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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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grinste zu Ronan hinüber, der das Lächeln erwiderte.»Ich sagte dir, er ist es.« Er stieß Sinan mit seinem Ellbogen in die Seite. »Hab keine Furcht. Weder Ronan noch ich werden es melden.«
    »Ihr seid Rebellen«, sagte Sinan, als er sich etwas von seiner Überraschung erholt hatte. Dann lächelte auch er.
    »Rebellen ist ein seltsames Wort«, murmelte Ronan nach einem schnellen Blick durch den Gastraum. Niemand achtete im Lärm und dem Rufen auf sie. »Sagen wir, Mojisola und ich haben das gleiche Ziel. Die Welt braucht Frieden.«
    »Und Tarind Norandar steht dem im Weg«, fügte Mojisola leise hinzu.
    Sinan ließ seinen Blick nachdenklich von einem zum anderen wandern. »Ich schätze, ihr habt einen neuen Verbündeten.«
    »Wer sagt, dass wir dir vertrauen?«, gab Mojisola zurück.
    Sinan stutzte. Mojisola musterte ihn aufmerksam aus Augen, deren gelbe Iris orangerote Flecken wie ein Pfirsich aufwies. Ronan hatte den Blick gesenkt.
    Es brauchte Sekunden, bis Sinan begriff.
    »Ihr werdet mir vertrauen. Ich habe einen Plan. Und mit eurer Hilfe wird er hoffentlich gelingen.«

Kapitel 6
    »Vanar erschuf die Elben aus dem, was ihm untertan war: dem Wasser, der Luft und dem Wind, der Kälte und dem Licht der Sterne, den grünen Pflanzen, den endlosen Wäldern und den Meeren. Weil die Elben über Wasser und Luft herrschen, sind sie kaltblütig und sehr rational, und meist ist ihre körperliche Gestalt auch größer und schlanker als die der Menschen. Diese Andersartigkeit, gepaart mit der Kälte der Elben, flößt den Menschen oft Angst ein.«
    Von der Schöpfung der Welt
    Erste Rolle der Schriften des Klosters der Weisen Zwölf
    I n der nächtlichen Dunkelheit war der Silberne Mond die einzige nennenswerte Lichtquelle in den Gassen der westlichen Oberstadt. Doch er verschwand langsam hinter den Balkonen der Herrenhäuser und den Zinnen der Dachterrassen, die die schmalen Straßen säumten.
    Der schmalen Gestalt, die durch die Schatten der leeren Gassen huschte, war dies nur recht. Geschickt nutzte sie dunkle Nischen. Kein Laut war zu hören. Sie bewegte sich so schnell, dass man ihren Schritten kaum folgen konnte. Hier in der Oberstadt gab es allerdings auch kaum jemanden, der sie hätte sehen können. Die Tore waren beim Untergang der Zwillingsmonde geschlossen worden. Erst bei Aufgang der Weißen Sonne würden sie wieder geöffnet werden, und so gab es auch nur vereinzelt Patrouillen, die den Vermummten hätten aufhalten können.
    Schließlich erreichte die Gestalt den südlichsten Punkt der runden Mauer, die die Terrasse der Oberstadt von der darunter liegenden Mittelstadt Bandothis trennte, und trat dort von Westen in einen kleinen Garten, der das Gebäude umgab, das man an dieser Stelle errichtet hatte. Die silbrigen Strahlen des Mondes leuchteten hier, wo kein Mauerwerk sie abschirmte, noch fast taghell. Nichts stand ihnen im Weg, denn nur wenige dichtbelaubte Pflanzen schmückten den Wüstengarten, der hauptsächlich aus Sand und Kies bestand. Verschlungene Wege führten um Felsen und die mehr als drei Klafter hohen Sagaros mit ihren fingerlangen Dornen herum. Dieser Garten war der einzige Ort, wo diese Pflanzenart außerhalb der Wüste von Solife wuchs. Tagsüber strahlte er in den heißen Farben des Feuers und der Erde, doch nun, während der Nacht, überdeckte das Silber von Ys’ Licht diese Farben und ließ sie weich und sanft erscheinen.
    Die Gestalt, von Kopf bis Fuß unter einem langen Gewand verborgen, achtete nicht darauf. Sie schien den Weg zum Tempel zu kennen und war binnen weniger Herzschläge dort.
    Sie wurde erwartet. Als sie sachte an die Tür pochte, wurde ihr sofort aufgetan. Der Shisan dahinter trug eine purpurfarbene Robe. Im schwachen Licht von Ys war das die einzige Farbe, die zu erkennen war. Doch vielleicht lag es auch daran, dass im Hintergrund des Raumes Lampen der gleichen Farbe brannten.
    Der Shisan verneigte sich, während er der Gestalt den Weg freigab.
    »Seid willkommen«, sagte er leise.
    Die Gestalt blieb vor ihm stehen und verneigte sich ebenfalls kurz. Dann ging sie weiter. Der Priester schritt voran, ließ ihr aber vor der Tür zum großen Tempelraum wieder den Vortritt.
    Der Unbekannte, der die Kapuze nicht abnahm, ging gemessenen Schrittes durch die Halle, die nur schwach erhellt war. Die wenigen Lampen bestanden aus purpurfarbenem, manchmal auch silbernem Glas und verliehen dem Licht einen düsteren Schein. Die Gestalt nahm die Schönheit des Raumes, der überwiegend

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