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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Bruder?«
    Der König war aufgestanden. Es war still geworden. Die Generäle, die der König zum Abendmahl geladen hatte, unterbrachen die Gespräche. Die Königin, die neben Tarind saß, sah Telarion mit großen, zornigen Augen an, doch sie schwieg.
    Telarion musste sich räuspern, bevor er mit fester Stimme wiederholte, was Gomaran ihm gesagt hatte. »Die Tochter des Siwanon Amadian ist verschwunden, mein König.«
    Die Gäste begannen, durcheinander zu sprechen. Jeder von ihnen wusste, dass die Tochter des höchsten der Menschen eine Waffe war, auf die Tarind gesetzt hatte. Die meisten Feuermagier, die auf der Seite des Königs kämpften, waren zu schwach, um in der Wüste von wirklichem Vorteil zu sein. Und die Tochter des Siwanon war nach allem, was man gehört hatte, zudem noch eine Seelenherrin. Sie würde das Feuer direkt in das Herz des Zaranthen tragen können, wenn man ihre Magie nur gründlich genug unterwarf.
    Und nun war sie fort?
    Telarion klatschte ungeduldig in die Hände und bedeutete seinen Generälen zu schweigen. Er wartete nicht ab, dass man seinem Befehl Folge leistete, sondern wandte sich wieder an Gomaran.
    »Wie konnte sie entkommen?«
    Gomaran sah unruhig in die Runde, dann zu seinem Ziehbruder. »Mein Fürst, ich kann es Euch nicht sagen. Sie kam nicht an mir vorbei, auch nicht an den Soldaten, die hinter dem Zelt Wache hielten. Und doch fand ich soeben nur ihre Fesseln an dem Pfahl, an den wir sie gebunden hatten.«
    Telarion ballte die Hände zu Fäusten. Die Gefangene hatte sich in seiner Obhut befunden, als sie entkommen war. Er rief sich die letzte Sitzung mit ihr ins Gedächtnis. Wieder hatte er damit Erfolg gehabt, das Netz um ihre Magie herum dichter zu weben. Es war nun eng genug gewesen, und zufrieden hatte er sich für einen Augenblick dem Gefühl hingegeben, ihr dunkles Feuer bald unter seiner Kontrolle zu haben.
    Doch dieser Moment des Triumphes war auch eine Niederlage gewesen. Seine Konzentration hatte in seiner Genugtuung nachgelassen und für einen Augenblick hatte er sie wieder so gesehen wie damals in der Folterkammer des Verlieses in Bathkor, als Inbegriff der Anmut. Ihr Feuer war Leben und brachte Freude, undso war Freude darüber, etwas so Kostbares berühren zu dürfen, in ihm aufgestiegen.
    Er hatte sie kaum loslassen können, bis Gomaran ihn zu seinem Bruder rief. Er fühlte Trauer bei dem Gedanken, dass sich diese Schönheit nun von ihm entfernte. Dann wurde die Trauer zu Zorn. Zorn, dass sie ihn wieder betrogen hatte, Zorn, dass sie sich erneut gegen ihn gewandt und seiner Magie, die sonst so unfehlbar war, entzogen hatte.
    Und nun legte Gomaran Telarion die goldenen Bänder in die Hand. Sie waren glatt durchgeschnitten, nicht zerrissen oder verbrannt. Man hatte ihr also geholfen. Kurz tastete der Heermeister an seiner Schärpe entlang und stellte erleichtert fest, dass der qasarag noch dort war. Sie hatte ihn also nicht gestohlen.
    »Ich bin sicher, dich trifft keine Schuld«, sagte Telarion zu seinem Hauptmann. »Geh zurück in mein ethandin und untersuche den Boden genau. Und dann geh diesen Schmied holen, der mein daikon machen sollte. Er sagte, dass er die Erde nicht beherrscht, aber was, wenn doch? Vielleicht hat er ihr bei der Flucht geholfen und wir haben dem Falschen vertraut.«
    Gomaran sah ihn an und nickte. »Ich werde tun, was Ihr sagt, mein Fürst.« Er wandte sich um und ging.
    Telarion holte Luft und wandte sich den anderen zu. Es war immer noch still. Sein Bruder betrachtete ihn nachdenklich über die Köpfe der Anwesenden hinweg. Iretis Miene war nicht zu deuten.
    »Nun, Bruder?«, fragte der König erneut.
    »Die Tochter des Siwanon konnte fliehen«, erwiderte Telarion, so ruhig er konnte.
    In Wahrheit brauchte er alle Kraft, um sich zu beherrschen. Das Feuer, das sie in ihm hinterlassen hatte, loderte auf, und er musste erneut die Fingernägel in die Handflächen graben, um nicht den Tisch umzuwerfen.
    »Hast du sie nicht gefesselt?«, fragte Tarind scharf. »Aber wahrscheinlich warst du wieder zu freundlich. Du lässt deinen Sklaven an einer zu langen Leine, Bruder!«
    »Ich bin mir dessen bewusst«, gab Telarion zurück. Sein Bruder hatte einen Ton angeschlagen, der ihm zutiefst missfiel. »Und natürlich fesselte ich sie. Mehrfach, wie Ihr seht, Bruder!« Er hob die losen Bänder, die Gomaran ihm gegeben hatte.
    »Sie sind zerschnitten! Wie könnte das jemand tun, der die Goldmagie nicht beherrscht?«, hörte Telarion jetzt Iram fragen.
    Er

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