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Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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zweiundzwanzig.
    Seine Augen waren dunkel, so dunkel wie Iomes, seine Haut dagegen war braun. Er roch nach Anis, Curry, Knoblauch und Olivenöl, wie alle seine Landsleute. Bis auf einen Lendenschurz hatte man ihn ausgezogen. Seine Beine waren gebrochen, sein Kiefer geschwollen. Frische Striemen bedeckten Gesicht und Rippen. Jemand hatte ihm ein Stück aus der Schulter herausgebissen. Er würde es überleben.
    Auf seinen dünnen Rippen konnte man in das Fleisch eingebrannte Runen der Macht sehen, weiße Narben, jede ungefähr einen Zoll voneinander entfernt. Fünf Runen der Muskelkraft, drei der Anmut, eine des Durchhaltevermögens, eine der Geisteskraft, eine des Stoffwechsels, eine des Gehörs, zwei der Sehkraft.
    Kein Händler in Heredon trug so viele Runen der Macht. Bei diesem Mann handelte es sich um einen Soldaten, einen Meuchelmörder. Iome war sich dessen sicher.
    Ein bloßes Gefühl war allerdings noch kein Beweis. Im Süden, wo nach Blutmetall geschürft wurde, war es einfacher, die kostbaren Metalle zu erwerben, um danach den Armen die Gaben abzuhandeln.
    Auch wenn Iome bezweifelte, daß dieser Mann ein Kaufmann war, sein Übermaß an Gaben allein konnte ihn nicht überführen.
    Chemoise sah dem Gefangenen tief in die Augen, dann schlug sie ihm ins Gesicht.
    Die beiden Frauen gingen zum Bergfried des Königs.
    König Sylvarresta fanden sie in seinem privaten Audienzzimmer im ersten Stock. Er saß auf einer Bank in der Ecke und unterhielt sich leise mit Iomes Mutter, dem ziemlich ernsten Kanzler Rodderman und dem verängstigten Gildemeister Hollicks.
    Die Fußbodendielen waren mit frischen Binsen bestreut, unter die man Melisse und Flohkraut gemengt hatte. Drei Hunde hockten vor dem leeren Kamin. Ein Zimmermädchen polierte die unbenutzten Zangen und Schürhaken. Iomes Days schritt sofort quer durch den Raum und stellte sich abseits, zusammen mit den Days des Königs und der Königin.
    Als Iome den Saal betrat, hob ihr Vater erwartungsvoll den Kopf. Sylvarresta war kein eitler Mann. Er trug keine Krone, und sein einziger Schmuck war ein Siegelring, den er an einer Kette um den Hals aufbewahrte. Dennoch wußte man. daß er ein König war, sobald man in seine grauen Augen blickte.
    Mit Gildemeister Hollicks dagegen verhielt es sich ganz anders. Er trug geschmacklos protzige Kleider ein Hemd mit falschen Ärmeln, eine bunte Hose, eine Weste und einen kurzen Umhang mit Kapuze und das alles in einem bunten Sammelsurium sich beißender Farben. Als Meister der Färbergilde schrien seine Kleider jede Farbe heraus. Davon abgesehen war Hollicks kein übler Kerl. Er bewies ungewöhnlich gesunden Menschenverstand und hätte als liebenswert gelten können, hätte nicht die Hälfte seines Schnauzers
    aus
    seinen
    unansehnlichen
    schwarzen
    Nasenhaaren bestanden.
    »Ah«, sagte König Sylvarresta, als er Iome erblickte, »ich dachte schon, es sei jemand anderes. Bist du heute morgen schon einem der Förster begegnet? Waren sie im Burghof?«
    »Nein, mein Lord«, antwortete Iome.
    Der König nickte und wandte sich leise an Chemoise: »Mein Beileid. Es ist für uns alle ein trauriger Tag. Euer Verlobter war ein vielbewunderter Mann ein vielversprechender Soldat.«
    Chemoise nickte, wobei ihr Gesicht plötzlich wieder erbleichte. Sie machte einen Knicks. »Ich danke Euch, mein Lord.«
    »Ihr werdet nicht zulassen, daß dieser Meuchelmörder mit seiner Tat ungeschoren davonkommt, nicht wahr?« fragte Iome. »Ihr hättet ihn längst hinrichten lassen sollen!«
    »So versteht doch«, platzte Hollicks mit seiner schrillen Stimme heraus, »Ihr schließt überaus voreilig. Dafür, daß es sich um etwas anderes als eine unselige Auseinandersetzung in betrunkenem Zustand handelte, fehlt jeder Beweis!«
    König Sylvarresta ging zur Tür, die auf den Korridor führte, sah einen Augenblick lang in den Hof. dann schloß er die Tür und sie alle damit ein.
    Plötzlich wirkte der Raum dunkel und schattig, denn nur vor zwei kleineren Fenstern standen die hölzernen Läden offen.
    König Sylvarresta schritt quer durch den Raum, den Kopf nachdenklich gesenkt. »Trotz Eurer Bitte um Milde, Meister Hollicks ich weiß, daß dieser Mann ein Spion ist.« Hollicks täuschte einen ungläubigen Gesichtsausdruck vor. »Habt Ihr Beweise?« fragte er, als hätte er ernstliche Zweifel.
    »Während Ihr unterwegs wart, um Eure jammernden Kameraden zu trösten«, sagte König Sylvarresta, »habe ich Kommandant Derrow befohlen, die Spur des Mannes zu

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