ei weggeworfen. Nein, das hätte ich, glaube ich, nicht getan. Ich brauche meines, um von meinem Stamm akzeptiert zu werden. Um die Wahrheit zu sagen, ich weiß es nicht. Ich bin auch froh, daß ich es nicht weiß. Aber was hättest denn du getan?“
    „Dasselbe, nehme ich an. Was immer das gewesen wäre.“
    Sie gingen noch ein paar Schritte weiter. Da blieb sie plötzlich stehen; sie wirkte ganz aufgeregt.
    „Mir ist eben etwas ganz Schreckliches eingefallen! Was wäre, wenn die Shemibob es so eingerichtet hätte, daß die Eier immer harmonieren, ganz gleich, was für einen Charakter man hat? Dann hätte sie uns schön reingelegt!“
    „Du bist genauso schlimm wie Sloosh“, erwiderte er. „Warum hätte sie so etwas tun sollen?“
    „Um zu verhindern, daß wir für immer ausgestoßen wären. Allerdings, warum hätte sie sich die ganze Mühe machen sollen? Sie scheint uns zu mögen, so wie wir Jum und Aejip mögen, wenn auch natürlich nicht so sehr. Vielleicht hat sie es also aus Zuneigung getan. Oder vielleicht aus irgendeiner komischen Laune heraus.“
    „Wir wissen es eben nicht genau.“
    Sie nahmen allen Mut zusammen und fragten sie selbst.
    Sie lächelte eine Weile und brach dann in ihr lautes, züngelndes Gelächter aus. Als sie wieder zu sich gekommen war, sagte sie: „Ihr beide seid noch mißtrauischer als der Yawtl! Ich möchte euch doch mal fragen, was denn der Unterschied wäre, wenn ich euch wirklich Eier gegeben hätte, die grundsätzlich übereinstimmen, selbst wenn ihr nicht vollkommen seelenverwandt wärt? Dann wären eure Stämme getäuscht, und ihr selber auch, und was wäre wohl schlimm daran? Es könnte sogar sein, daß die Eier selbst zur Grundlage eures Harmonierens würden, gerade weil ihr glaubt, daß sie sich nicht irren können.“
    Vana wurde jetzt wütend, viel wütender, als sie hatte zeigen wollen, aber noch weit weniger, als sie hatte werden wollen.
    „Also los, was ist die Wahrheit?“
    „Das werdet ihr nie erfahren!“
    Die Shemibob brach abermals in Gelächter aus. Sloosh, der ganz in der Nähe gestanden hatte, summte etwas, was bei ihm der höchsten Belustigung entsprach. Deyv und Vana, wütend darüber, daß sie sich wie

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