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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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kann ich einen Weg finden, zu ihr zu gelangen und ihr zu sagen, dass unsere Gebete mit ihr sind. Ich finde übrigens, sie sieht dir ähnlich.«
    Sinan schwieg. Er konnte nichts sagen.
    »Morgen muss ich wieder hinunter, um die Werkzeuge zu holen, die der Reparatur bedürfen«, sagte Mojisola. »Ich könnte jemanden brauchen, der mir hilft, sie zu tragen.«
    »Ich helfe gern, wo ich kann«, erwiderte Sinan betont gelassen. »Wir stammen schließlich von einem Schöpfer ab.«
    In Mojisolas dunklem Gesicht blitzten weiße Zähne auf. »So sehe ich es auch. Heute Abend kannst du mich zum Dank auf ein Bier in der Taverne unten an der Straße einladen.«
    Er legte Sinan die Zange in die Hand, wandte sich um und ging.
    Die beiden Monde waren gerade aufgegangen, als Mojisola die Tür zur Schänke aufstieß.
    Warme, feuchte Luft, die nach schalem Bier, nach Menschen und nach Kohlenbecken roch, schlug ihm ebenso entgegen wie die Rufe nach neuen Bechern kurimis und nach vergorener Stutenmilch, dazu die Jubelschreie der Würfler, die um ein paar Kupfermünzen spielten und die Klänge einer pathi .
    Sinan kannte die Melodie. Und er kannte auch die Stimme, die das fröhliche Trinklied sang. Es war Ronan der Musikant. Sinan erinnerte sich daran, dass Ronan davon gesprochen hatte, er würde in den Tavernen der Oberstadt eine Weile sein Obdach verdienen. Es sah so aus, als habe er seine Worte wahrgemacht.
    Ronan stand vom Tisch auf, auf dem er gesessen hatte, und obwohl er weitersang, machte er eine drollige kleine Verneigung zu Sinan hin und lächelte breit.
    Mojisola war schon öfter hier gewesen, überall wurde er freundlich begrüßt. So auch vom Wirt, der sowohl Sinan als auch dem Waffenschmied kommentarlos je einen Becher kurimis reichte.
    »Ich habe kein Geld«, murmelte Sinan und wollte den Becher schon zurückweisen.
    »Das macht nichts«, rief Ronan, der unter lautem Beifall sein Trinklied beendet hatte. »Ich bin sicher, dass dieser freundliche Wirt dir als meinem Freund heute freie Kost gewährt, wenn ich seine Gäste noch einen weiteren Abend unterhalte.«
    Sinan musste lächeln. Er dankte dem Wirt, der nur etwas Unverständliches knurrte, doch es war nicht zu übersehen, dass er mit dem vorgeschlagenen Handel mehr als einverstanden war.
    Ronan grinste. »Siehst du«, meinte er zu Sinan. »Er weiß genau, dass meine Musik seinen Umsatz erhöht.«
    Dann fiel sein Blick auf Mojisola. »Kommt«, sagte er nach einer kurzen Pause und ging zwischen den Gästen hindurch zu einem der hinteren Tische, an dem niemand saß. Ronan wehrte die Bitten um ein weiteres Lied lachend ab und vertröstete die Enttäuschten auf später.
    Hier war der Lärm der Schänke schwächer, aber immer noch laut genug, dass alles, was zwischen ihnen gesprochen wurde, von anderen ungehört blieb.
    Bevor Sinan den Musikanten das fragen konnte, was ihm am meisten auf der Seele brannte, hatte Ronan bereits das Wort ergriffen. »Berennis liegt in trockener Erde. Sie hat die Riten bekommen«, sagte der Musikant ernst. »Ich dachte mir, das sei das Erste, was du wissen willst.«
    Sinan versuchte, seine Erleichterung zu verbergen. Er hatte sich tatsächlich immer wieder gefragt, wie es wohl Berennis’ Seele ergangen sein mochte, nachdem der Hauptmann des Heermeisters ihren Körper getötet hatte.
    Er war Ronan dankbar, dass er für Berennis’ Beerdigung gesorgt hatte. Und doch konnte er nicht vergessen, was seine Schwester ihm damals über die Jenseitigen Nebel gesagt hatte.
    Berennis war nun allein. Ohne einen Seelenherrn hatte man ihren Körper getötet. Er konnte nur hoffen, dass Ihre Seele, und sei es durch puren Zufall, einst den Weg zu ihrem Schöpfer fand. »Ich bin dankbar, dass du das für sie getan hast«, sagte er mit rauer Stimme und trank einen Schluck. »Nun müssen wir beten, dass ihre Seele sich nicht in den Nebeln verirrt.«
    Er starrte den Schaum auf der vergorenen Milch an und sah nicht den Blick, den Ronan und Mojisola miteinander wechselten.
    »Du weißt, was die Seelen erwartet, wenn sie den Körper verlassen?«, wollte Ronan schließlich wissen.
    Sinan zögerte. Wie viel durfte er den beiden preisgeben? Er wählte seine Antwort mit Bedacht. »Ich kannte …« Er unterbrach sich. »Meine Schwester erzählte mir einst von den Jenseitigen Ebenen. Von der Einsamkeit, der Trauer und der Sehnsucht der Verirrten. Von den Nebeln, die ewig herrschen.«
    »Deine Schwester ist eine Seelenherrin?«
    Sinan erwiderte seinen Blick. »Ja.«
    Mojisola

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