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Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Historikerinnengewand unter dem Totenkleid verborgen und sah aus wie irgendeine anonyme Sargträgerin.
    Sie wollte nicht, daß Gaborn erfuhr, wer sie war. Die Vorstellung, in seinen Augen häßlich zu sein, war für sie unerträglich. Aber noch eine zweite Befürchtung machte ihr das Herz schwer, denn es gab einen noch viel zwingenderen Grund, ihre Identität geheimzuhalten: Gaborn könnte sich gezwungen sehen, sie zu töten. Schließlich war sie die Übereignerin eines feindlichen Königs.
    Iome sprach mit gesenkter, verängstigter Stimme, in der Hoffnung, sich auf diese Weise verstellen zu können. »Wißt Ihr nicht mal, wessen Leiche Ihr hier tragt? Die Königin ist tot.
    Aber der König lebt. Er hat Raj Ahten seine Geisteskraft überlassen.«
    Gaborn packte Iomes Arm. »Und die Prinzessin?«
    »Es geht ihr gut. Man hat sie vor die Wahl gestellt, entweder zu sterben oder weiterzuleben und ihrem Volk als Statthalterin zu dienen. Man hat sie ebenfalls gezwungen, eine Gabe abzutreten.«
    »Welche Gabe?« fragte Gaborn. Er hielt den Atem an, das Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben und schlug auf seine Stimme über.
    Iome erwog, die Wahrheit zu sagen und ihre Identität preiszugeben, konnte es aber nicht übers Herz bringen. »Sie hat ihre Sehkraft abgetreten.«
    Gaborn verstummte. Unvermittelt hob er die Bahre wieder an, gab das Zeichen zum Ende der Pause und machte sich erneut zwischen den Gräbern hindurch auf den Weg. Iome führte ihn und die Bahrenträger zum Grabmal ihrer Eltern, das von klassischer Bauart war. Neun Marmortürme erhoben sich über dem winzigen Palast, draußen vor seiner Tür standen Statuen von König Sylvarresta und seiner Frau Standbilder, die kurz nach ihrer Hochzeit vor achtzehn Jahren aus weißem Marmor gehauen worden waren. Iome gab den Bahrenträgern ein Zeichen, auch Cleas in das Grabmal zu tragen. Sie war eine treue Gardistin gewesen, daher war es nur gerecht, daß sie neben ihrer Königin bestattet wurde.
    Iome roch den Tod und Rosen, als sie das schattige Grabmal betraten. Dutzende von Skeletten treuer Gefolgsleute lagen im Grabmal, die Knochen grau und schimmelig. Vergangene Nacht jedoch hatte jemand leuchtendrote Rosenblüten auf dem Fußboden des Grabmals verstreut, um den Geruch erträglicher zu machen.
    Gaborn trug Königin Sylvarresta zu ihrem Sarkophag im Sanktuarium, dem hintersten Teil der Gruft. Es war ein roter Sandsteinkasten, in dessen Deckel man ihr Bildnis und ihren Namen gemeißelt hatte. Die Decke über dem Sanktuarium war eine Platte aus Marmor, so dünn, daß das Licht sich darin brach und auf den Sarkophag darunter fiel.
    In dieser hinteren Ecke strömte durch winzige Schlitze Luft ins Grabmal, so daß der Geruch des Todes nicht bis hierhin gelangte.
    Es kostete Gaborn und zwei Bäcker größte Mühe, den Deckel des Sarkophags zurückzuschieben und den leeren Sarg freizulegen. Dann legten sie die Königin an ihren Platz und wollten gerade den Deckel auf den Kasten schieben, als Iome sie bat innezuhalten, damit sie eine Weile hineinschauen konnte.
    Die Träger brachten Cleas zu einem steinernen Wandfach, schoben die Gebeine irgendeines königlichen Gardisten aus einem längst vergangenen Jahrzehnt nach hinten und legte Cleas an deren Platz.
    Sie hatten weder Cleas’ Rüstung noch ihre Waffen dabei, also entwendete ein Bäcker einem Skelett ganz in der Nähe einen Kriegshammer, drückte ihn auf Cleas’ Brust und faltete ihre Hände um den Griff.
    Gaborn stand eine Minute im trüben Licht und betrachtete die schimmeligen Toten, von denen viele noch in Rüstungen steckten und Waffen auf der Brust hielten. Der Raum war zwar nur klein – gerade vierzig Fuß lang und zwanzig breit –, trotzdem hatte man fünf Reihen Steinfächer in die Wände geschlagen. Manche lagen hier seit über zwanzig Jahren begraben. Überall lagen Finger und Zehenknochen verstreut auf dem Boden, die Ratten dorthin verschleppt hatten.
    Gaborn zog ein Gesicht, als wollte er eine Frage stellen. »Ihr könnt hier offen sprechen«, erklärte Iome, noch immer neben dem Sarg ihrer Mutter kniend. »Die Träger sind entweder stumm oder taub und auf die Familie Sylvarresta eingeschworen. Niemand hier wird Euch verraten.«
    »Ihr beerdigt Eure Toten im Haus Sylvarresta zusammen mit ihren Waffen?« fragte Gaborn überrascht.
    Iome nickte.
    Er schien entzückt, sah aus, als wollte er einen Leichnam berauben. »In Mystarria vermachen wir die hervorragenden Waffen und Rüstungen den Lebenden, damit

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