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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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mit sich genommen hatte, auch wenn er so aussah.
    Seine Augen mit den länglichen Pupillen funkelten, als scheine die Weiße Sonne durch grünes Laub, sein Haar war, bis auf wenige, mit grünen, goldenen und silbernen Fäden umwickelte Strähnen über dem linken Ohr, kurz wie zerrupftes Rabengefieder.
    Schweiß lief ihm die Schläfe hinab, doch langsam fasste er sich wieder.
    Es war der Zwilling des Königs, der, von dem man sagte, in ihm sei die Gabe des Lebens so stark wie einst in Vanar selbst.
    »Rührt mich und meine Seele nie wieder an, Telarion Norandar«, murmelte sie.
    Erst jetzt spürten ihre Finger wieder etwas Langes, Dünnes, das mit einer klebrigen Flüssigkeit verschmiert war. Dann packten kalte Finger nach ihr, umklammerten ihr Handgelenk und verdrehten es so rücksichtslos, dass sie aufschrie und den Dolch fallen ließ.
    Klirrend fiel er zu Boden.
    »Es misslang Euch, Mendari«, stieß der Fürst hervor. »Die Klinge drang kaum durch meine Haut. Ich konnte ihre Magie abwehren.«
    Sanara war so schwach, dass sie sich kaum aufrecht halten konnte. Auf ihrem Bauch kitzelte es. Sie sah an sich herab und erkannte, dass sie immer noch blutete. Die Magie des qasarags hatte die Heilkraft des Fürsten gemindert, und so hatte er sie nur ins Leben zurückbefehlen, nicht aber die Wunde völlig schließen können.
    Im nächsten Moment waren ihre Augen wieder blind vor Tränen bei dem Gedanken, wie schlecht ihr geliebter Bruder nun von ihr denken musste. Sie hatte sich selbst nicht töten, geschweige denn einen der Norandar-Brüder verletzen können.
    Er nahm den Dolch und schlug ihn in ein Tuch ein, sodass er ihn nicht mehr direkt berühren musste. Sein Gesicht verzog sich erneut vor Schmerz.
    »Woher habt Ihr diesen qasarag? «, verlangte er zu wissen.
    »»Er ist ein Geschenk!«, hauchte sie und versuchte, sich wieder aufrecht hinzusetzen. Sie würde vor diesem Elb keine Schwäche zeigen.
    »Ein Geschenk!«, rief er. Dann steckte er das Bündel hinter die Schärpe, die er um die Hüfte trug, wobei er sorgfältig darauf achtete, das möglichst weit entfernt von der Wunde zu tun, die sie ihm zugefügt hatte.
    Als er sie wieder ansah, war sein Blick so voller Verachtung, dass Sanara die Hände zu Fäusten ballen musste, um weiterhin zu ihm aufzusehen.
    »Ein Geschenk, um Euch dem Dienst bei meinem Bruder und mir zu entziehen! Und um mich zu töten!«, presste er hervor. »Um Euch dem Dienst zu entziehen, der die Verbrechen Eures Volks – Eures Hauses, Mendari Amadian!   – wenigstens geringfügig wieder gutgemacht hätte! Aber ich hätte wissen müssen, dass kein Dunkelmagier genug Ehre im Leib hat, um das Leid zu sühnen, das seine Kraft über mein Volk brachte!«
    Sanara spürte, wie Wut in ihr aufstieg und ihr Kraft gab. Wut, die sich nicht um das Sklavenband scherte, nicht um den Geist, den sie immer noch im Hintergrund wusste, und nicht um den kalten Hass, den der Bruder Tarinds ihr entgegenbrachte.
    »Die Verbrechen meines Hauses an Eurem Volk, Fürst Norandar?!«
    Sie sah nicht, dass er vortrat, spürte nur, wie eisige, lange Finger ihr Gesicht packten und sie zwangen, ihn anzublicken.
    »O ja. Es war Euer Vater, der den meinen tötete. Und nun wolltet Ihr es ihm gleichtun und mich töten! Wollt Ihr das leugnen? Nennt mir einen Grund, warum ich Eure Lebensflamme nicht auf der Stelle zum Verlöschen bringen sollte!«
    Sanara schnaubte und versuchte vergeblich, sich loszureißen. »Ich weiß, dass man sich das unter den Elben erzählt, doch so war es nicht!«
    Sie spürte seinen maßlosen Zorn, als er die Finger tiefer in ihren Hals grub. »Ich bin ein Heiler, ich habe die Gabe des Lebens von meinem Vater geerbt und war deshalb mit ihm verbunden, wusstet Ihr das, Mendari? Seine Seele verbrannte in dunklem Feuer, wie es nur die Herren des Todes zu entfachen verstehen! Ich habe jede Sekunde seines Endes miterleben müssen, ohne ihm helfen zu können. Und Ihr leugnet das?«
    Er stieß sie zurück und ließ sie los, um sich, voller Abscheu, die Finger an der Hose abzuwischen.
    »Wie hätte mein Vater das tun können, wenn er Tausende Meilen entfernt war?«, gab Sanara mit hoch erhobenem Kopf zurück. »Dennoch kam Euer Bruder und richtete meine ganze Familie, enthauptete den Ältesten des Klosters, schlachtete die Priester ab und löschte in meinem Vater   – einem freien Mann!   – alle Magie, bevor er ihn mit sich fortnahm!«
    »Wenn mein Bruder auch nur die Hälfte von dem empfand, was ich nun für Euch

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