Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
Vom Netzwerk:
glänzten grün wie Eis.
    Sein Körper war in der Art seines Stammes tätowiert – blaue, stilisierte Reben, die sich seine Beine hinaufrankten, dazu Bilder, die an die Namen seiner Vorfahren und seines Heimatdorfes erinnerten. Auf Knien und Armen befanden sich Bilder von Knoten und anderen magischen Symbolen.
    Der Mann sang mit einer rauhen, schmachtenden, sehr kräftigen Stimme. Auf ihre Art war sie wunderschön und ließ erkennen, daß dieser Sänger die »verborgenen Runen der Begabung« trug. Nur Inkarrer meisterten die verborgenen Runen. Und doch gelangen seiner Stimme nicht die himmlischen Töne, die die Virtuosin vor dem Gesangshaus eine Stunde zuvor hervorgebracht hatte. Die Frau hatte gesungen, um reich und berühmt zu werden, dieser Mann sang nur, um zu unterhalten. Eine großherzige Geste.
    Der Days starrte in seinen Becher. Er wußte, daß er zuviel gesagt und keinen Grund hatte, noch etwas hinzuzufügen.
    »Euer Lordschaft, vielleicht ist es gut so, wenn Ihr bei Euern Freunden keinen Wert auf Rechtschaffenheit legt. Dann wißt Ihr, daß Ihr ihnen nicht vertrauen könnt. Und solltet Ihr weise sein, werdet Ihr Euch auch selbst nicht trauen.«
    »Wie das?« fragte Gaborn erstaunt. Jeder Days war mit einem anderen gepaart, daher waren sie nie alleine, kamen nie in die Versuchung, sich selbst zu trauen. Gaborn fragte sich, ob das wirklich ein Vorteil war.
    »Männer, die sich für gut halten und nicht versuchen, ihre Seele zu finden, begehen oft die schlimmsten Greueltaten. Nur wenn wir im Glauben, Gutes zu tun, Böses tun, betreiben wir es mit ganzem Herzen.«
    Gaborn brummte und dachte nach.
    »Wenn ich so offen sein darf. Euer Lordschaft, ich bin froh, daß Ihr Euch in Frage stellt. Männer werden nicht dadurch gut, daß sie gelegentlich eine gute Tat begehen. Ihr müßt Eure Gedanken und Taten immer wieder aufs neue einer Prüfung unterziehen und Eure Rechtschaffenheit hinterfragen.«
    Gaborn starrte den dürren Gelehrten an. Die Augen des Mannes wurden glasig, und er konnte seinen Kopf kaum noch aufrecht halten. Sein Denken wirkte etwas klarer als das eines gewöhnlichen Betrunkenen, und er brachte seine Belehrung in freundlichem Tonfall vor. Noch nie harte ein Days Gaborn einen Rat gegeben. Eine ungewöhnliche Erfahrung.
    In diesem Augenblick ging die Tür zum Schankraum auf.
    Zwei Männer kamen herein, beide von dunkler Gesichtsfarbe, beide braune Augen. Gekleidet war sie wie Kaufleute auf der Reise, allerdings trugen sie Degen an der Seite und hatten lange Messer an ihre Knie gebunden. Der eine Mann lächelte, der andere runzelte die Stirn.
    Gaborn mußte an etwas denken, das ihm sein Vater als Kind beigebracht hatte. »Im Land Muyyatin reisen Meuchelmörder immer zu zweit. Sie verständigen sich mit Gesten.« Dann hatte Gaborns Vater ihm den Kode der Meuchelmörder beigebracht.
    Ein Mann der lächelt, einer, der die Stirn runzelte: Keine Neuigkeiten, weder gute noch schlechte .
    Gaborns Blick schweifte zu den beiden Männern in der anderes Ecke des Raumes hinüber. Wie er hatten sie einen sicheren Platz ausgesucht, den Rücken zur Wand gedreht.
    Einer der Männer in der Ecke kratzte sich am linken Ohr: Wir haben nichts gehört .
    Die Neuankömmlinge setzten sich an einen der hinteren Tische, ihren Landsleuten gegenüber. Einer legte seine Hände auf den Tisch, die Handflächen nach unten. Wir warten .
    Allerdings bewegte sich dieser Mann mit einer solch beiläufigen Gewandtheit, die darauf schließen ließ, daß er eine Gabe des Stoffwechsels besaß. Nur wenige besaßen diese Gabe – Krieger, denen man höchstes Vertrauen entgegenbrachte.
    Gaborn traute seinen Augen kaum. Die Gesten wirkten so gewöhnlich, so zufällig. Die Beteiligten sahen sich nicht einmal an. Was Gaborn für eine Unterhaltung hielt, hätte ebensogut vollkommen belanglos sein können.
    Gaborn blickte sich flüchtig im Raum um. Niemand hier kam als Opfer der Meuchelmörder in Frage – niemand außer ihm.
    Und doch hatte er das sichere Gefühl, nicht ihr Ziel zu sein. Er war den ganzen Tag inkognito gereist. Bannisferre war voll von reichen Kaufleuten und kleinen Lords – die Meuchelmörder konnten hinter einem von ihnen her sein, oder vielleicht verfolgten sie sogar einen ihrer Landsleute aus dem Süden.
    Für einen Kampf gegen solche Männer war Gaborn nicht angemessen gerüstet.
    Am Morgen war die Stadt noch scheinbar kühl gewesen, belebend, lebendig, jetzt dagegen hatte die Hitze des Tages die Gerüche verstärkt. Der

Weitere Kostenlose Bücher