Dunkelmond
Gelegenheit dazu.
Doch eines Tages trat der Waffenschmied Mojisola an Sinan heran, als dieser das Eisen, das er aus den Ortsteinen und Eisensand im Rennofen hatte schmelzen können, ausschmiedete. Das musste viermal geschehen, zu Ehren eines jeden Schöpfergeistes einmal.
Während Sinan mit dem großen Hammer immer wieder auf den Stahlklumpen einschlug, der vor ihm auf dem Amboss lag, sah der Schmied neugierig zu. Sinan achtete nicht auf ihn. Er war darauf konzentriert, dass sich die Gesänge zur rechten Zeit mit dem Eisen verbanden, noch ehe er es am Ende dieses Arbeitsschritts zu Stahl geschmiedet hatte.
Als die Rote Sonne den Horizont berührte, war die Arbeit für heute getan. Den Gesang der Roten Sonne, die für den Syth stand, hatte Sinan beendet. Nun würde er mit dem Vogt sprechen müssen. Die nächsten Schmiedearbeiten würden während der kommenden drei Nächte vorgenommen werden müssen, wenn die drei Monde am Himmel erschienen. Dafür würde er die Erlaubnis des Vogts benötigen.
Mojisola nickte langsam. »Woran erkennst du, dass du das Eisen nicht weiter zu schmieden hast und nun abkühlen lassen musst?«, wollte er wissen.
Sinan tauchte den immer noch leicht rötlich glühenden Klumpen in einen Eimer mit schwarzem Öl, der neben ihm stand. Eszischte laut und qualmte. Der Geruch nach verbranntem Metall breitete sich in der Schmiede aus.
»Der Gesang des Syth ist beendet. Er hat genau die richtige Länge, wenn man keinen Fehler macht«, erwiderte Sinan. Er hatte sich vorgenommen, freundlich zu Mojisola zu sein, da eine von dessen Aufgaben darin bestand, die Folterwerkzeuge verlässlich und scharf zu halten. Vielleicht bekam er über den Schmied einmal die Erlaubnis, ins Verlies gehen zu dürfen.
Mojisola trat näher an das Eisen heran, das Sinan nun aus dem Öl zog. Er schien, als wolle er etwas fragen, finde aber die richtigen Worte nicht. Er nahm eine Zange und half Sinan, den Eisenklumpen an den Rand der Esse zu befördern.
Sinan wollte ihn abweisen, doch dann ließ er sich helfen.
»Wie gefällt es dir hier?«, fragte Mojisola schließlich, und Sinan fragte sich, warum der Schmied das wissen wollte.
»Nun, ich kann hier meine Arbeit tun«, sagte Sinan, als Mojisola nicht weitersprach. »Aber ich bin auch ein Sklave, der dem Herrn dieses kastrons Frondienste leistet.«
Mojisola nickte verständnisvoll. »Tarind Norandar und sein Bruder halten es für die Pflicht der Menschen, ihnen zu dienen.«
Sinan konnte den Zorn über diesen Umstand nicht verbergen. »Kein Kind des Akusu sollte das tun müssen!«, stieß er zwischen den Zähnen hervor.
Zu seiner Überraschung nickte Mojisola langsam. »Du bist ein von Akusu gesegneter Schmied. Du bist aus gutem Haus, wenn es so ist, wie der Vogt sagt und du dein Handwerk bei den Shisans des Westens erlernt hast. Es gibt nicht mehr viele, die das von sich sagen können.«
Sinan sah auf. Mojisola besaß die dunkle Haut der Menschen aus Entarat. Sein Haar war zu unzähligen kleinen Zöpfen geflochten, die ihm über den Rücken fielen.
»Was ist mit dir?«, fragte er schließlich.
»Ich versuche, Akusu und seinem Volk zu dienen, wo ich kann«, erwiderte Mojisola langsam. »Ich war lange im Süden. InSirakand.« Er machte eine Pause. »Doch jetzt gehe ich hier meiner Arbeit nach«, sagte er dann.
Sinan sah nicht auf, aber er lauschte aufmerksam. Sirakand war die Hauptstadt des Wüstenlandes Solife und der Sitz des Zaranthen. Er nahm einen Schürhaken und wendete die Kohlen.
Mojisola stand jetzt rechts von ihm. Wie zufällig streckte der dunkelhäutige Schmied den linken Arm vor Sinan aus, griff nach einem Hammer und wog ihn nachdenklich in der Hand. Sinan bemerkte, dass Mojisola ebenfalls ein Zeichen des Dunklen Mondes trug. Es sah seinem eigenen ähnlich und war doch anders: geformt wie ein rotorangefarbener Vulkankegel, dem Lava entströmte, in der dunkle Kristalle zu sehen waren.
Als Mojisola den Arm zurückzog, fiel der Ärmel seiner Tunika wieder über das Zeichen. Beiläufig sprach er weiter. »Ich gehe jede Woche einmal in die Verliese, um die Werkzeuge und Ketten zu holen, die repariert werden müssen. Manchmal kann ich dem einen oder anderen Gefangenen dort, der zu den Kindern des Akusu gehört, helfen. Ihm Kraft geben, wie diesem armen Schankmädchen, das nun schon seit fast vier Zehntagen dort unten sitzt.« Er schüttelte betrübt den Kopf. »Tarind und sein Zwilling wollen sie auf ihre Seite ziehen. Sie ist ziemlich erschöpft. Vielleicht
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