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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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schöne Augen zu machen.
    Unter ihnen entdeckte Nell auch Bridies ehemalige Kolleginnen Ruth und Evie, die sich mit zwei anderen Mädchen und einem stattlichen jungen Burschen mit schwarzem Haar unterhielten. Er flüsterte Ruth, der großen Brünetten, etwas zu, woraufhin die sich kurz umsah und dann den anderen bedeutete, ihr zu folgen. Evie, die kleine Blonde, zögerte einen Moment, ließ sich dann jedoch überreden, und schon verschwanden sie allesamt still und heimlich zwischen zwei Gebäuden.
    Nell folgte ihnen durch ein kleines Wäldchen zu einer abgeschiedenen Stelle am Flussufer, wo die Mädchen nah am Wasser im Gras lagen und zusahen, wie der junge Mann sich eine Zigarette drehte. Er trug keine Jacke, sein kragenloses Hemd war aufgeknöpft, die Ärmel hochgekrempelt. Bis auf Evie hatten die Mädchen sich ihre Röcke bis zu den Knien gerafft – eine Unschicklichkeit, die sie für alle Zeiten ruiniert hätte, wären sie höhere Töchter aus Boston gewesen.
    â€žDie willst du hoffentlich mit uns teilen, Otis“, bemerkte eine hübsche, etwas füllige junge Frau, während sie sich ihr Kleid am Kragen aufknöpfte.
    Otis lächelte sie an, als er mit der Zunge über das Papier leckte und dann mit dem Finger darüber fuhr. „Klar, Mary, ich lasse dich gerne mal kosten.“ Er beugte sich vor und steckte ihr die Zigarette zwischen die Lippen, holte eine Schachtel Streichhölzer hervor und gab ihr Feuer. „Aber für jeden Zug bekomme ich einen Kuss.“
    Daraufhin folgte allgemeines Gekicher, das jedoch wieder verstummte, sobald sie Nell auf sich zukommen sahen. Rasch zogen die Mädchen sich ihre Röcke über die bloßen Beine; Mary versteckte die Zigarette hinter ihrem Rücken. Nur zweimal zuvor hatte Nell Frauen rauchen gesehen – einmal eine Schauspielerin und einmal eine Prostituierte. Den Anblick fand sie nach wie vor befremdlich.
    â€žGuten Tag“, grüßte Nell, als sie sich zu ihnen gesellte.
    Die andern sahen sich an. „Tag“, murmelte Otis schließlich.
    â€žRieche ich hier zufällig Zigarettenrauch?“, fragte Nell.
    Mary war sichtlich um eine gelassene Miene bemüht, doch ihre Augen verrieten ihre Angst. Der selbst ernannte Heilige August Hewitt hatte strenge Verhaltensregeln für seine jungen Fabrikarbeiterinnen ausgegeben – Rauchen gab ganz gewiss Anlass für eine Strafpredigt, wenn nicht gar Grund zur Entlassung.
    â€ž Ich habe geraucht“, sagte der junge Mann, während er hinter Marys Rücken fasste und sich die Zigarette zurückholte. „Sie hat sie nur für mich gehalten, als ich mir meine Stiefel ausgezogen habe.“ Seine Stiefel, die er wohlgemerkt noch anhatte. Er war der Einzige, der nicht barfuß war.
    â€žIch habe nur deshalb gefragt“, meinte Nell, „weil ich eigentlich hierherkam, um selbst eine zu rauchen, doch dann habe ich gemerkt, dass ich dummerweise meine Zigaretten zu Hause vergessen habe. Du könntest nicht vielleicht eine entbehren?“
    Die jungen Leute musterten sie unverhohlen, angefangen bei ihrem schicken Hütchen bis hinab zu den Stiefeletten aus schimmernd schwarzem Satin. Gewiss fragten sie sich, warum eine Dame, die zumindest den Eindruck erweckte, als sei sie von Stand, von ihnen Zigaretten schnorren wollte.
    â€žOh, ich will euch keinen Ärger machen, falls das eure Sorge sein sollte“, versicherte Nell ihnen. „Ich arbeite nicht für Mr. Harry.“
    â€žWas wollen Sie dann hier?“, fragte Ruth.
    Nell holte ihr Skizzenbuch hervor und schlug es bei der Zeichnung von der Fabrik auf. Die andern ließen es interessiert herumgehen und schauten sich einander über die Schulter, um einen Blick zu erhaschen.
    â€žSind Sie Künstlerin?“, wollte Otis wissen.
    â€žKlar is’ sie das“, fand Ruth mit einem Blick auf die Zeichnung. „Meinst du vielleicht, jeder kann so was? Sieht ja wie eine Fotografie aus.“
    Nicht ganz, aber fast. Nell war sogar bei ihren flüchtigen Skizzen auf jedes noch so kleine Detail bedacht. Viola, die selbst eine versierte Malerin war und in jungen Jahren in Paris Unterricht genommen hatte, ermutigte Nell daher immer, freier und weniger gegenständlich zu arbeiten. Doch es widerstrebte Nell, absichtlich nachlässig zu sein, wenn sie nun einmal zu solcher Genauigkeit befähigt war.
    Otis blätterte durch das Skizzenbuch und meinte:

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