Dunkelmond
hier suchen.«
Sanara folgte ihm schweigend und fand auch weiterhin kein Bedauern darüber, dass sie zwei Elben getötet hatte, die Ronan nach dem Leben trachteten.
Sinan hielt den Atem an, als er hinter Mojisola über den Kamm der Berge trat, die die Savannen von der eigentlichen Wüste trennten und so eine natürliche Grenze zwischen den Reichen des Fürsten von Dabazar und dem Zaranthen bildeten.
Vor ihm erstreckten sich, so weit das Auge reichte, gelbliche Sanddünen. Er war noch weit oben in den Bergen, doch die Strukturen der Dünen, die Staubwolken, die der Wind immer wieder hochwehte, erinnerten ihn an das Saphirmeer, dss er von seinem Zimmerfenster im Herrenhaus von Guzarat hatte sehen können. Die Dünen waren wie Wellen, der Staub, der darüber wehte, die Gischt. Nur die Farbe war anders; das Saphirmeer hatte die tiefblaue Farbe von Indigo, während diese Wüste von einem satten Goldgelb war, das die Weiße und vor allem die Rote Sonne rosig und silbrig färbten.
Die Wüste von Solife war wahrhaftig das Land des Feuers, für das die Elben es hielten.
Als Sinan Mojisola weiter folgte, begann er zu erkennen, dass auch die Wüste keine Ödnis war. Zwischen den Sanddünen, die sich immer weiter fort bewegten und nie stillstanden, waren, je tiefer sie in die Ebene abstiegen, dunkelgrüne Flecken – Oasen, in denen die Itayabäume hoch aufwuchsen und in denen es Wasser gab. Dazwischen gab es ausgetrocknete Flusstäler, Felsen, die aussahen wie Bauklötze eines Riesen, und manchmal sogar Dornengras, von dem Sinan wusste, dass es den Unguli als Nahrung dienen konnte. So mussten die Händler, die Solife durchquerten, das Futter für die Tiere, die ihnen sowohl als Reit- oder Lastenträger als auch zur Verpflegung dienten, nicht auf ihre Reisen mitnehmen.
Weit im Südosten schimmerte gar eine weißliche Stelle, als sei dort ein Meer. Der Anblick erinnerte Sinan an den Eisblock, in dem der Heermeister die Bewohner des Dorfes Deri eingefroren hatte. Doch dann erinnerte er sich wieder an Mojisolas Erzählungen. Es war der Salzsee von Vanion. Dahinter lag, in flirrendem Dunst kaum erkennbar, ein weiteres Gebirge, die Kantarberge.Sie waren das erste Ziel der beiden Schmiede. Mitten in den Bergen von Kantar befand sich das Heiligtum der Tiefe, die weiten, bunten Tropfsteinhöhlen, die dem Schöpfergeist des Chaos und der Veränderung einst als Wohnstatt gedient hatten, als er noch in der Welt gelebt hatte. Der Sage nach waren sie wunderschön, so groß, dass selbst klare Seen, leichte Winde und Lava aus den Tiefen der Erde sie durchzogen. So lebten im Tempel des Syth die Elemente Erde, Feuer, Luft und Wasser in höchster Schönheit.
Sinan war neugierig und fragte sich, ob man ihm erlauben würde, die Höhlen zu sehen, oder ob dies nur Shisans gestattet war, die dem Schöpfergeist der Vernichtung dienten.
Mojisola hatte behauptet, dass der Vanion-See in heißen Jahren ganz austrocknete und man dann durch ihn hindurchlaufen könne. Wahrscheinlich sei dies auch dieses Jahr der Fall. Sinan war dafür, es zu versuchen; je schneller sie ihr Ziel erreichten, desto eher würde er dazu kommen, sich dem Zaranthen als Kämpfer anbieten und den König oder seinen Zwilling im bevorstehenden Krieg stellen zu können.
Doch Mojisola war dagegen. Er wusste, dass der Boden des Vanion-Sees, wenn er ausgetrocknet war, aus weißem, leicht violettem Salz bestand und sich die Hitze darin sammelte. Zwei Wanderer konnten allein kaum genug Wasser mit sich tragen, um bei der langen Reise, die selbst mit den Unguli, den Lasttieren der Solifi, schwerlich zu schaffen war, nicht zu verdursten.
Er bestand darauf, dass sie in der Ebene eine Oase aufsuchten, um sich dort einer Karawane anzuschließen, deren Ziel das Kantar-Gebirge war. Sinan hielt das für Zeitverschwendung. Das Heer des Königs war unterwegs, sein Zwilling verfolgte sie. Es schien ihm müßig, in einer solchen Oase zu warten, bis jemand sich erbarmte, zwei schäbige, reisende Schmiede mitzunehmen. Ja, er fand es geradezu unklug, denn es bedeutete, dass sie vielen Fremden von sich würden erzählen müssen.
Doch Mojisola bestand darauf, dass dies die einzige Möglichkeit sei, wie man die Wüste von Solife durchqueren könne, undSinan hatte sich, wenn auch murrend, dem Gefährten, der nicht weit von hier in Entarat geboren worden war, gefügt.
Am gleichen Abend erreichten sie den Fuß des Gebirgszugs, doch sie wanderten nicht weiter. Hier waren sie vorerst in Sicherheit. Der
Weitere Kostenlose Bücher