Dunkelmond
Herrschaft über die Schöpfung abzugeben, um sich ganz ihrer Liebe zu widmen, sodass sie nicht mehr miteinander zu kämpfen hätten. Noch einmal setzten die Schöpfergeister ihre Kraft ein, und Ys gebar aus dem Samen des Syth Zwillinge. Doch sie betraten die Welt nacheinander, Vanar, der Strahlende, Vater der Elben, war der Erste, Akusu, der Dunkle, Schöpfer des Menschengeschlechts, der Zweite. Doch waren beide Kinder der Schöpfergeister Ys und Syth und wurden von beiden gleich geliebt.«
Von den Gaben der Kinder Vanars
Zweite Rolle der Schriften des Klosters der Weisen Zwölf
D er Körper unter ihm regte sich.
Das junge Mädchen, eine Marketenderin, die sein Sklavenband trug, schrie erstickt auf. Ihr Körper war von einem kalten Schweißfilm bedeckt, ihm fehlte die Wärme, die ihm noch wenige Minuten zuvor innegewohnt hatte.
Doch Tarind löste seine Fingerspitzen noch nicht von ihrer Stirn und Kehle. Sie besaß immer noch Feuermagie. Noch einmal schloss er die Augen, fühlte ihren Leib unter sich und griff dann tief in die nur noch schwach flackernde Flamme ihrer Seele, die einen Kern von erdigem Rot hatte. Entzückt sah er zu, wie das Feuer im goldenen Regen, der in seinen Seelenteich fiel, aufloderte und sich in den Tropfen widerspiegelte. Das Wasser des Sees schien klarer zu werden und von innen heraus zu leuchten. Erregt rauschte das Wasser über die Flammen hinweg und sog sie in sich auf.
Es war die reine Kraft des Feuers, die sich nun in ihm ausbreitete. Er legte den Kopf in den Nacken und genoss die Hitze, die ihn wie neues Leben durchströmte.
Schick sie fort.
Eine Stimme erklang aus unendlicher Ferne in seinem Ohr, als wispere sie direkt hinein. Sie zerrte am Rand seines Bewusstseins und verlangte seine Aufmerksamkeit. Widerstrebend wandte er sicj von dem jetzt glasklaren, tiefen Teich seiner Seele ab und zog sich zurück.
Gleichzeitig lösten sich seine Hände vom abgekühlten Leib seiner Bettgenossin. Die junge Frau befreite sich aus seinem engen Griff, blieb aber schwer atmend unter dem dünnen Laken seines Lagers liegen. Sie hatte die Augen geschlossen, Tränenspuren auf dem Gesicht.
»Geh«, sagte er. Es war ein Befehl, dem sie augenblicklich gehorchte, doch sie bewegte sich nicht schnell genug. Ungeduldig wies er auf den hinteren Ausgang seines ethandin . »Dort. Ich will nicht, dass du gesehen wirst.«
Tarind stand auf und griff nach der Hose, die neben seinem Schlaflager lag.
Mühsam stand die junge Frau auf und zog sich die schlichte Bluse und einen Rock an, doch Tarind achtete nicht mehr auf sie. Er streifte ebenfalls eine leichte Tunika über und schob den Wandschirm beiseite.
Auf den ersten Blick war der Innenraum des ethandin leer. Es war noch dunkel, doch schon bald würde über den nahen Gipfeln der südlichen Loranonberge die Weiße Sonne aufgehen. Der Ausgang seines ethandin wies nach Osten, schon jetzt erhellten die Strahlen des noch verborgenen Gestirns die ewigen Schneefelder auf den wenigen Gipfeln des Loranon, die hoch genug waren, um auch im Sommer Schnee zu tragen.
Seit über einem Zehntag war sein Heer nun nach Süden unterwegs. Er hatte mit Zwischenfällen gerechnet, damit, dass Erdstöße oder Steinschläge sie aufhielten oder die Fluten des Lithon die befestigte Brücke fortrissen.
Doch bisher war nichts geschehen. Es war, als wisse der Zaranth nicht, dass der König der Elben zu einem Feldzug aufgebrochen war, an dessen Ende die Vernichtung seines Volkes und die Eroberung seines Reichs stehen sollten.
Kurz ging dem König durch den Kopf, dass der Zaranth sich fürchten könne. Immerhin befand sich die Tochter des Hauses Amadian in Tarinds Gewalt. Der König der Elben war sicher, dass sie die Einzige war, die einen so mächtigen Feuermagier wie Saif aus dem Hause Jatamar besiegen konnte. Und es würde nicht mehr lange dauern, bis sein Bruder sie unterworfen hatte.
Tarinds Blick fiel auf die schlanke Gestalt, die auf einem Sessel Platz genommen hatte. Sie hob sich im düsteren Licht der silbernen und goldenen Laternen nur schwer von der Umgebung ab. Dunkles Haar beschrieb einen Bogen um ihr Gesicht, sodass er es nicht sehen konnte.
Die Besucherin schaute ihn nicht an. Erst, als er einen weiteren Sessel nahm und ihr gegenüber aufstellte, hob sie den Kopf. Er setzte sich hinein und streckte seine Beine lang aus.
»Meine Königin«, sagte Tarind und nickte ihr zu. »Sie ist fort, wie Ihr wünschtet.«
Ireti verzog keine Miene. »Ich komme zu Euch, mein Gemahl,
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