Dunkelmond
brüchig und ließ kaum zu, dass man daran entlangging.
So hatte Sinan sich weitgehend allein in diese Gefahr begeben, auch wenn die Wachen des Heermeisters ihn dabei beobachteten. Manchmal begleitete Hedruf ihn, doch in der Regel wollte Sinan ihn keiner Gefahr aussetzen.
Er wollte für ein Schwert von der Qualität, wie der Heermeister es sich wünschte, keinen Stahl aus bereits fertigen Waffen oder Rüstungen verwenden. Die Magie für eine solche Klinge durfte nicht durch alte Sprüche und alte Kraft verunreinigt sein, die man womöglich in die gebrauchten Gegenstände gewoben hatte.
Es dauerte mehr als eine Woche, bis er genügend guten Ortstein und Erzsand gefunden hatte. Dabei konnte der Schmied von Glück reden, denn er fand nicht nur erzhaltiges Sediment, sondern auch Hämatit und Magnetit. Daraus würde er dem Heermeister ein gutes Schwert schmieden und somit beweisen können, dass das Volk des Akusu auch heute noch Kunstwerke zu erschaffen vermochte.
Und doch hatte er nicht sofort beginnen können. Der König drängte darauf, dass das Heer weiterzog. Schließlich hatten sie die nördlichen Ausläufer der Berge von Guzar erreicht, wo es eine Uferstelle gab, an der sie den Lithon hatten überqueren können.
Endlich war Tarind dort, wo er schon früher hatte sein wollen. Der Wald von Dasthuku umgab sie und spendete den Elben in dem Maße Kraft, wie er sie den Gefangenen entzog.
Den Heermeister hätte das beruhigen sollen, doch er begegnete Sinan nach wie vor mit Misstrauen.
Auch wenn Sinan den Auftrag des Heermeisters, ihm ein Schwert zu schmieden, als Gelegenheit zu betrachten versuchte, sich mit der Art der Elben vertrauter zu machen und die Kunst seines Volkes zu beweisen, half seine Arbeit ihm nicht, seinen schlechten Ruf im Lager der Gefangenen zu verbessern. Man wusste, dass er der einzige Schmied mit dem Zeichen des Dunklen Mondes war, und doch nahm man ihm übel, dass er jeden Morgen ins Lager der Elben aufbrach, um dort zu arbeiten.
Niemand außer Githalad und Hedruf wusste genau, woran Sinan arbeitete und dass es um mehr ging, als nur die Rüstungen und schon vorhandenen Waffen des Königs und seiner Leute zu pflegen. Und doch begannen die Menschen, Sinan wegen seiner Arbeit und der sich daraus ergebenden Nähe zu den Elben zu misstrauen.
So, wie sie Berennis misstrauten. Besonders, weil sie neben Hedruf – und manchmal auch Githalad – die Einzige war, die nach wie vor seine Nähe suchte.
Und in den letzten beiden Nächten hatte Sinan ihren Umarmungen nachgegeben, auch wenn sie kälter war als er. Sie diente wie er den Elben und gab ihnen ihre Kraft. Sie tat es, weil man es ihr befahl. Doch er wusste, was sie ihm gab, gab sie freiwillig.
Jeden Morgen fand er sich mit Hedruf in der Werkstatt ein, die der Heermeister hatte einrichten lassen, und ignorierte die verächtlichen Blicke seiner Mitgefangenen. Er verschwieg ihnen auch, dass sie ihm das Feuer verdankten, das jeden Tag in der Mitte des Pferches brannte.
Und doch war es nicht einfach.
Sinan fiel es schwer, sich inmitten der übermächtigen großen Bäume, deren Stämme ein Dutzend Männer nicht umfassen konnten, auf seine Magie zu besinnen und die Kräfte von Wind, Pflanzen und Wasser, die die Wärme der Roten Sonne vom Boden fernhielten und ihn mit Wurzeln durchbohrten oder mitWasser tränkten, aus seinen Gedanken auszuschließen. Er war dankbar, als das Heer eine Lichtung an einem See erreichte und der Heermeister befahl, dort ein paar Tage zu verweilen. Auf der Lichtung gab es eine Stelle, die den ganzen Tag von der Roten Sonne beschienen wurde. In der Mitte dieses Flecks, der sich von Wald und Wasser etwa gleich weit entfernt befand, erhob sich ein großer Stein, dessen Spitze leicht abgeflacht war. Die Kuhle, die sich dort befand, war rußgeschwärzt.
Vielleicht war diese Lichtung einst ein Heiligtum gewesen, in dem man die vier Magien – Luft, Erde, Wasser und Feuer – verehrt hatte, bevor Menschen und Elben von ihren Schöpfergeistern gewusst hatten.
Es war ein guter Ort für einen Ofen, in dem die Ortsteine und der Erzsand, den Sinan und Hedruf gesammelt hatten, zu Eisenschwamm verbrennen konnten. Ein Ort, an dem Sinan die ersten Magien in das Erz wirkte, aus dem im Weiteren das Schwert des Heermeisters entstehen würde.
Mit jedem Ziegel, mit jedem Stück Lehm, mit dem er die Grube verputzte und stärkte, sodass sie später die hohe Temperatur für die Verhüttung des Erzsandes aushielt, webte Sinan ein Stück der
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