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Dunkel

Dunkel

Titel: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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brauchte, um seine Anhänger an der Kandare zuhalten. Der große Mann neigte seinen Kopf wie ein neugieriger Labrador zur Seite, als Bruder John näherkam. Er mochte keine Schwarzen, und besonders Bruder John mochte er nicht. Der Nigger schien immer ein höhnisches Lächeln auf dem Gesicht zu haben, als ob er einen dauernd verspotte.
    »Bruder John beugte sich vor und flüsterte in das Ohr des großen Mannes: »Bruder Martin möchte, daß du nach vorn kommst, Bruder Samuel, und mit den anderen trinkst. Er glaubt, daß sie deine Ermutigung brauchen.«
    Bruder Samuel warf einen ängstlichen Blick auf die schattenhafte Versammlung. Ein tiefes, stöhnendes Geräusch drang aus ihr, und mehrere Frauen jammerten. Er steckte seine Hand in die Jackentasche und schloß seine Finger um die Waffe darin. Bruder Martin hatte ihm gesagt, daß es vielleicht nötig sein würde, einige Anhänger dazu zu überreden, das auszuführen, was von ihnen erwartet wurde. Aber er hatte ihm auch gesagt, daß er damit bis zum Schluß warten solle, nur für den Fall, daß einige nicht durch das Gift getötet wurden oder nur so getan hatten, als ob sie getrunken hätten. Eine Kugel in den Kopf war die Antwort darauf. Warum hatte Bruder Martin seine Meinung geändert?
    »Er sagte mir, ich solle an der Tür bleiben.«
    »Ich weiß, Bruder Samuel«, entgegnete der schwarze Mann geduldig, obwohl er merkte, daß seine Beine schwach wurden. Er konnte Randalls Stimme von vorn hören, die die Leute drängte, sich zu konzentrieren, das Dunkel heranzuziehen. »Er hat seine Meinung geändert. Er braucht dich dort, Bruder.«
    »Wer bewacht die Tür? Wer sorgt dafür, daß niemand hinausgeht?«
    »Niemand geht. Sie wollen Bruder Martin folgen.«
    Ein verschlagener Ausdruck trat auf das Gesicht des großen Mannes. Der Nigger lächelte wie gewöhnlich. Und aus dieser Nähe konnte er sehen, daß er schwitzte. Bruder John hatte Angst. »Warum braucht er mich dann dort oben, wenn sie Bruder Martin folgen wollen?«
    Oh, Scheiße. »Einer oder zwei brauchen Hilfe, Bruder Samuel. Nicht alle sind so stark wie du.«
    »Bist du so stark wie ich, Bruder John? Brauchst du Hilfe?«
    Der farbige Mann versuchte, das Zittern seiner Hände zu verbergen. »Nein, Bruder Samuel. Es sind die anderen. Tu jetzt, was unser Führer sagt, Bruder, und gehe zu ihm. Er wird böse, wenn du es nicht tust.«
    Der große Mann wirkte unsicher. Er schaute zu Bruder Martin, und seine Hand ließ die Waffe in seiner Jackentasche los.
    Bruder John verfluchte sich, weil er nicht früher gegangen war. Er hätte verschwinden sollen, als Randall mit diesem verrückten Selbstmordgerede anfing. Der Massenselbstmord des People's Temple in Guayana vor vielen Jahren hatte ihn fasziniert, und das hatte sich noch weiter verstärkt durch den Gruppenselbstmord, der vor einem Jahr in einem Vorort von London stattgefunden hatte. Während der letzten paar Wochen war es zu einer Besessenheit geworden; es war, als ob er die letzte Wahrheit wirklich erkannt hätte. Oh, Jesus, er hätte aussteigen sollen, als Randall ihm befahl, das Zyankali zu beschaffen. Er konnte einfach nicht glauben, daß der Mann das tatsächlich zu Ende führen wollte. Das war kein Ort, an dem man sein sollte, wenn die Leute sich tölpelhaft ansahen und darauf warteten, wie die Fliegen umzufallen. Sie würden nicht erfreut sein, und Bruder Martin auch nicht.
    »Komm schon, Bruder Samuel, laß ihn nicht warten.«
    Zum Pech für den farbigen Mann hatte Bruder Martin die Menge vor sich gemustert. Bruder Johns Glaube schien in den letzten Tagen etwas erschüttert worden zu sein. Er brauchte Hilfe, vielleicht Nötigung. In letzter Zeit gab er Anlaß zur Sorge, sein Enthusiasmus für Bruder Martin schien zu schwinden. Es wäre vielleicht eine gute Idee, ihn als ersten diesen Nektar des Lebens nach dem Tode kosten zu lassen.
    »Bruder John, ich kann dich nicht sehen? Wo bist du?« dröhnte die Stimme von vorn.
    Der farbige Mann stöhnte innerlich. »Hier, Bruder Martin«, sagte er laut.
    »Komm hierher, Bruder, wo wir dich sehen können. Du hast die Ehre, uns auf dem Weg zu führen.«
    »Ich, äh, ich bin diese Ehre nicht wert, Bruder Martin. Nur du kannst uns führen.« Bruder John leckte seine Lippen und blickte nervös zum Türeingang.
    Bruder Martin lachte. »Wir sind es alle wert! Komm nun, trink zuerst.« Er ging zu einer Schüssel hinüber, tauchte einen weißen Becher in die dunkelrote Flüssigkeit und hielt ihn dann dem schwarzen Mann entgegen.

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