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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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sie kurz den Blick von dem im Kamin aufgeschichteten Feuerholz hob, entdeckte sie zu ihrem Leidwesen, dass sie Will im Glas einer gerahmten Radierung gespiegelt sehen konnte, die über dem Kaminsims hing. Er streifte sich gerade seine Hose ab und stand nun nur noch mit seiner Unterhose bekleidet da. Ihr Taschentuch, mit dem sie seinen Arm bandagiert hatte, war braun von getrocknetem Blut. Sie schloss die Augen. „Nein. Warum?“
    â€žSie erröten so schön. Ich kann davon einfach nicht genug bekommen.“
    â€žGenau dasselbe hat Ihr Bruder auch gesagt, kurz bevor er mich …“ Sie seufzte und schüttelte den Kopf.
    Daraufhin wurde es hinter ihr ganz still.
    Sie öffnete die Augen und sah wieder auf das Bild. Will rieb sich mit der Hand den Nacken, sein Kiefer war auf jene Weise angespannt, die seine Gefühle ebenso deutlich verriet wie Nells Erröten die ihren.
    Schweigend zog er sich an.
    â€žNun denn.“ Pfarrer Beals – oder Adam, wie er gerne genannt werden wollte – faltete den letzten von Duncans Briefen zusammen, schob ihn zurück in den Umschlag und legte ihn feinsäuberlich auf den Stapel neben seinem Dessertteller. Er hatte sich Apfelkuchen nach Art des Hauses bestellt, der mit Eiscreme serviert wurde. Doch das Eis war längst geschmolzen und um den noch immer unberührten Kuchen herumgeflossen, während der Pfarrer sich durch den Briefwechsel hindurchgearbeitet hatte, den Will ihm nach dem Hauptgang gereicht hatte.
    Nell war entsetzt gewesen, als sie Will die Briefe aus seinem schwarzen Frack hervorholen sah, den er sich für den Abend angezogen hatte. Er hatte ihr nichts davon gesagt, sie mitgenommen zu haben – gewiss hatte er geahnt, wie entrüstet sie darüber gewesen wäre, dass er Beweismaterial vom Tatort entfernte, das eigentlich die Salemer Polizei dort hätte finden sollen.
    â€žBevor Sie die hier lesen“, hatte er zu Adam gesagt, als er ihm die Briefe reichte, „sollten Sie wissen, dass Duncan einer Fehleinschätzung erlegen ist, was Nell und meinen Bruder Harry anbelangt. Seine Vermutung, dass zwischen den beiden eine heimliche Liaison bestünde, ist völlig unbegründet.“
    Adam schaute erst Nell an, dann Will, und hatte sich schließlich an die Lektüre der Briefe gemacht, ohne sich weiter darum zu kümmern, dass Nell derweil Will in eine im Flüsterton geführte Auseinandersetzung verwickelte, ob es denn klug und moralisch gerechtfertigt sei, die Briefe an sich genommen zu haben.
    â€žNicht nur Harry wird in diesen Briefen erwähnt, sondern auch Sie“, hatte er auf ihren Vorwurf erwidert. „Wollen Sie wirklich, dass man annimmt, Sie hätten eine Affäre mit ihm?“
    â€žIch würde einfach erklären, dass dem nicht so ist.“
    â€žUnd wem würde man wohl glauben? Einem Hewitt oder einer irischen Gouvernante?“
    â€žSie haben es doch gar nicht meinetwegen getan“, sagte sie. „Sie wollen Harry schützen, aber der ist es nicht wert.“
    â€žGlauben Sie von mir aus, was Sie wollen, aber ich habe es tatsächlich vor allem Ihretwegen getan. Auch ohne diese Briefe werden die Ermittlungen der Polizei sich bald auf Harry konzentrieren – wie Sie ja bereits so scharfsichtig bemerkten. Die Briefe werden somit keinen großen Unterschied machen, wie er in dieser Sache dasteht – auf Sie hingegen würde ein ganz anderes Licht geworfen.“
    Sie hatte den Kopf geschüttelt. „Mir ist dennoch nicht wohl dabei.“
    â€žMir ist auch gar nicht daran gelegen, dass Ihnen wohl zumute ist. Vielmehr wünschte ich, Sie würden nun freundlicherweise dieses leidige Thema fallen lassen, damit ich in Ruhe meinen Kaffee trinken kann, solange er noch heiß ist …“
    Nachdem Adam auch den letzten der Briefe gelesen hatte, starrte er einen langen Augenblick auf den Stapel neben seinem Teller. „Nun, was soll ich dazu sagen? Duncan … er ist ein ungewöhnlich charismatischer Mensch. Sein Verhältnis zu Virgil Hines, nun ja, das hatte eher mit Heldenverehrung zu tun, als dass es eine wahre Freundschaft gewesen wäre. Virgil hat Botengänge für Duncan gemacht, ihm kleine Gefälligkeiten erwiesen … ihm seine Zigaretten gedreht, ihm beim Abendessen das Brot gereicht und derlei Dinge.“
    â€žFrüher war es mein Bruder Jamie, der Duncan die Zigaretten gedreht hat“, bemerkte Nell. „Das hat

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