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Dunkel

Dunkel

Titel: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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führte sie; hatte sie wirklich eine Art Intelligenz?
    Jemand trat unten in das Licht und blickte direkt zu ihm hoch; es war eine Frau, und etwas Vertrautes war an ihr. Er griff nach der Brille, zog sie aus seiner Brusttasche und setzte sie auf. Zum ersten Mal wurde der Zorn in dieser Nacht stärker als seine Furcht. Sie war es, die große Frau, die geholfen hatte, seine Frau zu töten. Seine Finger umklammerten das Balkongeländer, und für einen Augenblick wollte er die Treppen hinunterlaufen und sie umbringen. Woher hatte sie gewußt, wo sie zu finden waren? War es das gewesen, was Pryszlak gewollt hatte — sie in einem Bereich der Dunkelheit in eine Falle locken, aus der es kein Entkommen gab? Und warum? War es nur Rache an einem Mann, der sich vor so vielen Jahren geweigert hatte, ihm zu helfen? Oder war Jakob Kulek eine Gefahr? Die Fragen durchströmten ihn, aber sie blieben Fragen, weil er keine Antworten wußte.
    »Da kommt jemand!«
    Die Stimme des Polizisten brachte Bishop wieder in die Wirklichkeit zurück.
    »Würden sie bitte die Tür öffnen?« sagte Simpson, diesmal ohne den autoritären Klang in seiner Stimme. »Sie haben nichts zu befürchten. Ich wollte nur Ihr Telefon benutzen, wenn Sie eines haben. Sehen Sie, ich stecke meinen Ausweis durch den Brief schlitz, dann können Sie ihn sich im Licht genau ansehen.«
    Er hob den Briefkastendeckel und schob seine Brieftasche durch. »Okay. Werfen Sie bitte einen Blick darauf und lassen Sie mich dann herein. Wir haben einen verletzten Mann hier und dürfen keine Zeit vergeuden.«
    Bishop konnte nur eine vage Gestalt durch das Fenster neben dem Korridor des Apartments sehen, in einem Raum, der wahrscheinlich die Küche war.
    Simpson schaute zu Bishop hinüber und sagte: »Ich glaube, wir haben diesmal Glück.«
    Drinnen gab es Geräusche, ein Riegel wurde zurückgezogen, dann eine Türkette gelöst. Schließlich drehte sich der Schlüssel, und die Tür öffnete sich einen Spalt. Bishop meinte, ein Gesicht zu sehen, aber es verschwand, als der Polizist näher herantrat.
    »Hallo?« sagte Simpson. »Haben Sie keine Angst, niemand wird Ihnen etwas tun.« Er griff zur Tür und stieß sie sanft an. Sie öffnete sich ein wenig weiter, und er steckte seinen Kopf in den Spalt. »Haben Sie ein Telefon?« hörte Bishop ihn fragen.
    Der Polizist stieß die Tür ganz auf und trat in die Schwärze des Korridors. Für einen Augenblick sah Bishop ihn nicht — dann erschien er wieder und wich aus dem Türeingang zurück. Er drehte sich langsam um, und seine Augen blickten Bishop bittend an, der jetzt den Griff des Messers sah, das in seiner Brust steckte. Simpson sank am Türpfosten zu Boden, ein Bein knickte unter ihm weg und das andere streckte sich. Sein Kopf neigte sich langsam tiefer und Bishop wußte, daß er tot war.
    Der Schock hatte Bishops Reaktionen gelähmt, denn die Gestalt kam aus der Schwärze geschossen, bevor er nach der Pistole in seiner Jackentasche greifen konnte. Er nahm automatisch die Hände hoch, um die dünnen, krallenden Hände abzuwehren. Die Brille, die er gerade aufgesetzt hatte, wurde fortgeschlagen. Ihre Gläser hatten verhindert, daß seine Augen von scharfen Nägeln ausgekratzt wurden. Die Kreatur, mit der er kämpfte, zischte und spuckte ihn an, und er erkannte, daß es eine alte Frau war. Ihre Handgelenke waren dünn, und obwohl sie nur die schwache Kraft einer Alten hatte, kämpfte sie mit erschreckender Intensität. Sie stieß ihn zurück, so daß seine Schultern über dem Balkon hingen, und ihre gekrümmten Finger schlössen und öffneten sich wie die Krallen einer Katze. Es war Jessica, die den Kampf beendete, indem sie hinter die alte Frau trat, ihren hageren Hals mit beiden Armen umfaßte und sie von Bishop wegzog. Er spürte kein Bedauern, als er seine Faust ballte und der tobenden Frau wuchtig gegen den Kiefer schlug; für ihn war sie kein menschliches Wesen mehr, sondern nur eine Hülle, ein Wirtskörper für eine Energie, die das reine Böse war. Sie stieß einen grellen Schrei aus, wankte aus Jessicas Griff und stürzte rücklings über Simpsons ausgestrecktes Bein in ihren Korridor. Ihr Kopf krachte drinnen gegen die Wand, und sie fiel wie ein Bündel alter Lumpen zusammen.
    Bishop mußte Jessica von der leblosen Gestalt des Polizisten wegziehen, sie stöhnte leise, als sie sich an ihn lehnte.
    »Wie viele noch, Chris? Wie viele wird es noch töten?«
    Er fürchtete sich, zu antworten, denn die Antwort hing davon ab, wieviel

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