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Dunkel

Dunkel

Titel: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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sieht.«
    »Sei nicht so albern. Du hast doch im Fernsehen gesehen, was los ist. Tumulte, Brände — all diese Morde.«
    »Ja, weil jemand hier Nervengas eingesetzt hat, deshalb. Diese verdammten Linken, die waren das, haben's für ihre Freunde von draußen hergebracht.«
    Sheila richtete sich von der Spüle auf und nahm mit feuchten Fingern die Zigarette aus dem Mund. »Was redest du denn da?« sagte sie und sah ihren Mann unwillig an.
    »Jeder weiß doch, daß die Kommunisten dahinterstecken. Das sagen sie zwar nicht in den Nachrichten, aber du brauchst nur mal jemand zu fragen. Demnächst wird's das gleiche in New York geben, oder vielleicht in Washington. Warte nur ab. Dann Paris, dann Rom. Überall. Aber in Rußland passiert das nicht.«
    »Du spinnst ja, Alex. Bringen dich die Typen nebenan auf solche Gedanken?«
    Alex ignorierte die Frage und begann, die Gläser mit den Drinks zu füllen. »Wenn man drüber nachdenkt, macht es Sinn«, sagte er unbeirrt, während er einschenkte.
    Seine Frau verdrehte ihre Augen zur Decke und polierte weiter die Gläser. Aber es war beunruhigend, daß die ganze Stadt unter einer Art Kriegsrecht stand. Das war etwas, mit dem man im Ausland rechnete, aber nicht in England. Nicht in London. Warum sollte man alle Lichter einschalten, als ob man sich im Dunkel fürchten müsse. Das Dunkel: So nannte es jeder, weil es nur zur Nachtzeit geschah. Es hieß, daß die Leute auf der Straße ihren Verstand dadurch verloren, in den Straßen herumliefen, Feuer legten und mordeten. Es ergab keinen Sinn. Sie selbst hatte die Armeelastwagen gesehen, die in den frühen Morgenstunden die Straßen durchsuchten, Menschen aufgriffen, die ziellos herumliefen und sie irgendwohin brachten. Eines Morgens, als sie nicht schlafen konnte, hatte sie sie oben aus dem Fenster beobachtet. Ein armer Kerl hatte einfach nur auf der Straße gelegen, seinen Kopf mit den Händen bedeckt. An seinen Fingern war Blut gewesen, weil er versucht hatte, den Kanaldeckel in der Straßenmitte hochzuziehen, aber er war zu schwer gewesen, oder er hatte nicht richtig zugreifen können. Er sagte kein Wort, als sie ihn auf den Lastwagen banden, und sein Gesicht war totenweiß, weiß wie bei einem Geist, seine Augen schwarz und halb geschlossen. Sie erschauerte. Es war wie in einem dieser alten Horrorfilme, mit Zombies.
    »Wo ist das verdammte Ale?«
    Ihre Aufmerksamkeit wurde abrupt wieder auf ihren Gatten gerichtet. »Fluche nicht in der Bar, Alex, das hab' ich dir schon mal gesagt.«
    Er blickte sie an und sah sich dann im leeren Raum um. »Wie du weißt, ist hier niemand.«
    »Das ist egal. Du mußt dir das abgewöhnen. Es ist nicht nötig.«
    Blöde Kuh, sagte er zu sich. Dann laut: »Wir können nicht alles verbraucht haben. In den letzten Wochen hatten wir nur mittags Betrieb.«
    »Alex, im Keller ist noch reichlich, wenn du dir die Mühe machen würdest, nach unten zu gehen, und es zu holen.«
    Alex Seufzen wurde zu einem Grunzen, als er sich vorbeugte und an den Ringen zog, die in die Falltür hinter der Bar eingelassen waren. Er zog sie auf und begann nach unten in die Schwärze zu steigen. »Ich dachte, wir sollten alle Lichter einschalten«, sagte er.
    »Habe ich ja«, erwiderte seine Frau, die über seine Schulter in das dunkle Rechteck schaute.
    »Aber das hier ist nicht an, verdammt, oder?«
    Sheila ging zu den Lichtschaltern hinüber, die sich neben dem Türeingang zu einem kleinen Hinterzimmer befanden, das sie als Büro benutzten. Ihre Wohnräume befanden sich in der Etage oben. »Sie sind alle an!« rief sie ihrem Mann zu. »Die Birne muß kaputt sein.«
    »Oh, verdammt«, knurrte er.
    »Ich hol' dir eine neue, Alex. Du kannst sie einschrauben.«
    »Toll«, erwiderte Alex matt. Er wollte zur Versammlung zurückkehren; er genoß es, den Jungs zuzuhören, und heute nacht bot sich eine ideale Gelegenheit, bei ihren Diskussionen dabei zu sein, weil keine anderen Gäste da waren. Zum Glück war er nicht an eine Brauerei gebunden, deshalb konnte kein Schnüffler darüber informieren, welche Organisationen er in seinem Pub Versammlungen abhalten ließ. Einer seiner Bekannten, ein Wirt in Shoreditch, hatte aufgeben müssen, als die Brauerei, der der Pub gehörte, erfuhr, daß er seine Hinterzimmer der Nationalen Front zur Verfügung gestellt hatte. Das war das Problem, wenn man Pächter war — man mußte nach der Pfeife eines anderen tanzen. »Komm schon, Sheila«, rief er, »gib her!«
    Sie kehrte mit kaltem

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