Dunkelerde: Gesamtausgabe
hatte sich hier und da aufgetürmt und ganze Gebäude unter sich begraben. Überragt wurde das alles von einer gewaltigen Pyramide, ein Bauwerk für die Ewigkeit gemacht. Und doch war auch diese Pyramide bereits dabei, langsam zu zerfallen und wieder zu dem zu werden, was sie einst gewesen war: Staub.
Die Ruinen der ehemaligen Stadt Scharon-Mesch waren eine Art Labyrinth, in dem man schnell die Orientierung verlieren konnte.
Barasch-Dorms Schritte wurden immer schneller. Er wirkte immer hektischer und unruhiger.
Koschna bemerkte die Schweißperlen sehr wohl, die sich auf seiner Stirn gebildet hatten. Die Kapuze hatte er inzwischen zurückgeschlagen und es wurde bald offenkundig, dass der Magier sich keineswegs so sicher war, was den Weg betraf, den sie zu gehen hatten.
„Wenn du mich fragst, dann stimmt hier irgendetwas nicht”, meinte Palosch Übergroß, an den Kapitän gewandt. „Entweder will dieser verfluchte Magier uns alle übers Ohr hauen oder er hat keine Ahnung, wo wir sind...”
„...und wo wir hin müssen”, vollendete Schauron Axtmann. „Bei Pruschkar, er irrt hier umher, als ob er genauso wenig Bescheid weiß wie wir.”
Pet und Jule standen dabei und Pet raunte seiner Freundin zu: „Was meinst du, soll ich mich einmischen?”
„Bloß nicht”, warnte ihn Jule. „Lassen wir den Magier lieber noch zappeln. Dann haben die anschließend auch weniger Respekt vor ihm, wenn sie sehen, dass er keineswegs so mächtig ist, wie er gern tut.” Sie kicherte leise genug, dass es niemand hören konnte außer Pet.
„Ich finde es nicht richtig, vor allem, weil mir schon die Füße weh tun.”
„Wir bewegen uns im Kreis und spüren beide, wo das mögliche Ziel liegt, aber können wir wirklich völlig sicher sein?”, gab Jule zu bedenken. „Was, wenn wir uns sogar irren? Sollen wir denn dafür die Verantwortung übernehmen? Besser, wenn der Magier sich blamiert anstatt wir!”
Pet schürzte nachdenklich die Lippen: Die Argumente seiner Freundin hatten einiges für sich. Also beschloss auch er, vorerst weiterhin äußerst zurückhaltend zu bleiben. Sollten doch die sogenannten Erwachsenen sich bemühen. Sie beide waren ja bloß die Grünschnäbel...
Ein flüchtiges Grinsen gönnte er sich noch bei diesem Gedanken, aber damit war dann auch genug.
Die Suche gestaltete sich für den Magier unterdessen in der Tat schwieriger als erwartet. Der Morgen dämmerte herauf. Die ersten Sonnenstrahlen krochen über den Horizont und in der Morgenkühle zogen vom Fluss her Dunstwolken die Uferböschung herauf, krochen wie formlose Ungeheuer auf das Land. Sobald die Sonne richtig aufgestiegen war, würden ihre Strahlen diese Nebelschwaden vermutlich sehr schnell vertreiben. Aber bis dahin machten sie es nicht gerade leichter, die SEEWOLF am Ufer des Üruschil wieder zu finden.
Wieder und wieder nahm der Magier die Rolle der geheimen Worte hervor, murmelte für alle außer für Jule und Pet eigenartige Laute vor sich hin, die vorgeblich in irgendeiner Beziehung zu den aufgemalten Zeichen standen und eine Art Text ergaben. Wie hatte er es genannt: Schaltwörter?
Es war inzwischen hell genug, um ohne eine Fackel oder irgendeine andere Lichtquelle lesen zu können.
„Nun, Barasch-Dorm?”, fragte Koschna. „Du wirkst ziemlich ratlos.”
„Ich werde den Ort schon noch finden”, knurrte Barasch-Dorm.
„Vielleicht kann ich dir helfen?”
Barasch-Dorm sah den Kapitän der SEEWOLF überrascht an, dann lachte er heiser auf. „Du bestimmt nicht, du ungebildeter Barbar!”
„Und die beiden Grünschnäbel? Niemand hat sie bisher gefragt.”
„Wir halten uns da raus: Der Magier ist am Zuge - der Mächtigste der Mächtigen mithin, die Allwissenheit in Person!”, meldete sich Jule prompt zu Wort.
Der Magier hörte es und giftete sie an. „Fühle dich bloß nicht so sicher, freches Gör! Du wirst für diese Abfälligkeiten noch bitter bezahlen müssen.”
„Vorerst jedoch wäre es sinnvoller, endlich den richtigen Weg zu finden, nicht wahr?”, zog Pet ihn auch noch zusätzlich auf.
Sie grinsten ihn beide an.
Koschna regte sich auf: „Wisst ihr denn mehr als er?”
„Nein!”, log Pet und kniff demonstrativ die Lippen zusammen, ganz fest, dass sein Mund nur noch einen dünnen Strich bildete.
Der Magier zügelte seinen Zorn, obwohl es ihm offensichtlich sehr schwer fiel und konzentrierte sich mal wieder auf die Schriftrolle.
Koschna betrachtete die beiden Jugendlichen und schien zu überlegen, aber dann
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