Dunkel ist die Sonne
Zeit war zu ruhen, hob das Tharakorm langsam ab. Der Aufstieg geschah so sacht, daß sie ihn bei geschlossenen Augen gar nicht bemerkt hätten, wenn die Stützpfeiler nicht mit einem leisen Geräusch in den Schlamm gesu n ken wären. Die unmittelbare Umgebung wich unter ihnen zurück.
Deyv hatte Angst. Er hatte das Gefühl, in einer unwir k lichen Situation zu sein, in einer Situation, die er nie zuvor erlebt hatte und die eigentlich nie hätte eintreten sollen. Aber nun war er einmal hier. Die Vögel und ihre Insel begannen zu schrumpfen, und schon waren sie über dem See, und die Insel lag erst unter und dann hinter ihnen.
Eines von mehreren Dingen, die ihm seltsam vork a men, war die Tatsache, daß er den Wind nicht spürte.
„Das kommt daher, weil wir die gleiche Geschwindi g keit wie der Wind haben“, erklärte Sloosh.
Er spazierte auf dem Deck herum, so daß Deyv zu der Überzeugung gelangte, daß er aufstehen konnte. Offe n sichtlich würde das Deck nicht kippen, wenn er sich auf die andere Seite hinüberbegab.
Den Tieren schien das alles überhaupt nichts ausz u machen. Deyv schämte sich ein wenig seines Gefühls, das etwas von Panik an sich hatte. Vanas Blässe und ihre gepreßte Stimme deuteten jedoch an, daß sie seine Rea k tion teilte.
„Bald kommt das Schwierigste“, sagte Sloosh.
Er schätzte, daß sie ungefähr tausendfünfhundert M e ter hoch waren. Dreihundert Meter vor ihnen befand sich der Paß. Deyv bekam einen Schrecken, weil es ganz so aussah, als ob das Tharakorm sehr nahe an den Berg h e rankommen würde.
„Darüber würde ich mir gar keine Gedanken machen“, sagte der Archkerri. „Die beiden, die wir aufsteigen sahen, sind auch ganz nahe an dem Gebirgsvorsprung vorbeig e segelt. Das hat sicher seinen Grund, und dieser Grund ist es, worüber wir uns Gedanken machen sollten.“
Die Bäume am Rande des Vorsprungs wimmelten von Khratikl. Ihr Gequieke und Geschnatter erreichte Deyv, noch bevor er sie sah. Als das Tharakorm dann näher herantrieb, sah er die bräunlichen Gestalten auch, wie sie sich am Rande drängten. Jetzt verstand er, was Sloosh gemeint hatte. Die gefährlichen Tiere warteten darauf, daß das Tharakorm an ihnen vorbeikäme. Es würde ein Wettrennen stattfinden, und diejenigen, die als erste a n kamen, würden seine Besatzung darstellen. Wenn man sie so nennen konnte, denn mit dem Segeln selbst hatten sie nichts zu tun. Sie lieferten nur den Stoff für die Ga s erzeugung. Das aber war ein lebenswichtiger Dienst. Als Gegenleistung gewährte das Schiffstier der Besatzung eine ausgezeichnete Gelegenheit, sich zu ernähren, von oben mögliche Opfer zu beobachten und sich auf sie zu stürzen. Ihr Weidegebiet wandelte sich dauernd, und auf diese Weise konnten sie es nie ganz erschöpfen.
„Die Abdrücke des Yawtl gehen so weit, wie ich s e hen kann“, bemerkte der Archkerri. „Offensichtlich hat er es bis an diese Stelle geschafft, und er hatte niema n den, der ihm hätte helfen können. Nun gehen die Spuren der Khratikl allerdings auch so weit, wie ich sehe. Es wäre also möglich, daß sie ihn überwältigt haben. Nun, wir werden sehen, was wir tun können.“
Bevor das Tharakorm den nähergelegenen Rand des Vorsprungs erreicht hatte, ließ sich ein ganzer Haufen Khratikl von den äußersten Spitzen der Zweige fallen. Mit schlagenden Flügeln stürzten sie dem See entgegen. Kurz darauf, lange bevor sie sich dem Wasserspiegel n ä herten, fingen sich ihre Flügel endlich in der Luft. Dann stiegen sie wieder auf, ihrem vorgesehenen Liegeplatz entgegen.
Deyv zählte ungefähr fünfzig.
Sie kamen in einem dichten Geschwader von vorn und von unten geflogen und waren im Nu bei ihrem mutma ß lichen Wirt. Statt sofort anzugreifen, wie er es eigentlich erwartet hätte, formierten sie sich zu einem ein Meter zwanzig tiefen Ring. Unablässig flogen sie um das Schiff herum, wobei sie im Laufe der Zeit immer näher hera n kamen. Dann konnte er die Rattengesichter sehen, die feuchten, stumpfgelben Schneidezähne, die mensche n ähnlichen Hände, die ledernen Flügel und die gelben A u gen. Ihre Schreie drangen an sein Ohr, und nach einer Weile glaubte er, Intonationen und Rhythmen zu ve r nehmen, die Ähnlichkeit mit denen der menschlichen Sprache hatten.
Aber ob sie nun wirklich eine Sprache benutzten oder ob sie sich eines Zeichensystems bedienten, auf jeden Fall klangen sie weder zornig noch feindselig. Mehr als alles andere schienen sie verwirrt.
Das Fahrzeug zog an
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