Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
Vom Netzwerk:
nicht verlor.
    Ihr Bruder, der sie nun für eine Verräterin hielt.
    Sie hatte sich so lange danach gesehnt, wieder in sein Gesicht zu schauen, das Gesicht, das ihr so ähnlich war und das ihr immer ein Fels in der Brandung des Lebens gewesen war.
    Du kanntest diesen Mann. Diesen Schmied, in dem ein Vulkan brodelt.
    Sanara fuhr herum und sah dem Geist ins Gesicht, der gerade aus den Schatten der Wandnische, in der er sich vor Sinan und dem Vogt versteckt hatte, wieder neben das Bett glitt.
    Sie sprang angewidert aus dem Bett, als die nebelhafte Gestalt eine Hand nach ihr ausstreckte. »Verschwinde! Du hast kein Recht, mich zu belauschen!«
    Du vergisst, dass du nicht mehr dir gehörst, Dunkelmagierin. Deine Essenz, deine Magie und dein Wille gehören Tarind Norandar. Du trägst sein Sklavenband. Nichts gehört mehr dir, nicht einmal deine Gedanken.
    Bei den Worten des Nebelwesens rann Sanara ein Schauder über den Rücken. Die Kälte des Sklavenbandes schmerzte auf der nackten Haut.
    »Lass mich in Ruhe«, murmelte sie erschöpft und wandte sich ab.
    Dieser Schmied, er glaubte, dass nur Tod den Verrat sühnen kann. Glaubst du das auch? Glaubst du, dass der Tod dich freikau f en könnte? Dich und den Namen, den dein Vater trug? Das wird nicht geschehen. Ich werde nicht zulassen, dass du stirbst.
    »Geh fort«, stieß Sanara hervor. »Nie hätte Siwanon die Menschen verraten, niemals hätte er das getan! Und ich gehöre niemandem.«
    Du warst vertraut mit diesem Schmied. Kanntest du ihn?
    Sanara wandte sich von dem Geist ab und ging zum Fenster. Sie wusste, er würde im Schatten bleiben. Ihre Finger wickelten vorsichtig den Gegenstand aus, den Sinan ihr überlassen hatte.
    Wenig später hielt sie einen Dolch in der Hand. Einen Dolch von atemberaubender Schönheit – die Klinge aus Bleiglas und das Stichblatt aus Nachtfeuer. Als ihre Fingerspitze über die Schneide glitt, schmerzte es. Die Waffe war extrem scharf geschliffen.
    Eine Idee nahm Gestalt in ihr an: Nur der Tod sühnte Verrat.
    Sie wandte sich um und warf der nebelhaften Gestalt, die hinter dem Bett aufragte und sie lauernd ansah, einen verächtlichen Blick zu.
    »Ich weiß, wer du bist. Du kannst nur der Zwilling des Königs sein, der die Gabe des Lebens besitzt. Nur ein Elb mit solcher Gabe könnte seiner Seele in dieser Welt ein Bild verleihen.«
    Der Geist schwieg eine Sekunde, dann lachte er laut auf. Weshalb glaubst du das?
    »Haare, die dunkel sind wie die Nacht«, erwiderte Sanara und straffte sich. »Deine Größe. Man kann deine Züge nicht erkennen, doch sie ähneln denen des Königs, auch wenn ihr Elben für uns Menschen alle irgendwie ähnlich ausseht.«
    Ihre Finger umklammerten den qasarag, doch noch verbarg sie ihn in den Falten ihres Rocks. Sinan hatte recht. Es gab nur einen Weg, wie sie würde beweisen können, dass sie keine Verräterin war, weder am Haus des Siwanon, noch an ihrem eigenen Volk. Und wie sie die verhassten Brüder Norandar daran hindern konnte, ihre Magie zu missbrauchen.
    Doch um zu tun, was richtig war, musste sie den Geist, der Tag und Nacht bei ihr war, ablenken. Also sprach sie weiter. »Danndie düsteren Lebensfunken in deinen Augen, die beinahe violett sind. Du bedienst dich sicher der Macht des Syth, weshalb sie auch nicht der Magie entsprechen, die du in dir trägst. Die Schwäche, die dir nicht gestattet, die Form zu wahren. Du bist kein menschlicher Seelenmagier! Ich weiß nicht, welche böse Zauberei es Euch ermöglicht, Fürst, mich heimzusuchen, aber Ihr werdet mich nicht mehr länger quälen.«
    Sie hob den qasarag .
    Nein! Der Geist riss die Augen auf, wollte aus den Schatten auf sie zustürzen, doch er konnte das Dunkel nicht verlassen, er war zu schwach. Leg den Dolch weg, Dunkelmagierin!
    Sie hob den Kopf und warf dem Geist einen störrischen Blick zu.
    Das darfst du nicht, Seelenherrin!
    Sanara setzte die Spitze der Klinge auf ihre Brust und suchte eine Stelle, um durch die Rippen zu stoßen. Die Klinge war schön, und für einen Augenblick bedauerte Sanara, dass sie keine Zeit mehr haben würde, Sinans Geschenk genau zu betrachten und sich daran zu freuen. Doch er hatte recht. Nur der Tod konnte die Ehre wiederherstellen, die ihr und ihrem Bruder genommen worden war. Sie hatte einen eigenen Willen, und es gab nur eine Möglichkeit, ihn durchzusetzen.
    Nein! Ich verbiete es!, schrie der Geist und zerrte vergeblich an den Fesseln, die die Dunkelheit ihm auferlegte.
    NEIN! Neeeeiiin!
    Der Schrei der

Weitere Kostenlose Bücher