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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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wieder nach Luft, denn Wasser schien in seine Lungen zu laufen und er hatte das Gefühl, zu ersticken. Sein Atem rasselte, und in seinen Mundwinkeln bildete sich Schaum. Das ebenmäßige, nicht unschöne Gesicht des Elben vor ihm verschwamm.
    »Warum sonst, wenn nicht, um in meiner Armee Schaden anzurichten, hast du dir das Vertrauen meines Bruders erschlichen, sodass du jeden Tag hier in der Nähe meiner Leute verbringst, hm? Antworte mir!«
    Sinan wollte antworten, doch er brachte nur ein Röcheln zustande.
    »Oh, bitte, mein König!«
    Es war Berennis, die das sagte. Sinan versuchte, ihr zuzuwinken, ihr zu sagen, dass sie sich fernhalten solle, doch entweder sah sie es nicht, oder sie ignorierte ihn. »Mein König, ich bin sicher, dass Sinan keine Schuld an diesem Erdbeben trifft.«
    Der König sah auf die Schulter seines Schildarms, auf der jetzt die Hand der jungen Frau lag. Sie kniete neben dem König und blickte bittend zu ihm auf.
    »Eine Hure will mir vorschreiben, wie ich mit einem Sklaven und Aufrührer verfahren soll?«, presste Tarind zwischen den Zähnen hervor. Im nächsten Moment hatte er sie mit der flachen Hand von sich gestoßen. Berennis’ Schmerzensschrei brach abrupt ab, als ihr zierlicher Körper mit einer Kraft, die in keinem Verhältnis zu der sanften Bewegung Tarinds stand, gegen den Felsen geschleudert wurde. Wie leblos sank sie daran herab.
    Tarind hatte sich schon wieder Sinan zugewandt. Der Schmied rang immer noch nach Luft und versuchte jetzt heftiger als zuvor, den Arm des Königs fortzuschieben. Der Druck auf seinen Lungen hatte nachgelassen, als Tarind die Hand von seiner Kehle nahm; auch schien die Wassermagie, die sein Inneres geflutet hatte, sich langsam zu verflüchtigen.
    »Ich kann … ich kann mich nicht einmal gegen … gegen Eure Wassermagie wehren«, brachte Sinan mühsam hervor. Wieder wurde er von einem Hustenanfall geschüttelt und merkte, wie erbrochenes Wasser aus seinem Mund quoll. »Wie könnte ich … wie könnte ich dann ein solches Erdbeben auslösen?«
    »Bruder!«
    Die Luft, die Sinan atmete, wurde mit einem Mal frischer und schien das Wasser, das sich nassen Schlingpflanzen gleich um seine inneren Organe gelegt hatte, schwinden zu lassen.
    »Bruder, ein Schmied kann kein solches Erdbeben auslösen!« Die Stimme des Heermeisters klang eindringlich. »Mein König«, sprach er weiter, »Euer Schwertarm ist verletzt. Ich habe ihn geheilt, doch noch ist er schwach. Ihr dürft ihn nicht belasten!«
    Mit einem Ruck, der Sinan erneut zu Boden schickte, ließ Tarind seine Haare los und stand auf. Zornig ging er zu seinem Bruder und blieb dicht vor ihm stehen.
    »Sieh dir an, was dieses Beben angerichtet hat!« Tarind holte zu einer umfassenden Geste aus. »Es hat mehr zerstört als alle Widrigkeiten, die uns auf unserer Fahrt bisher begegnet sind. Und was das Schlimmste ist: Es hätte mich beinahe meinen Bruder gekostet! Meinen Zwilling!«
    Überrascht sah Sinan vom König zum Heermeister, der ebenfalls nicht mit diesem Ausbruch gerechnet zu haben schien.
    Für einen Augenblick war es still. Dann sagte der Heerführer leise: »Du hast mich nicht verloren, Bruder, du hast mir das Leben gerettet. Und dieser Magier war nicht einmal in der Nähe.«
    Der König kniff kurz die Lippen zusammen. »Es geht nicht darum, ob dieser Mann es vielleicht gewesen ist oder nicht«, erklärte er schließlich unwirsch, als habe man ihn bei etwas ertappt. »Du bist mein Heermeister und nicht der Abt einer Einsiedelei in den Bergwäldern von Darkod! Es kann nicht angehen, dass diese Leute einen Keil zwischen uns treiben! Wir dürfen weder dem Tod noch dem Feuer und der Erde, die solches Chaos anrichten können, das Feld überlassen – begreifst du das nicht?«
    Nur langsam und vorsichtig richtete Sinan sich auf, um die Aufmerksamkeit der Elben nicht auf sich oder Berennis zu lenken, die nach wie vor reglos und blass am Boden lag. Erleichtert stellte er fest, dass Ronan neben ihr saß und ihm einen beruhigenden Blick zuwarf.
    Also lebte sie noch.
    Er schaute wieder zu Tarind und dessen Zwilling, die einander gegenüberstanden und sich ihrer offen ausgesprochenen Gefühle offenbar schämten. Während der König dem Blick des Bruders auswich und schwer atmete, hielt sich der Heermeister aufrecht und erwiderte den Blick seines Bruders so gefasst wie möglich, ohne zurückzuweichen.
    »Mein König, vergesst nicht den Sinn Eures Feldzugs«, mischte sich nun ein weiterer Mann ein.
    Sinan

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