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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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widerfuhr.«
    Mittlerweile war zu sehen, dass die jüngere der beiden Frauen sich wieder etwas gefasst hatte, während es der älteren schon Mühe bereitete, überhaupt aufzustehen. Der Junge hingegen hatte sich immer noch in den festen Griff ergeben, mit dem die Wache ihn festhielt.
    Um der Frau noch etwas Zeit zu lassen, sich die Worte zurechtzulegen, die diesen ungebührlichen Auftritt vielleicht rechtfertigen mochten, wandte Telarion sich an die Wache, die dem Halbwüchsigen nach wie vor mit dem wakun den Kopf in den Nacken zwang.
    »Nimm deine Klinge herunter.«
    »Aber mein Fürst!«, empörte sich der Mann. »Sie haben gewaltsam versucht, sich Zutritt …«
    Telarion Norandar fiel ihm ungerührt ins Wort. »Dieser Junge bedroht niemanden. Nimm die Klinge herunter.«
    Die Wache gehorchte zögerlich. Telarion warf dem Soldaten noch einen strengen Blick zu, worauf er hastig einen Schritt zurückwich. Der Junge selbst ließ den Kopf hängen und wirkte so abwesend wie zuvor. Lautloses Schluchzen schüttelte ihn, als wage er nicht, einen Ton von sich zu geben.
    »Warum dieser Aufruhr?«, verlangte der Heermeister von Hauptmann Randahar zu wissen. »Statt ein Kind zu bedrohen, hättest du den Vogt kommen lassen können. Natürlich nur, wenn seine Zeit es ihm gestattet hätte.«
    Randahar runzelte die Stirn, doch er wagte nicht, dem Heermeister die Antwort zu verweigern. »Die Stimmung in der Stadt ist hitzig, seit diese Rebellin in einem der Unseren das Feuer entfachte. Die Königin gab den Befehl, alle an diesem Tor abzuweisen, die nicht für Euch arbeiten. Tatsächlich haben wir der Frau dort…«, er wies auf die jüngere der beiden Frauen, »… diese Waffe abgenommen.«
    Er streckte Telarion mit einer kurzen Verneigung die offene Handfläche entgegen. Darauf lag eine Schere, kein Meisterstück,doch scharf geschliffen. »Wir wollten Bertalan nicht von wichtigeren Aufgaben abhalten, mein Fürst.«
    Telarion runzelte dir Stirn und nahm die Schere. Ein Werkzeug, wie es bei den Hirten zum Scheren des Fells verwendet wurde, und so klein, dass es kaum als Stichwaffe hätte dienen können. Er wandte sich an die junge Frau, die immer noch in einem Knicks vor ihm erstarrt war.
    »Erhebe dich«, befahl er.
    Die junge Frau gehorchte nicht sofort. Sinan verstand ihre Angst. Sie war von Elben umgeben, ihr jüngerer Bruder stand immer noch mit gesenktem Kopf neben ihr und zitterte. Ein Wort des Heermeisters entschied über ihr weiteres Schicksal und das ihrer Familie.
    Doch schließlich folgte sie dem Befehl, neigte den Kopf vor dem Fürsten und schwieg demütig.
    »Du schweigst?«, sagte der Heermeister. »Warum? Hast du nichts zu deiner Verteidigung vorzubringen? Es ist kein geringes Vergehen, am Hof des Königs für Aufruhr zu sorgen und eine Waffe mitzubringen.«
    Die junge Frau schlug das alte Zeichen der Ys vor der Brust. Dann breitete sie die Arme in der üblichen Geste der Demut aus. Immer noch hielt sie den Kopf gesenkt.
    »Fürst Norandar, ich würde nicht wagen, das Wort zu ergreifen, bevor Ihr es nicht gestattet.«
    Sinan sah die Überraschung auf Telarion Norandars Gesicht. Das klang nicht nach einer Frau, die sich gewaltsam Zutritt zum Hof der Elbenkönige hatte verschaffen wollen. Er bedeutete Leutnant Randahar, zurückzutreten. Er tat es, und seine Untergebenen folgten seinem Beispiel.
    Nun hatte der Heermeister Platz, doch er und die kleine Familie standen jetzt in einem Kreis, aus dem sie nicht mehr entkommen konnten. Aedan rückte auf dem Fass automatisch ein Stück zur Seite. Sinan kletterte hinauf und konnte über die Köpfe der Leute hinwegblicken.
    Es schien selbstverständlich, dass Telarion Norandar die Situation beherrschte, doch immer noch stand das kurzgeschnittene Haar des Fürsten, das Sinan mehr denn je an struppiges Rabengefieder erinnerte, in seltsamem Gegensatz zu der Sorgfalt, mit der sich der Heermeister sonst kleidete. Verstohlen suchte Sinan auf dem weißen Hemd des Fürsten nach roten Flecken, die Auskunft hätten geben können, was mit seiner Schwester passiert war. Doch es war so rein wie die Weiße Sonne. Die weite, kostbare Jacke, die jora , die Telarion Norandar darübertrug, bot einen tiefschwarzen Kontrast dazu und war bis auf feine Goldstickereien an den Säumen schmucklos. Sie ließ nicht erkennen, ob sich rote Flecken darauf oder darunter befanden.
    Doch wenn der Vogt die Wahrheit sprach, würde sich der Heermeister, der auch ein Heiler zweiter Ordnung war, wohl tatsächlich vom

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