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Dunkel

Dunkel

Titel: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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verschlossene Tür. Eine neue Zigarette baumelte von ihren Lippen, und ihre großen Brüste lagen wie Mehlsäcke bequem auf dem hölzernen Tresen. Sie wußte nicht, wie viele solcher Nächte sie noch ertragen konnte. Sich herausputzen, sich entsprechend vorbereiten, um den Spaß oder das Mitleid der Gäste zu ertragen, je nachdem, was für eine Stimmung sie hatten. Zu jedermann nett zu sein, abweisend zu denen, die sich Freiheiten herausnahmen. In gewisser Hinsicht war das wie das Showgeschäft, nur daß solche Nächte kein Geschäft waren. Sicherlich würden sie dieses Gas, oder was es sonst war, bald los sein. Andernfalls würde die ganze Stadt zugrunde gehen. Dennoch sollte sie für das bißchen Abendgeschäft dankbar sein, das sie im Hinterzimmer hatten, sowenig sie die Leute mochte. Nur weil der Raum einen Monat im voraus von ihnen gebucht worden war, hatte sie sich von Alex dazu überreden lassen, sich mit der Versammlung einverstanden zu erklären. Er war einer von ihnen, auch wenn er es nicht zugab. Natürlich mußten sie dafür bezahlen, daß sie den Raum die ganze Nacht benutzten; vor morgen früh konnten sie sie nicht gehen lassen. Sie würden eingesperrt werden, wenn man sie nachts draußen auf der Straße erwischte. Wo war Alex?
    Er ließ sich Zeit. Wer war letzte Nacht im Fernsehen gewesen? Ein Kardinal oder ein Bischof. Hatte gesagt, sie alle müßten beten. Ha, das war zum Schreien! Ausgerechnet den alten Alex konnte sie in die Knie gehen und beten sehen. Wahrscheinlich, wenn ihm jemand eine Pistole an den Kopf hielt. Wofür sollten sie eigentlich beten? Was nützten Gebete gegen Nervengas, wie Alex sagte. Es waren die Wissenschaftler, die beten sollten. Dieser ganze Mist war ihre Schuld. Sollten sie sich doch etwas einfallen lassen. Und keine Gebete.
    »Sheila!«
    Sie schaute sich um. Was war das?
    »Sheila!«
    Sie seufzte und ging zu der offenen Falltür.
    »Was hast du vor, Alex? Wie lange dauert's denn, bis du 'nen Kasten Ale und Babycham hochschickst?«
    Sie spähte in die Schwärze hinab.
    »Hast du die Birne noch nicht eingeschraubt?« fragte sie irritiert.
    »Sheila, komm runter.«
    »Wo bist du, Alex? Ich kann dich nicht sehen.«
    »Komm runter.«
    »Warum? Ich soll da runter kommen? Du spinnst ja, Alex.«
    »Bitte, Sheila.«
    »Bist du scharf, Alex? Ich bin nicht in Stimmung.«
    »Komm schon, Sheila, komm runter. Ich muß dir was
    zeigen.«
    Die Frau des Wirtes kicherte. »Das kannst du mir später zeigen, im Bett.«
    »Nein, komm schon, Sheila, jetzt gleich. Komm runter.«
    Alex Stimme klang seltsam drängend.
    »Es ist gefährlich, Alex. Ich könnte fallen.«
    »Wirst du nicht, Sheila. Ich helfe dir. Komm runter.«
    Oh, mein Gott, sagte Sheila zu sich. Was ich alles aus Liebe tue. »Also gut, Alex«, rief sie hinunter, wobei sie kicherte. »Hoffentlich ist's das auch wert!«
    Sie ließ sich vorsichtig auf die Metallsprossen der Leiter hinab und hielt sich an den hölzernen Seiten fest. Manchmal fragte sie sich, ob Alex noch ganz richtig war, bei dem, was er machte. Aber sie mußte zugeben, daß er einen immer zum Lachen brachte.
    »Alex? Alex! Wo bist du?« Sie war auf der Leiter halb unten und blickte sich um, versuchte, das Dunkel zu durchdringen.
    »Wenn du dich weiter versteckst, klettere ich sofort wieder hoch.«
    »Ich bin doch hier, Sheila, ich warte auf dich.«
    »Was willst du denn?« Sheila fand, daß sie dieses Spiel eigentlich nicht mochte. Der Keller stank - nach verschüttetem Bier und etwas anderem. Nach was? Komischer Geruch. Es war da auch kalt und dunkel. »Ich klettere wieder hoch, Alex. Ehrlich, du bist albern.«
    Sie wartete auf eine Antwort, doch es folgte nur Schweigen.
    Sheila stieg zwei Sprossen tiefer und verharrte dann. »Also gut. Bis hierher und nicht weiter, wenn du nicht herkommst.«
    Alex gab kein Geräusch von sich, aber sie hörte seinen Atem. Plötzlich fühlte sie sich seltsam.
    »Tschüß, Alex.« Sie begann, die Leiter wieder
    hochzuklettern.
    Alex kam aus dem Dunkel, eine schwerfällige Gestalt, die etwas hoch über ihrem Kopf hielt. Sheila drehte gerade noch rechtzeitig ihren Kopf, um den Hammer niedersausen zu sehen, der zum Öffnen der Bierfässer benutzt wurde. Ihr blieb keine Zeit zum Schreien und auch nicht zu überlegen, was in Alex gefahren war.
    Sie fiel zu Boden und lag still da, doch der schwere Holzhammer schmetterte immer wieder auf ihren Kopf.
    Minuten später kletterte Alex durch die Falltür, ein freudiges Lächeln auf seinem Gesicht.

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