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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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Hält man mich nicht vielmehr für …“
    â€žEine Hure im Schafspelz?“ Will lächelte, als er vor der Tür des Zimmers 2D stehen blieb. „Ist es denn wirklich so wichtig, was man über Sie denkt, solange Sie mit dem nötigen Respekt behandelt werden?“
    â€žWie können Sie das fragen? Natürlich ist es wichtig!“
    Kopfschüttelnd drehte er den Schlüssel im Schloss. „Oh, meine gute, respektable Cornelia – was soll ich nur mit Ihnen machen?“ Er hielt ihr die Tür auf und sagte: „Willkommen in meinem bescheidenen Zuhause.“
    Und bescheiden war es in der Tat – vor allem im Vergleich zu dem seiner Eltern –, denn mehr als ein einziges Zimmer, das zugleich dem Schlafen und Wohnen diente, war es nicht. Doch wenigstens war es geräumig, von Sonnenlicht durchflutet und in geschmackvollen salbeigrünen und tabakbraunen Tönen eingerichtet. Die breite Fensterfront bot zudem einen netten Blick über den Bowdoin Square.
    â€žEs ist doch eigentlich ganz hübsch“, bemerkte sie denn auch und fuhr unwillkürlich zusammen, als er die Tür hinter ihnen schloss. Seit sie für die Hewitts arbeitete, war sie niemals mehr mit einem Mann allein in dessen Schlafgemach gewesen – es stellte wahrlich eine Herausforderung dar, ihr Unbehagen zu verbergen.
    â€žMöchten Sie vor dem Essen noch etwas trinken?“ Will ging zum Schreibtisch in der Ecke hinüber und ließ seinen Schlüssel in eine silberne Schale fallen. Er löste seine Halsbinde und warf sie auf die Polsterbank, die am Fußende des von Vorhängen umgebenen Bettes stand, und legte dann seinen Gehrock und seine Weste ab. „Ich hätte einen trockenen Sherry, der Ihnen vielleicht schmecken würde.“
    â€žNein, danke.“ Verstohlen sah Nell sich um. Dabei entdeckte sie auf einem der Nachttische, die zu beiden Seiten das Bett flankierten, ein kleines bauchiges Fläschchen mit weißem Pulver, eine in ihre Einzelteile zerlegte Injektionsspritze, eine Apothekerwaage, eine Flasche mit einer klaren Flüssigkeit und einem Etikett, dass diese als Alkohol auswies, eine weitere Flasche, die gewiss fertige Morphiumlösung enthielt, sowie eine Rolle Baumwollvlies.
    â€žOder einen Tee?“ Er setzte sich auf die Bank vor dem Bett, zog sich Stiefel und Strümpfe aus und begann, sein Hemd aufzuknöpfen. „Ich kann hier oben zwar keinen zubereiten, aber ich könnte welchen heraufbringen lassen.“
    â€žMmh … nein, ich … ich möchte nichts, danke“, sagte sie, derweil er sein Hemd abstreifte und dann den obersten Knopf seiner Hose öffnete. „Was tun Sie da?“
    â€žMich umziehen“, erwiderte er in einem Ton, der verriet, dass das ja wohl offensichtlich war.
    â€žKönnten Sie das nicht vielleicht …“, sie schaute sich um und fand die Tür zum Bad offen, „… dort im WC machen?“
    â€žAber hier sind meine Kleider.“ Er deutete auf einen Schrank aus schwarzem Walnussholz. „Für eine Krankenschwester stellen Sie sich ziemlich zimperlich an. Zudem ist es nicht das erste Mal, dass Sie mich nackt sehen – wie Sie sich gewiss erinnern.“
    â€žIch war nie eine richtige Krankenschwester, und als Sie …“
    â€žAber Sie haben genug gesehen.“ Er öffnete einen weiteren Knopf.
    â€žHören Sie auf damit! Sie wissen ganz genau, dass ich Sie nur deshalb nackt gesehen habe, weil Sie mich heimtückisch in einen Hinterhalt gelockt hatten.“ Das war im letzten Winter im Schlafgemach der farbigen Schauspielerin Mathilde Cloutier gewesen, die einst Wills Mätresse gewesen war, bevor das Opium ihm derlei sinnliche Ausschweifungen unmöglich gemacht hatte. Er war einzig deshalb in Anwesenheit Nells splitterfasernackt aus dem Bett gestiegen, weil er sie hatte schockieren wollen.
    â€žImmer dann, wenn ich gerade zu dem Schluss gelangt bin, dass Sie keineswegs so konventionell sind, wie Sie ihre Mitmenschen gerne glauben machen wollen“, meinte er betrübt, „beweisen Sie mir das Gegenteil. Drehen Sie sich eben um, wenn Ihre Sittsamkeit so leicht Anstoß nimmt.“
    Flugs wandte Nell sich ab, schaute starr in den Kamin und verschränkte die Arme vor der Brust. „Es scheint Ihnen große Freude zu bereiten, mich in Verlegenheit zu bringen.“
    â€žGewiss können Sie sich denken, warum es mir Freude bereitet.“
    Als

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