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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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berühren. Er hat kalt zu sein, kein Feuer darf ihr gegeben werden, keine tierische Nahrung. Nur eine Flamme des Vanar. Doch seht euch vor. Ihr darf kein Haar gekrümmt werden. Nur mein Bruder und ich dürfen zu ihr. Die Wache haftet für jeden Kratzer, den sie erleidet.«
    Er setzte sich wieder vor die junge Frau, die sich die feuchte Bluse vor der Brust zurechtzog.
    »Jetzt werde ich noch entschlossener dafür sorgen, dass Eure Kraft mir und meinem Haus gehört. Die Strafe für die Tat Eures Vaters werdet Ihr abbüßen, Mendari, und ich, der ich ab heute Euer Herr bin, werde Euch nicht die Erlaubnis geben, zu sterben, bis ich den Mord an Dajaram für gesühnt halte.«
    »Ich werde Euch nicht dienen, niemals«, stieß sie hervor. In ihrer Stimme war ein Schluchzen zu hören – und hilflose Wut. »Ich werde mich Euch nicht unterwerfen, niemals! Genauso wenig, wie Siwanon es getan hat!«
    Zornentbrannt schlug Tarind ihr mit der flachen Hand ins Gesicht. »Wagt nicht, mir zu trotzen!«, schrie er. »Ich werde es Euch nicht so leicht machen und Euch mit dem Tod bezahlen lassen. Eure Buße dafür, Tochter Eures Vaters zu sein, wird in Eurem lebenslangen Dienst für mich und mein Haus bestehen und darin, dass Ihr die Schande zu tragen habt, die Euer Volk darin sehen wird! Und ich werde alles dafür tun, dass Ihr Euch dieser Strafe nicht entziehen werdet wie Euer verabscheuungswürdiger Vater!«
    Er riss sie hoch und stieß sie den Wachen in die Arme, die sie packten und mit sich davonzerrten.
    Telarion hatte geschwiegen und sah ihr jetzt kreidebleich hinterher. Übelkeit stieg in ihm auf, als er versuchte, den abgrundtiefen Abscheu zu beherrschen, der ihn überwältigt hatte.
    Eine Dunkelmagierin aus dem Haus Amadian war sie, und er hatte es nicht gesehen. Sie hatte ihn mit ihrer Schönheit verzaubert – doch das hätte ihr nicht gelingen dürfen. Nicht bei ihm, dem Heiler, der normalerweise die Essenz aller Wesen zu erkennen vermochte.
    Und doch war es geschehen.
    Er tauschte einen langen Blick mit seinem Bruder, der ihm triumphierend zunickte. Tarind hatte recht gehabt. Sie war mehr, als sie vorgegeben hatte zu sein. Die Tochter des Mannes, der die Seele des Dajaram qualvoll hatte verbrennen lassen, bis nichts mehr von ihr übrig war, was zu Vanar hätte gehen können, befand sich in der Hand seiner Söhne.
    Es würde dem Heiler eine Genugtuung sein, die Essenz dieser Feuermagierin so lange zu peinigen, bis sie sich vollständig unterwarf.

Kapitel 7
    »Die Weisen sagen, dass keine Liebe auf der Welt je größer war als die, die beide Schöpfergeister verband. Doch eines Tages konnte Ys das Leid, das Syth immer wieder anrichtete, nicht mehr ertragen. Sie nahm all ihre Macht und wollte Syth in die Leere jenseits dieser Welt verbannen. Dorthin, von wo sie einst gekommen waren, die Welt zu erschaffen. Doch sie brachte es nicht über sich, denn sie liebte die maßlose Schöpfungskraft des Syth und sein Ungestüm über alle Maßen, und sie vergoss bittere Tränen. Syth brach beim Anblick von Ys’ Trauer das Herz, denn er war ihr nicht weniger zugetan als sie ihm. Nachdem er sie ein letztes Mal geliebt hatte, verließ er die Welt aus freien Stücken, auf dass sie nicht mehr unglücklich sei. Doch er schwor, dereinst das Siegel der Ys, das ihn an der Wiederkehr hinderte, zu zerstören.«
    Von der Schöpfung der Welt
    Erste Rolle der Schriften des Klosters der Weisen Zwölf
    I n dem geräumigen Gemach stand ein Bett, auf dessen Schlafbrett ein Rakkarfell und eine Filzdecke lagen. Auch einen Tisch und einen Stuhl gab es, und man hatte ihr sogar Schriftrollen überlassen; Abschriften der Texte, die von der Schöpfung der Welt erzählten.
    Zwischen zwei Wänden aus Maßwerk prangte ein Kamin, doch Sanara mied ihn. Ständig brannte eine blaugrüne Flamme darin, die von einem schmalen Goldrand begrenzt wurde. Sie war größer als die Flamme, die ihr all die Zehntage im Kerker Gesellschaft geleistet hatte. Und sie war kälter.
    Die Fenster ließen ausreichend Tageslicht in das Gemach fallen, in das man sie nach dem Verhör mit dem König gebrachthatte. Es handelte sich um einen der wenigen Räume im kastron Bathkor, dessen Fenster sich nach Nordosten richteten. Viel mehr als die Klippen des Berges Bhayargari, an dessen Fuß Bandothi lag, konnte man durch sie hindurch nicht sehen, selbst wenn Sanara sich eng an den steinernen Fensterpfeiler aus blaugeädertem Marmor schmiegte, um wenigstens einen schmalen Streifen des Landes Barat

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