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Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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verfolgen. Einer meiner Weitseher hat den Mann gestern kurz nach der Dämmerung gesehen. Er saß auf einem Dach in der Stadt, und wir fürchteten, er würde die Gardisten in der Burg des Geweihten zählen. Bereits da haben wir versucht, ihn zu fassen, haben ihn dann aber auf dem Markt verloren. Und nun taucht er heute wieder auf. Das ist kein Zufall. Derrow meinte, der Mann habe sich die ganze Nacht über in keiner Herberge aufgehalten. Statt dessen ist er Dreys von draußen vor den Toren gefolgt, indem er über die äußere Mauer geklettert ist.
    Er hat Dreys getötet, weil er das hier suchte…« Sylvarresta zog ein schmales, in hellbraunes Schafsleder gebundenes Buch hervor. »Es ist ein Buch, und zwar ein sehr seltsames Buch.«
    Hollicks runzelte die Stirn. Das war ihm neu. Schlimm genug, daß er mit ansehen mußte, wie man den Händler der Spionage beschuldigte. Er wollte nicht noch erleben müssen, wie man Beweise gegen diesen Mann zusammentrug.
    »Aha«, meinte Hollicks, »das ist Euer Beweis? Betrunkene neigen zu seltsamem Verhalten, wie Ihr wißt. Mein Stallmeister Wallis klettert jedesmal auf unsere Apfelbäume, wenn ihn der Schnaps im Griff hat. Daß Dreys ein Buch bei sich trug, beweist gar nichts.«
    Lord Sylvarresta schüttelte betrübt den Kopf. »Nein, das Buch enthält ein an mich adressiertes Schreiben des Emirs von Tuulistan. Er ist blind, müßt Ihr wissen. Seine Burg wurde von Raj Ahten geschleift, anschließend zwang der Wolflord den Emir, ihm eine Gabe des Augenlichts abzutreten. Der Emir jedoch hat die Geschichte seines Lebens aufgeschrieben und an mich geschickt.«
    »Er hat seine eigene Lebensgeschichte geschrieben?« fragte Iome und wunderte sich, daß jemand sich die Mühe machte, wo doch die Days jeden Schritt überwachten und alles aufzeichneten, sobald man gestorben war. »Ist darin von Schlachten die Rede?« erkundigte sich Hollicks. »Wird irgendwas von Wichtigkeit beschrieben?«
    »Von vielen Schlachten«, antwortete der König. »Der Emir beschreibt, wie Raj Ahten seine Verteidigung durchbrochen und Nachbarburgen eingenommen hat. Ich habe erst einen flüchtigen Blick in das Buch werfen können, aber möglicherweise erweist es sich als sehr wichtig. So wichtig, daß Raj Ahtens Spion sich genötigt fühlte, Dreys umzubringen, um das Buch wieder in seinen Besitz zu bringen.«
    »Aber – die Papiere des Mannes sind in Ordnung!« wandte Hollicks ein. »Ihr habt noch immer keinen Beweis gegen ihn!
    Ein Dutzend Empfehlungsschreiben von verschiedenen Kaufleuten trug er bei sich. Er hat Darlehen, die er zurückzahlen muß! Ich sage Euch, er ist ein Händler!«
    »Und er besitzt mehr Gaben als jeder Händler, den Ihr je zu Gesicht bekommen habt«, erwiderte Lord Sylvarresta, »und ihre Zusammenstellung entspricht der eines Kriegers.«
    Das schien Hollicks den Wind aus den Segeln zu nehmen.
    Iomes Vater sagte nachdenklich: »Wißt Ihr, als ich vor zwanzig Jahren nach Süden zog, um der Königin den Hof zu machen, habe ich einmal Schach mit Raj Ahten persönlich gespielt.«
    Lord Sylvarresta blickte kurz zu seiner Frau hinüber und legte seine Hand tröstend auf Hollicks’ Schulter.
    Iomes Mutter regte sich unangenehm berührt. Sie wurde nicht gern daran erinnert, daß sie die Nichte des Wolflords war.
    »Wißt Ihr, wie er eröffnet hat?« fragte König Sylvarresta.
    »Den Königsbauer auf das vierte Feld?« riet Hollicks und wählte die gebräuchlichste Eröffnung.
    »Nein. Den Königsritter auf Feld drei vor dem Königszauberer. Eine ungewöhnliche Eröffnung.«
    »Ist das von Bedeutung?« fragte Hollicks.
    »Genauso hat er das Spiel gespielt. Er ließ seine Bauern zumeist stehen und griff mit seinen Rittern, den Zauberern, den Türmen und der Königin an und brachte sogar den König ins Spiel. Statt danach zu trachten, die Mitte des Spielbretts zu beherrschen, griff er mit Figuren an, die seiner Ansicht nach bis in die entlegensten Ecken die Kontrolle an sich reißen konnten.«
    König Sylvarresta wartete, daß der Kaufmann die Bedeutung seiner Worte begriff, Hollicks jedoch schien dafür blind. Der König drückte es einfacher aus: »Dieser Gewürzhändler im Verlies – er ist einer von Raj Ahtens Rittern. Die Schwielen an der Innenseite seines Daumens stammen vom jahrelangen Üben mit dem Schwert.«
    Hollicks dachte darüber nach. »Ihr glaubt doch nicht etwa, daß Raj Ahten hierher kommt?«
    »Oh, er kommt auf jeden Fall«, gab Sylvarresta zurück.
    »Deswegen haben wir eintausend

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