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Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Schock versetzt, sie beschäftigte sich nurmehr mit Plänen für ihr ungeborenes Kind und vergaß zu essen, bis Iome sie darauf aufmerksam machte.
    Im Augenblick wirkte Chemoise, als sei ihr überhaupt nicht bewußt, daß sich ein Krieg ankündigte. Vielleicht sieht sie es tatsächlich nicht, dachte Iome. Das Mädchen konnte so naiv sein. Unterkommandant Dreys hatte sich einmal über sie lustig gemacht. »Chemoise denkt, Schwertkampf sei so etwas Ähnliches wie das Zerlegen einer Ente, mit dem Unterschied, daß man seinen Gegner nicht verspeist, nachdem man ihn tranchiert hat.«
    Sie ergriff Iomes Hände und drängte sie, die Stufen hinaufzusteigen, bis sie im Sonnenlicht standen. Ein gutes Gefühl.
    Als sie oben ankamen, stellte Chemoise ihr den Prinz vor.
    »Prinzessin Iome Sylvarresta, bitte gestattet mir die Ehre, Euch mit Prinz Gaborn Val Orden bekannt zu machen.«
    Iome würdigte den Prinz keines Blickes. Dann lief Chemoise zur anderen Seite des Turms, gut achtzig Schritte entfernt, um die beiden nicht weiter zu stören.
    Zu Iomes Überraschung schlossen sich die jungen Soldaten, die die Katapulte bemannten, Chemoise an. Iome warf einen kurzen Blick auf die Katapulte und bemerkte den Metallschrot in den Körben. Diese Waffen waren noch nie auf Angreifer gerichtet worden. Sie hatte erst ein einziges Mal gesehen, wie sie zum Einsatz gekommen waren an einem Festtag, als ihr Vater Brotlaibe, Würste und Mandarinen nach draußen über die Burgmauern zu den Bauern geschleudert hatte.
    Iomes Days stand nur wenige Schritte entfernt. Sie sagte: »Prinz Sylvarresta, Euer Days befindet sich gegenwärtig in der Gesellschaft Eures Vaters. Ich werde für diesen Teil Eures Lebens an seiner Stelle als Chronist einspringen.«
    Der Prinz erwiderte der Days nichts, auch wenn Iome sein Gewand rascheln hörte, als hätte er genickt.
    Sie vermied es, auch nur in die Richtung des Prinzen zu sehen. Statt dessen lief sie schnell zur anderen Seite des Turmes, setzte sich auf eine Zinne und blickte hinaus über die herbstlichen Felder des Königreichs ihres Vaters.
    Iome stellte fest, daß sie leicht zitterte. Sie wollte Gaborn nicht ins Gesicht sehen, ja, sie wagte es nicht. Schließlich war er ein Runenlord und sah vermutlich überaus beeindruckend gut aus. Doch Äußerlichkeiten sollten ihr Bild von ihm nicht beeinträchtigen.
    Iome war trotzdem angenehm berührt, als Gaborn zu ihr aufblickte und ihre Schönheit mit einem Seufzer würdigte. Das entlockte ihren Lippen ein dünnes Lächeln. Bestimmt war er im Süden schon eleganteren Frauen begegnet.
    Ein leichter Wind kam auf, eine Brise, die den Geruch von den Feuerstellen aus dem Großen Saal unten herantrug, Iome erhob sich von ihrem Platz auf der Zinne, dabei lösten sich kleine Steinchen und fielen achtzig Fuß in die Tiefe. Hähne krähten im Abendlicht, und innerhalb der äußeren Festungsmauern muhten Kühe und riefen nach ihren Melkern.
    Überall auf den braunen Feldern außerhalb der Burg standen strohgedeckte Häuser. Desweiteren konnte sie mehrere Dörfer nördlich und östlich entlang des Wye erkennen. Aber sowohl Felder als auch Dörfer waren menschenleer.
    Bauern, Händler und Diener, sie alle hatten sich in ihren schwarz-silbernen Trachten gemeinsam mit den Soldaten auf den Stadtmauern eingefunden. Junge und alte Männer mit Bögen und Speeren standen ruhig da. Ein paar einheimische Händler schlichen über die Wehrgänge und verkauften Pasteten und Huhn, als würde man sich auf einem Jahrmarkt die Turnierspiele anschauen.
    Unten, an der äußeren Mauer zur Stadt, hatte man Karren, Fässer und Kisten hinter die Stadttore gestapelt. Wenn Raj Ahten das Tor niederriß, würde das Gerümpel seine Soldaten im inneren Hof aufhalten, wo die Bogenschützen ihres Vaters beträchtlichen Schaden anrichten konnten.
    Es war fast dunkel. Krähen und Tauben kreisten über den Eichen-und Eschenwäldern im Süden. Raj Ahtens Armee störte die Vögel immer wieder auf, wenn sie sich zum Schlafen niederlassen wollten.
    Dort im Wald erloschen allmählich die herunterbrennenden Lagerfeuer, so daß die Hügel unter ihr vor Rauch zu schwelen und die Bäume in Flammen zu erglühen schienen. Iome konnte unmöglich einschätzen, wie groß Raj Ahtens Armee war, die sich dort verbarg.
    Aber Spuren der Eindringlinge gab es überall: Über dem Wald war ein Spionageballon, blau wie ein Rotkehlchenei, aufgestiegen, bemannt mit zwei von Raj Ahtens Leuten. Fast zwei Stunden lang hatte er vierhundert Fuß

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