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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Lächeln verschwand nicht von seinen Lippen.
    Er setzte eben zum Sprechen an, als die Erde unter seinen Füßen erbebte.

Kapitel 4
    »Eines Tages erwies sich Vanar, der Goldene Mond, als ein wahres Kind der Weltenschöpfer Ys und Syth, denn er erschuf ein Volk, damit es sich an der Welt Vyranar genauso erfreue wie er und sein Bruder Akusu. Vanar erschuf die Elben aus dem, was ihm untertan war, und ihre Magie leuchtete golden wie sein eigenes Licht. Doch er bedachte nicht, dass er so die empfindliche Ordnung der Schöpfung aus dem Gleichgewicht brachte. Syth fand Gefallen an der Schöpfung seines Kindes, und er hauchte den Elben ein eigenständiges Leben ein, ohne Ys, den Geist der Harmonie, zu fragen, denn das Ungleichgewicht kam ihm entgegen, da er den Wandel liebte und Stillstand nicht ertrug. So geschah es also, dass die Elben vor den Menschen die Welt betraten und seither von sich selbst als den Überlegenen sprechen.«
    Von der Schöpfung der Welt
    Erste Rolle der Schriften des Klosters der Weisen Zwölf
    E ndlich.
    Das Zittern und Schwanken des Bodens ließ nach. Auch das Krachen und Donnern, das die Luft erfüllt hatte, wurde leiser, wie ein Gewitter, das sich ausgetobt hatte und nun am Horizont verschwand.
    Sinan versuchte, seinen Atem unter Kontrolle zu bekommen. Das Erdbeben hatte seinen Verstand und all seine Sinne eingenommen; erst jetzt, da es nachließ, wurde ihm bewusst, dass er die Augen fest geschlossen und kaum geatmet hatte. Er öffnete seine Fäuste und erkannte, dass er im hohen Gras neben dem Felsen kauerte. Er rieb sich die Finger an seiner Kleidung ab und versuchte, aufzustehen. Zuerst gelang es ihm nicht, seine Kniewaren zu weich, doch schließlich stemmte er sich hoch und sah sich um.
    Neben ihm hockte Ronan, an den Fels in der Mitte der Lichtung gelehnt. Der Musikant war während der Erschütterungen vom Stein gefallen und starrte ihn mit Augen an, die in seinem bleichen Gesicht dunkler als sonst wirkten.
    »Es geht mir gut«, sagte er leise. Dann, als fiele ihm siedend heiß etwas ein, tastete er um sich und wirkte erst erleichtert, als er seine pathi fand. Sofort schien er seine Umgebung zu vergessen. Er untersuchte das Instrument ängstlich, doch seiner Miene nach zu schließen, war es heil geblieben.
    Berennis lag in einiger Entfernung zusammengekauert neben der Grube. Sie rührte sich nicht. Besorgt kniete Sinan neben ihr nieder und zog sie an den Schultern hoch. Erleichtert erkannte er, dass sie noch lebte, sich aber verletzt hatte. Ein Blutfaden rann von einer Platzwunde an der Stirn über ihre Wange. Als Sinan ihren Kopf vor sich auf ein Kräuterpolster bettete, blinzelte sie in die Sonne hinein und verzog das Gesicht. Das Licht der Sonnen war ihr zu hell.
    »Mir ist übel«, murmelte sie.
    Sinan lächelte und legte eine Hand auf ihr Gesicht.
    »Du hast dir den Kopf angestoßen. Bleib liegen, bis es dir besser geht.«
    Berennis nickte langsam, drehte das Gesicht von der Sonne weg und schloss die Augen.
    Sinan stand auf, um sich einen Überblick zu verschaffen. Der Waldrand, wo sich das Lager der Elben befunden hatte, war ein einziges Trümmerfeld. An einigen Stellen sah der Boden zwischen den Bäumen so aus, als habe sich dort ein Spalt geöffnet   – eine gezackte Linie, in deren Verlauf das Moos aufgebrochen war, zog sich bis in die Lichtung hinein und zeigte genau auf den Stein.
    Überall lagen verletzte Soldaten, sogar Tote.
    Für einen Augenblick glaubte Sinan, der Dunkle Mond habesein Element, die Erde, beben und sich auftun lassen, um die Elben für ihre Arroganz zu strafen.
    Doch dann fiel sein Blick auf den Pferch, in dem er mit seinen Gefährten lebte und in den er jeden Abend zurückkehrte.
    Auch das Lager der Menschen war in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Erdspalt war offenbar daran vorbeigelaufen, und doch hatte das Beben auch hier Schaden angerichtet: Der Wall aus Raqordornen, der das Lager der Menschen einzäunte, brannte hier und da lichterloh. Durch den großen Eingang, der Sinan zugewandt war, konnte er sehen, dass das sorgfältig aufgeschichtete Holz, das das Feuer in der Mitte des Menschenlagers speiste, in sich zusammengefallen war. Die Hitze der vergangenen Tage hatte das Holz ausgetrocknet, und vom Funkenflug waren offenbar die Dornen in Brand geraten.
    Es hatte sich bereits eine Menschenkette gebildet, die Wasser aus dem See schöpfte und das Feuer zu löschen versuchte, bevor es auf Wald und auf Heerlager übergreifen konnte. Die Menschen wussten,

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