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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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„Menschen können Sie auch gut zeichnen. Richtig gut.“
    Nell bedankte sich bei ihm. „Hat dich schon mal jemand porträtiert?“, fragte sie ihn dann.
    â€žMich?“, schnaubte er, als er ihr das Buch zurückgab. „Nee, ganz bestimmt nicht.“
    â€žWie wäre es, wenn ich eine Skizze von dir mache, und dafür gibst du mir eine Zigarette?“, schlug sie vor.
    â€žIm Ernst? Sie wollen mich malen?“
    Die Mädchen grinsten vielsagend, während Nell sich auf dem Boden niederließ und dabei inständig hoffte, dass ihr Kleid keine Grasflecke bekam. Sie schlug eine leere Seite in ihrem Skizzenbuch auf und suchte in ihrem Handbeutel nach dem Bleistift.
    â€žUnser Otis“, stellte Ruth fest. „Ein unverbesserlicher Frauenheld.“
    â€žQuatsch“, erwiderte Otis. „Sie ist Künstlerin.“
    Die Mädchen neckten ihn freundschaftlich, derweil er die Pose einnahm, die Nell ihm vorschlug – zurückgelehnt, im leicht zu zeichnenden Dreiviertelprofil, das Gesicht der Sonne zugewandt, die durch das Laub hindurchschien. Ein laues Lüftchen wehte hier am Ufer, die Bäume trugen noch ihr sattgrünes Sommerlaub, und leise plätschernd floss der Fluss dahin. Es war so idyllisch, dass man die nahe Tuchfabrik fast vergessen konnte.
    â€žSeid ihr alle hier aus der Gegend?“, fragte Nell, während sie zeichnete.
    â€žOtis kommt von hier“, sagte Mary und stieß dabei den Rauch der Zigarette aus, die sie an Ruth weiterreichte. „Und Evie auch.“ Sie nickte zu dem blonden Mädchen hinüber. „Ich bin aus New Hampshire. Meine Eltern sind Milchbauern.“
    Ruth, so stellte sich im weiteren Gespräch heraus, kam aus Vermont, und das andere Mädchen, das Cora hieß, stammte aus dem Nordwesten von Massachusetts. Alle waren auf einem Bauernhof aufgewachsen, und die meisten schickten fast das gesamte Geld, das sie hier verdienten, nach Hause zu ihren Familien. Mary arbeitete in der Fabrik, damit einer ihrer Brüder das College besuchen und der andere eine Holzhandlung eröffnen konnte. Nur Cora behielt ihren ganzen Lohn für sich, denn – Nell war sehr überrascht, das zu hören – sie wollte sparen, um auf das Frauencollege Mount Holyoke gehen zu können.
    Als Nell die fertige Zeichnung aus ihrem Skizzenbuch riss und sie Otis reichte, drehte er ihr die versprochene Zigarette, die sie dankend nahm und in ihren Handbeutel steckte – „für später“. Bis auf die kleine stille Evie wollten sich nun auch die Mädchen porträtieren lassen. In Anbetracht ihrer nur halbstündigen Mittagspause, ließ Nell sie sich zusammensetzen, damit sie ein Gruppenbildnis zeichnen konnte.
    â€žMachen eure Eltern sich denn keine Sorgen um euch?“, fragte sie, während sie die Komposition mit schnellen sicheren Strichen umriss. „Ihr seid ja alle noch recht jung, und die meisten von euch sind doch ziemlich weit fort von zu Hause.“
    â€žNö, wir werden hier ja an der kurzen Leine gehalten“, erwiderte Ruth.
    â€žVerdammt kurz“, knurrte Cora, woraufhin bei allen außer Evie, die schockiert nach Luft schnappte, allgemeine Erheiterung über ihre ungehörige Wortwahl ausbrach. „Nur weil wir für sie arbeiten, meinen sie gleich, wir würden ihnen gehören. Uns wird vorgeschrieben, wann wir abends zu Bett zu gehen und morgens aufzustehen haben, mit wem wir reden dürfen und worüber.“
    â€žWenn wir mal nach der Arbeit das Gelände verlassen“, fuhr Mary fort, „werden wir richtig zusammengestaucht und kriegen einen Vermerk in unserer Akte.“
    Ruth meinte: „Die Hausmütter lassen uns keine Minute aus den Augen und erstatten Mr. Harry über alles Bericht, und der entscheidet dann, was mit einem passiert.“
    Cora verdrehte die Augen. „Der hat’s nötig.“
    â€žEine Unverschämtheit“, pflichtete Mary ihr bei, „dass so ein Mistkerl über unser Verhalten urteilen darf.“
    â€žVersuche mal, ganz still sitzen zu bleiben, Mary“, sagte Nell zu ihr, während sie rasch das Gesicht des Mädchens skizzierte. „Habt ihr denn davon gehört, dass jemand tatsächlich wegen so eines kleinen Verstoßes entlassen wurde?“
    Zögerlich begann Ruth: „Na ja, da war dieses eine Mädchen, Bridie Sullivan …“
    Ah ja. Nell musste sich ein Lächeln

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