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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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liegen lassen, wie wir ihn vorgefunden haben.“
    â€žWohl wahr. Dennoch …“
    â€žWir könnten den Konstablern beschreiben, wie wir die beiden vorfanden. Ich könnte sogar eine Skizze anfertigen.“
    Will lächelte kopfschüttelnd. „Na gut, machen Sie ruhig. Richten Sie sie her.“
    Nell kniete sich neben Bridie und zog ihr Rock und Unterrock über die Beine, strich die steif getrocknete Seide glatt. Es tat ihr in der Seele weh, sich vorzustellen, wie Bridie hier gestern halbnackt im Regen gelegen hatte. Niemand – ganz gleich, welche Sünden er auf sich geladen hatte – verdiente ein solches Ende.
    Sie versuchte, Bridies Jacke zuzuknöpfen, aber ihr Körper war zu sehr aufgedunsen, und die meisten Knöpfe – zu denen jener, den sie am Bach gefunden hatten, natürlich genau passte –, fehlten ohnehin, deshalb war es ein vergebliches Unterfangen. Stattdessen versuchte Nell, die entblößte Brust mit dem langen Seidenschal zu bedecken, den die Tote um den Hals trug, wobei Nell der Gedanke kam, dass Rostrot eine recht seltsam anmutende Farbwahl war, die überhaupt nicht zum Rock und dem Miederjäckchen passte. Sie musste an das Schultertuch und den Hut denken, die in der Küche gehangen hatten und die in genau denselben Grün- und Rosatönen gehalten waren wie Bridies Kleider; der Hut hatte gar wie eine Maßanfertigung ausgesehen. Warum sich die Mühe machen, alles farblich aufeinander abzustimmen, um es dann mit einem rostroten Schal zu verderben?
    Nell breitete den Schal über Bridies Brust und hielt reglos inne, als sie das Monogramm entdeckte, das mit bronzefarben schimmerndem Faden eingestickt war – ein doppeltes, von Weinlaub umkränztes H.
    â€žVerdammt“, hörte sie Will hinter sich flüstern.

14. KAPITEL
    â€žGuten Tag, Dr. Hewitt“, grüßte der korpulente kleine Rezeptionist im Revere House. „Ma’am“, fügte er mit einem Nicken in Nells Richtung hinzu. Wills Aufmachung bedachte er mit einem verstohlenen Blick der Missbilligung, da dessen Kleider auch vier Stunden nach seinem Sturz in den Waldbach noch immer feucht und schlammverschmiert waren.
    â€žKleiner Unfall nach übermäßigem Absinthgenuss“, vertraute Will ihm an. Das sagte er immer, wenn er keine Lust auf langwierige Erklärungen hatte. „Könnte ich bitte meinen Schlüssel haben?“
    â€žNatürlich.“ Der Rezeptionist lächelte ein wenig verunsichert, und während er den Schlüssel aus einer Schublade nahm, grübelte er gewiss darüber nach, dass dieser gut aussehende junge Arzt aus bester Familie, der in seinem Hotel logierte, keineswegs ein typischer Absinthtrinker zu sein schien. Mit einem fragenden Blick auf Nell fügte er hinzu: „Sollen wir nun auch einen Schlüssel für Mrs. Hewitt bereithalten?“
    Nell schaute verdutzt von dem Rezeptionisten zu Will und dann wieder zu dem Rezeptionisten. „Ich …“
    â€žJa, bitte.“ Will legte Nell den Arm um die Taille und führte sie zu der Wendeltreppe im hinteren Teil der Eingangshalle. „Komm jetzt, mein Schatz. Wir wollen doch Pfarrer Beals nicht warten lassen.“
    Auf der Rückfahrt von Salem war Will noch einmal auf Duncans vorzeitige Freilassung zu sprechen gekommen und hatte vorgeschlagen, dass sie umgehend den Mann aufsuchen sollten, dessen Idee das gewesen war. Vielleicht konnten sie ihn ja noch zur Vernunft bringen. Zudem hatten sie jetzt natürlich auch einige Fragen bezüglich Duncans Verhältnis zu Virgil sowie seiner anhaltenden Besessenheit von Nell. Sobald sie wieder in Boston eingetroffen waren, waren sie daher zunächst zur Emmanuel Church in der Newbury Street gefahren, wo Adam Beals seine Pastorenstelle hatte. Nell hatte Pfarrer Beals und Will einander vorgestellt, doch der Geistliche war gerade zu sehr mit seinen kirchlichen Pflichten beschäftigt gewesen, als dass er sich sogleich mit ihnen hätte unterhalten können, und so hatten sie vereinbart, sich zum Abendessen im Revere House zu treffen. Zuvor wollte Will sich natürlich gerne noch umziehen.
    â€žIch kann Sie nicht auf Ihr Zimmer begleiten!“, wandte Nell entrüstet ein, während Will sie den von buntglasigen Wandleuchtern erhellten Gang entlangführte.
    â€žNiemand wird Sie deswegen schief ansehen. Sie haben doch gehört, dass man Sie für meine Frau hält.“
    â€žAch ja?

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