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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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hineingeschüttet hat. Dessen bin ich mir tief in meinem Herzen gewiss. Vielleicht ist er noch vor sich selbst zu retten, vielleicht auch nicht – nun, da ich weiß, was er Ihnen angetan hat, zweifle ich langsam selbst daran –, aber dennoch hat er es nicht verdient, eines Mordes bezichtigt zu werden, den er nicht begangen hat. Eines Doppelmordes“, setzte er mit Blick auf Virgils Leichnam hinzu.
    Während Will seine Sachen zusammensuchte, sagte Nell: „Gehen Sie ruhig schon mal vor. Wir treffen uns dann am Wagen.“
    Er schaute sie verwirrt an. „Ich dachte, wir seien jetzt hier fertig.“
    â€žIch wollte nur … ich fände es nicht richtig zu gehen, ohne ein paar Worte gesprochen zu haben.“
    â€žMeinen Sie ein Gebet?“
    Sie sah beiseite und errötete – wobei doch eigentlich er derjenige war, der sich hätte schämen sollen, weil er so gottlos war! „Sie können gerne vorausgehen. Ich komme gleich nach.“
    â€žNein, machen Sie ruhig“, meinte er nach kurzem Zögern. „Ich warte solange.“
    Nell wandte sich zu Virgil um und bekreuzigte sich. Fast wünschte sie, Will wäre wirklich schon vorausgegangen, denn es kam ihr nun seltsam vertraulich vor, dies in seiner Gegenwart zu tun. Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, wie er sie mit feierlich ernster Miene und neugierigem Interesse beobachtete.
    Nell schloss die Augen, um seine Gegenwart zu vergessen, faltete die Hände und sprach: „Schenke ihm ewige Ruhe, oh Herr, und lass dein Licht ewiglich auf ihn scheinen. Mögen seine Seele und die Seelen aller im treuen Glauben Verschiedenen in Frieden ruhen, Amen.“
    â€žAmen“, sagte Will.
    Bei Bridie wählte Nell andere Worte.
    â€žWir bitten dich, oh Herr, erbarme dich der Seele deiner Dienerin Bridget Sullivan, auf dass sie, die von dieser Welt gegangen ist, bei dir Einlass finde, und vergib ihr in deiner unermesslichen Güte, da sie in ihrem Leben schwach und sündig war. Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie im Anfang so auch jetzt und alle Zeit in Ewigkeit, Amen.“ Sie bekreuzigte sich.
    â€žAmen.“ Will setzte sich seinen Hut auf, hängte sich seinen Gehrock jedoch nur über die Schultern – gewiss in der Hoffnung, dass seine triefnassen und schlammverschmierten Kleider auf der Fahrt zurück nach Salem ein wenig trocknen würden. „Arme Bridie“, meinte er, als er seinen Blick auf ihren sterblichen Überresten ruhen ließ. „Hätten Sie sie sich als Bauersfrau vorstellen können?“
    Nell überlegte kurz und meinte schließlich: „Ja, durchaus.“
    Will schaute sie an, schien etwas sagen zu wollen, besann sich dann aber eines Besseren. Er wandte sich wieder Bridie zu und murmelte: „Hebt sie vom Uferkies, aufhebt sie leis …“
    Nell sah ihn fragend an.
    â€žEs ist ein Gedicht von Thomas Hood“, sagte er. „‚Die Seufzerbrücke‘.“ Er nahm den Hut wieder ab, den er gerade erst aufgesetzt hatte, und fing an, mit sanfter, bedächtiger Stimme zu rezitieren: „Hebt sie vom Uferkies, aufhebt sie leis. Oh, welch ein zart und süß abgeknickt Reis. Nimmer mit Hohn und Groll – trauernd, erbarmungsvoll anrührt ihr Leibliches. Nicht ihrer Flecken denkt, was ihr von ihr versenkt, ist nun rein Weibliches. Nichts ließ der Tod an ihr, nichts als der Schönheit Zier.“
    â€žAmen“, flüsterte Nell.
    â€žAmen.“ Er setzte seinen Hut wieder auf. „Kommen Sie“, meinte er und wandte sich zum Gehen. „Lassen Sie uns die Polizei holen.“
    â€žKönnte ich nur noch kurz … Ich will nicht, dass man sie so vorfindet … so entblößt“, sagte sie und malte sich bereits aus, wie die Konstabler reagieren würden, wenn sie um Bridie herumstanden. Zunächst wären sie entsetzt, von Ekel berührt. Doch dann, wenn der erste Schreck vorüber war und sie irgendwie damit würden umgehen müssen, kämen die ersten verstohlen belustigten Bemerkungen, die derben Witze. Und so würde Bridie Sullivan, eine auf tragische Weise gewaltsam ums Leben gekommene junge Frau, schon bald nur noch ein Fall sein, den es aufzuklären galt. „Sind Sie damit einverstanden, dass ich Sie ein wenig … herrichte?“
    â€žWir sollten sie so belassen, wie wir sie vorgefunden haben“, meinte Will.
    â€žSie haben Virgil auch nicht so

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