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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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weichen Haare fuhren wie Spinnweben durch ihr Gesicht, als sie ihn langsam zu Boden gleiten ließ. Angeekelt zog sie sich rasch hinter einen Farnbusch zurück.
    Der andere Soldat war so darauf konzentriert gewesen, Ronan mit Raqor zu binden, dass er nicht auf seinen Gefährten geachtet hatte. Doch jetzt wandte er sich um. Entsetzt beugte er sich über den Zusammengebrochenen und versuchte, ihn wiederzubeleben.
    Sanara hatte sich hinter den knolligen Stamm eines Königsfarns zurückgezogen, doch jetzt huschte sie, so schnell sie konnte, zum Unterschlupf.
    Ronan war betäubt, die Dornenranken umschlangen seinen nackten Oberkörper und hatten sich an mehreren Stellen in seinen Brustkorb gebohrt. Doch er sang mit geschlossenen Augen leise ein Lied, und es war zu sehen, dass die Ranken bereits schrumpften und welkten.
    Dennoch fiel es ihm schwer, und seiner Stimme war der Schmerz anzuhören, den er spüren musste.
    Wieder loderte Zorn in Sanara auf und fuhr wie ein Feuersturm durch sie hindurch. Ronan tat niemandem etwas zuleide, keinem Menschen, keinem Elb. Er hatte nicht verdient, qualvoll durch das Gift des Raqors zu sterben.
    Bevor sie überlegen konnte, war sie bei dem Soldaten, der immer noch über seinem toten Gefährten kniete, und hielt ihm die Spitze des Messers an den Hals. Für einen Moment dachte sie daran, zuzustechen, doch dann brachte sie ihre Lippen nah an die linke Ohrmuschel des elbischen Soldaten. Erst musste sie ein paar Fragen beantwortet haben.
    Erschrocken hielt er still, als er den Stahl unterhalb seines Ohrs fühlte. Das Metall war nicht kalt, sondern durch die Berührungmit ihr so heiß, als habe man es gerade aus dem Feuer gezogen. Aus dieser Nähe roch der Elb nach dem Wasser eines erdigen Tümpels.
    »Wenn du auch nur atmest, werde ich dir die Halsschlagader durchstechen«, wisperte Sanara. »Du wirst innerhalb von wenigen Herzschlägen verbluten. Hast du das verstanden?«
    Der Soldat schluckte hörbar und nickte dann.
    »Gut«, wisperte Sanara. »Wirf dein daikon fort.« Als der Soldat nicht sofort gehorchte, ließ sie die Spitze der Klinge seine Haut ritzen. »Wirf es fort, sage ich!«
    Er gehorchte. Die Klinge fiel etliche Schritte von ihnen entfernt in den Farn. »Gut. Ihr seid nur zu zweit?«
    »Du bist die … Feuermagierin.«
    Seine Stimme zitterte, und Sanara dachte an das, was Ronan gesagt hatte. Weißt du denn wirklich nicht, was sie sich von dir erzählen? Keiner von ihnen hätte den Mut, dich aufzuhalten.
    »Das ist richtig. Und du beantwortest meine Fragen besser, sonst zeige ich dir, wie heiß mein Feuer brennt! Nun? Ihr seid also nur zwei?« Als die Antwort nicht sofort kam, verstärkte Sanara den Druck des Messers auf die Kehle des Soldaten noch einmal.
    »Ja … Ein Späher sah euch heute. Dich und den Erdmagier«, kam es gepresst. »Er vermutet, dass ihr auf dem Weg zum Grünen Turm seid. Dort ist der Sitz von Rebellen des Dunklen Mondes.«
    Sanara nickte grimmig und hob die Klinge, um sie dem Soldaten in die Halsschlagader zu stoßen, doch im letzten Moment wurde ihre Hand festgehalten.
    »Was …«
    »Im Namen der Ys, ich werde nicht zulassen, dass du unschuldige Männer ermordest!«, erklärte eine ernste Stimme neben ihr. Sie klang schwach und heiser.
    Ronan.
    Sanara wollte sich befreien, doch sein überraschend fester Griff verstärkte sich noch. »Lass mich los!«, zischte sie und vergaß, dass sie selbst noch vor einem Wimpernschlag gezögert hatte, den Elben zu töten. »Er wird uns verraten! Und überhaupt   – glaubst du wirklich, ein Soldat der Wache Tarind Norandars sei unschuldig? Er wird es uns nicht sagen, aber ich will auch gar nicht wissen, wie vielen Frauen er schon die Kraft geraubt und wie viele Männer er getötet hat!«
    Sie stieß dem Soldaten von hinten das Knie zwischen die Beine, sodass dieser stöhnend zu Boden ging. »Und wenn wir ihn jetzt verschonen, was sollen wir dann tun? Glaubst du nicht, er wird uns folgen und für den Tod seines Gefährten bestrafen? Und nicht nur uns, auch jeden, den wir treffen!«
    Sanara riss den am Boden Kauernden mit einer Hand herum und kniete sich auf seine Brust. Der Wachmann rang nach Luft, doch er wagte nicht, sich zu rühren. Trotz der Dunkelheit war der Schrecken in seinen Augen deutlich zu sehen. Dann leuchteten seine Pupillen auf einmal golden auf. Schlammiges Wasser schoss rechts und links neben Sanara aus dem Boden und durchnässte Ronan so plötzlich, dass dieser Sanaras Handgelenk losließ und nach Luft

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