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Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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wußte, daß sie häßlich war, daß jedes bißchen Schönheit von ihr abgefallen war. Ihre gelben Augen, ihre faltige Haut waren abstoßend genug. Doch ihr Gesicht war nichts verglichen mit dem Grauen, das sie in ihrem Innern spürte, diesem heimtückischen Selbsthaß.
    Ganz sicher lehnte er sie ab. Bestimmt würde er sich von ihr abwenden. Statt dessen kam er herum, um sie genauer betrachten zu können.
    Hatte Gaborn sie wiedererkannt? Er schaute sie schweigend an, versuchte die Züge jener Frau wiederzufinden, die er gestern noch gesehen hatte. Er hatte aber nicht die Absicht, sie in Verlegenheit zu bringen, indem er die Tatsachen offen aussprach. Iome ertrug den Blick nicht und hob eine Hand, hinter der sie sich vor diesen Augen verbarg.
    »Versteckt Euch nicht vor mir, Prenta Vass«, sagte Gaborn voller Mitgefühl, griff nach ihrer Hand und zog sie herunter.
    Er hatte ihren Namen zögernd ausgesprochen Er wußte, wer sie war. »Ihr seid wunderschön, selbst jetzt. Gibt es eine Möglichkeit, wie ich Euch helfen kann?«
    Iomes Days trat hinter Gaborn nervös von einem Fuß auf den anderen, und die Bäcker verließen so plötzlich die Gruft, als sei ihnen soeben eingefallen, daß sie woanders etwas Wichtiges zu erledigen hatten. Iome wollte in Tränen ausbrechen, sich ihm in die Arme werfen. Sie stand nur da und zitterte. »Nein. Keine.«
    Gaborn schluckte hart. »Könnt Ihr der Prinzessin noch eine Nachricht von mir überbringen?«
    »Was denn?«
    »Sagt Ihr… daß sie mich bis in meine Träume verfolgt. Daß ihre Schönheit in meiner Erinnerung unauslöschlich ist. Sagt ihr, ich hätte gehofft, sie zu retten, hätte gehofft, ihr irgendwie ein wenig helfen zu können – und vielleicht habe ich sogar ein wenig Gutes angerichtet – ich habe eine mächtige Flammenweberin getötet. Mein Vater ist hergekommen, weil ich hier bin – wenn auch vielleicht ein wenig spät. Sagt Ihr, ich sei die Nacht über in Burg Sylvarresta geblieben, müsse jetzt aber fort. Die Soldaten meines Vaters suchen in den Wäldern nach mir. Ich traue mich nicht, noch länger hierzubleiben. Ich werde versuchen, die Wälder zu erreichen, bevor mein Vater die Stadt angreift.«
    Iome nickte.
    »Werdet Ihr mich begleiten?« fragte Gaborn. Er starrte sie an, und nun wußte sie ohne jeden Zweifel, daß er sie wiedererkannt hatte. Nicht Verachtung war es, die in seinen Augen abzulesen war, sondern Schmerz, und soviel Zärtlichkeit, daß sie sich danach sehnte, ihm in die Arme zu fallen. Sie wagte nicht, sich zu bewegen.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Begleiten? Und meinen Vater zurücklassen? Nein.«
    »Raj Ahten wird ihm nichts tun.«
    »Sicherlich«, antwortete Iome. »Ich – weiß nicht, was ich denken soll. Raj Ahten ist nicht durch und durch böse, nicht, wie ich befürchtet hatte. Binnesman erhofft sich ein wenig Gutes von ihm.«
    »›Wenn man dem vollkommen Bösen ins Gesicht sieht, erscheint es einem wunderschön‹«, zitierte Gaborn ein altes Sprichwort der Runenlords.
    »Er sagt, er will die Greifer bekämpfen, die Menschheit zu unserem Schutz vereinen.«
    »Und wenn der Krieg gewonnen ist, kann der Wolflord Euch dann Eure Gaben zurückgeben? Wird er sein eigenes Leben opfern, damit alle, die ihrer Gaben beraubt wurden, sie zurückerhalten, wie der Gute König Herron es getan hat? Ich glaube kaum. Er wird sie behalten.«
    »Das könnt Ihr nicht wissen«, entgegnete Iome.
    »Doch«, beharrte Gaborn. »Raj Ahten hat sein wahres Wesen entlarvt. Er hat weder vor Euch noch vor sonst jemand Respekt. Er wird Euch alles nehmen, was Ihr habt, nichts wird er Euch lassen.«
    »Wie könnt Ihr da so gewiß sein? Binnesman schien zu wollen, daß er sich ändert. Er hat gehofft, den Wolflord überzeugen zu können, sich von den Flammenwebern zu befreien.«
    »Glaubt Ihr, er werde das tun? Ihr bringt es fertig, hier zu stehen, am Grab Eurer lieben Mutter, und zu glauben, Raj Ahten besäße auch nur einen Funken Anstand?«
    »Wenn er spricht, wenn man in sein Gesicht sieht…«
    »Iome«, sagte Gaborn, »wie könnt Ihr an Raj Ahtens Bosheit zweifeln? Was habt Ihr, daß er Euch noch nicht wegzunehmen versucht hat? Euren Körper? Eure Familie? Euer Zuhause?
    Eure Freiheit? Euren Besitz? Eure Stellung? Euer Land? Er hat Euer Leben zerstört und hätte Euch totschlagen können, denn er will Euch alles nehmen, was Ihr besitzt und was Ihr Euch je erhofft habt. Was muß er Euch noch antun, damit Ihr wißt, daß er böse ist? Was noch?«
    Iome fand

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