Dunkel wie der Tod
verkneifen.
âSie und Evie und ich, wir haben in derselben Reihe gearbeitet â seit Juni, als Bridie hier angefangen hat. Vor ein paar Tagen ist sie rausgeschmissen worden, aber das war ja auch kaum eine Ãberraschung.â
âEvie?â, rief plötzlich jemand. Alle fuhren herum und sahen einen jungen Mann â groà und kräftig mit zotteligem weiÃblonden Haar â aus dem Wäldchen kommen, das zwischen Fluss und Fabrik lag. âEvie, was machst du hier? Du sollst zum Mittagessen kommen.â
Evie seufzte. Nell hörte sie zum ersten Mal etwas sagen: âEs war einfach zu schönes Wetter.â
âIch war in deinem Haus und hab nach dir gesuchtâ, sagte er vorwurfsvoll; seine kindlich schmollende Miene wollte nicht so recht zu seiner Statur und der tiefen Stimme passen. âMrs. Hathaway schreibt dich auf, weil du nicht zum Essen da warst. Du sollst doch nicht schwänzen!â
âTut mir leid, Luther. Kommâ, Evie klopfte neben sich auf den Boden, âsetz dich zu mir, bis wir wieder zurückmüssen.â
Die anderen begrüÃten Luther freundschaftlich, der nun behäbig zu Evie hinübertrottete und sich im Schneidersitz neben sie setzte. Evie strich ihm mit den Fingern durch sein Haar, während er Nell mit offenem Mund anstarrte. âWas machst du da?â
âStarr sie nicht so an, Lutherâ, ermahnte ihn Evie. âSie malt ein Bild â von Mary, Ruth und Cora.â
âKann ich mal sehân?â
âEs ist noch nicht ganz fertigâ, meinte Nell, âaber hier.â Sie zeigte ihm ihr Skizzenbuch.
Er strahlte über das ganze Gesicht, als er sich die Skizze anschaute. âSieht ja genauso aus, wie sie wirklich aussehen!â
âLuther ist Evies Bruderâ, lieà Otis Nell wissen. âDie beiden arbeiten schon von klein auf hier.â
âWelche Arbeiten machen denn die Kinder?â, fragte Nell und wandte sich wieder ihrer Zeichnung zu. âDie Maschinen sahen mir alle auÃerordentlich groà und kompliziert aus.â
âIch habe die vollen Garnspulen von den Spinnmaschinen genommen und wieder leere draufgesetzt â das musste jede Stunde gemacht werden, hat aber nicht so lange gedauert, und den Rest der Zeit konnte ich spielen. Luther hat Botengänge für die Arbeiter in der Spinnerei gemacht.â
âMacht er immer noch, nicht wahr, mein Freund?â Otis beugte sich vor und knuffte Luther gutmütig in den Arm. âWir armen Garnspinner wüssten gar nicht, was wir ohne unsern guten Luther machen würden.â
Luther rieb sich den Arm und sagte zu Nell: âIch bin stark wie ein Stier. Hier gibtâs niemand, der so viel tragen kann wie ich! Niemand.â
âIst ein Schwerstarbeiter, unser Lutherâ, meinte Otis. âUnd wenn erâs besonders gut macht, kriegt er was SüÃes.â
âIch machâs nicht für das SüÃeâ, wehrte sich Luther und schien zutiefst beleidigt. âIch krieg Geld, genauso wie ihr.â
âWas zahlen sie dir noch mal?â, fragte Otis ihn und zwinkerte Nell zu. âZwei Dollar die Woche? Hast du das nicht schon verdient, als du neun warst?â
âHör auf, ihn zu ärgern, Otisâ, fuhr Evie dazwischen. âDu weiÃt doch, wie er wird, wenn man ihn auslacht.â
âIch krieg zwei Dollar und fünfzig Centâ, verkündete Luther und starrte Otis dabei finster an. âDu weiÃt auch nicht immer alles.â
Um die mit einmal sehr gereizte Stimmung etwas zu entspannen und die Unterhaltung wieder zum Anlass ihres Besuchs zurückzuführen, fragte Nell: âWas meintest du eigentlich damit, Ruth â dass es keine Ãberraschung gewesen sei, als man diese Bridie Sullivan rausgeschmissen hat?â
âBridie ist wegâ, stellte Luther fest.
âRuhig, Lutherâ, sagte seine Schwester. âDas wissen wir alle.â
âSie war ein schlechtes Mädchen.â
âLuther, sei einfach nur â¦â
âWarum?â, fragte Nell scheinbar beiläufig, während sie weiterzeichnete und dabei zwischen ihrem Skizzenbuch und den drei Mädchen hin und her sah.
Evie antwortete für ihren Bruder: âEr sagt das nur, weil alle das sagen.â
âWir wussten von Anfang an, was das für eine istâ, meinte Ruth. âGleich am ersten Tag, als sie in die Weberei kam, sag ich zu Evie, âdie macht
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