Dunkel wie der Tod
sperrig und war von Wills Seite aus kaum von der Stelle zu bewegen. Will stellte sich über ihn, die FüÃe zu beiden Seiten auf zwei einigermaÃen flachen Steinen, doch unweigerlich verlor er das Gleichgewicht â und so stürzte er, drehte sich gerade noch rechtzeitig zur Seite, damit er nicht mitten auf den Toten falle, und landete in dem flachen Bachbett. Als er mit dem rechten Bein voraus zu Boden ging, stöhnte er vor Schmerz.
âWill! Sind Sie in Ordnung?â, rief Nell, als er sich in dem kaum kniehohen Wasser aufsetzte, bis auf die Haut durchnässt.
âJa, alles bestensâ, versicherte er ihr zerknirscht. âIch kann mir nichts Schöneres vorstellen, als mich vor einer schönen Frau zu blamieren. Festigt den Charakter.â
âOh Will, Ihr Arm!â Sein Hemdsärmel war zerrissen und schlammverschmiert, und an einigen Stellen sickerte Blut durch den Stoff und färbte den schneeweiÃen Batist purpurrot. âWarten Sie ⦠ich helfe Ihnen.â Sie raffte ihre Röcke hoch und wollte über ein paar aus dem Wasser ragende Steine zu ihm laufen.
âNein, Nell ⦠nicht! Die Steine sind voller Moos und so rutschig wie Schneematsch. Mir geht es hier wirklich ausgezeichnet.â Sicher auf den Knien kauernd, war es ihm denn auch möglich, den Leichnam herumzuwuchten, sodass er mit dem Gesicht nach oben dort drüben am Ufer lag.
Es handelte sich um einen jungen Mann mit groÃen getrübten Augen, die halb von dunklen Strähnen nassen Haars verborgen wurden. Selbst jetzt, da er so aufgedunsen und von Leichenflecken dunkelrötlich verfärbt war, konnte Nell noch immer erkennen, dass er vor seinem Ableben sehr gut aussehend gewesen sein musste.
âKönnten Sie ihm das Haar aus der Stirn streichen?â, bat sie Will.
Verwundert schaute er zu ihr auf.
âVirgil Hines hatte sich Sterne auf die Stirn tätowieren lassen.â
âAh ⦠dann hat er wohl auf der Kearsage gedient, was?â Unter dem Haar war die Haut blau-rot verfärbt.
âSind das Leichenflecken oder Prellungen?â, fragte Nell.
âMit Sicherheit lässt sich das zum jetzigen Zeitpunkt nur durch eine Autopsie klären.â Will beugte sich über den Toten, um die verfärbte Haut genauer zu betrachten.
âHat er Sterne auf der Stirn? Ich bin zu weit weg, als dass ich etwas sehen könnte.â
Noch bevor er etwas erwiderte, konnte sie die Antwort schon an seiner düster resignierten Miene ablesen. âJa.â Er stand auf, Wasser und Blut tropften an ihm herab, und er knöpfte sich sein Hemd auf, um es auszuwringen. âWenn Sie nun aber glauben, damit wäre bewiesen, dass Harry â¦â
âNatürlich ist das kein Beweisâ, sagte sie, âdoch die Zahl der Verdächtigen hat sich verringert.â Im Grunde gab es nur noch einen â aber warum so deutlich werden, wenn es schlieÃlich offensichtlich war? âKommen Sie jetzt lieber wieder zurück, damit ich mir mal Ihren Arm anschauen kannâ, meinte sie, aber Will hatte sich bereits umgedreht und watete weiter den Bachlauf hinab.
âSieht so aus, als ob Virgil ein paar Fische fangen wollte, um die Johnnykuchen schmackhafter zu machen.â Er deutete auf etwas, das zwischen zwei groÃen Steinen festhing. Nell hielt es zunächst für einen dünnen Ast, doch als sie am Ufer entlang bachabwärts ging, erkannte sie, dass es die untere Hälfte einer mittig entzweigebrochenen Angelrute war.
âUnd was ist das da?â, fragte sie und deutete auf einen Gesteinsbrocken hinter Will. âDa liegt etwas, auf dem Stein dort. Von Ihnen aus ein paar Schritte zurück.â
Will beugte sich über den Stein und entdeckte in der flachen Mulde etwas, das aussah wie ein kleines Pfefferminzbonbon. Er hob es auf und brachte es Nell.
Es war ein kleiner runder, mit rosa Seide überzogener Knopf, von dem ein paar rosa Fäden herabhingen, so als sei er gewaltsam abgerissen worden.
Nell tat den Knopf in ihren Handbeutel und sagte: âEs dürfte die Konstabler in Salem interessieren, wo wir den gefunden haben. Wir sollten jetzt zurück in die Stadt fahren und die Vorfälle melden. Aber warten Sie ⦠lassen Sie mich mal Ihren Arm sehenâ, sagte sie und zog ihre Handschuhe aus. Wills Ãrmel war mittlerweile genauso rot gefärbt wie Virgils Hemd.
âDas ist schon nicht so schlimmâ, meinte Will und setzte
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