Dunkelmond
aus dem unbarmherzigen Griff des Königs zu befreien. Offenbar hatte sie Telarion immer noch nicht bemerkt und glaubte, Tarind sei es, der mit Kälte nach ihrer Magie griff.
Sie wand sich und versuchte erneut, seine Finger von ihrem Gesicht zu lösen. Doch Tarind nahm es jetzt in beide Hände und entzog ihr auf einen Schlag so viel Kraft wie nur möglich. Sie sackte in sich zusammen. Doch im nächsten Moment loderte die Flamme ihrer Magie so heftig auf, dass der König losließ und einen Schreckensschrei ausstieß. Er taumelte einen Schritt zurück.
Der Faden, den Telarion gesponnen hatte, riss entzwei. Die nun losen Enden leuchteten, dann löste der Faden sich auf und war verschwunden.
Erschrocken richtete Telarion seinen inneren Blick auf den Bruder, doch das Blau seiner Essenz war so rein wie zuvor. Sie hatte ihn nicht verletzt.
Der König trat vor, zerrte die Dirne mit einem Ruck von der Bank und schleuderte sie zu Boden. Sie konnte sich nicht halten, schlug sich den Ellbogen an und stöhnte auf. Noch bevor sie sich erheben konnte, war Tarind über ihr und riss sie am Arm wieder zu sich hoch. Die Finger seiner Schwerthand fuhren an ihre Kehle und drückten zu.
»Sei sicher, deine Kräfte reichen nicht aus, um mich zu töten!«, sagte er.
Sie rang nach Luft. »Lasst mich los!«, stieß sie schließlich hervor. »Ich bin … bin keine Spionin des Zaranthen!«
Tarind zerrte sie grob wieder auf die Bank. »Und selbst wenn du es bist, eigentlich ist es nicht wichtig«, sagte er. »Es geht um deine Kraft, die ich mir nehmen werde.« Wie zur Demonstration legte er ihr wieder die Hand auf die Wange und entzog ihr erneut eine große Menge dieser Kraft. Diesmal erschlaffte ihr Körper noch mehr. Aber er hielt sie am Arm fest und ließ sie auf die Bank hinab, sodass sie nicht wieder zu Boden fiel.
Sie versuchte erneut, sich auf magischer Ebene zu wehren, doch diesmal gelang es ihr nicht. Sie ballte die Fäuste. »Nichts auf der Welt könnte mich dazu bringen, Euch zu dienen und mein Volk der Vernichtung preiszugeben«, murmelte sie.
Ein Schwall eiskalten Wassers ergoss sich über ihr Gesicht. Sie fuhr zurück, als es in ihre Lungen drang, und begann zu husten. Tarind ließ das Wasser ein wenig ablaufen, dann sorgte er dafür, dass Wasser ihren Oberkörper und das Gesicht umspülte. Es prallte so heftig auf ihren Körper, dass es sie erneut zu Boden geschleudert hätte, wenn der Wasserwirbel und seine Hand an ihrer Kehle sie nicht festgehalten hätten.
Als er endlich gestattete, dass die Fluten abebbten und das Wasser sich verlief, klebte die fadenscheinige, weiße Bluse durchsichtig an ihrem Oberkörper und enthüllte ihre Rundungen. Ein spöttisches Lächeln umspielte Tarinds Lippen. Er ließ ihre Kehle los.
Sie kauerte sich zusammen und schlang die Arme um sich, zitternd vor Kälte, denn der König hatte mit seinem Wasserschwall auch die glühenden Schwarzsteine in der Feuerstelle gelöscht. Die Sonnen waren weitergewandert und streuten kein Licht mehr durch die Fenster.
Tarind sah verächtlich auf sie hinab.
»Eine Dirne will sich mir entgegenstellen!« Er spuckte neben ihr auf den Boden. »Das werde ich nicht zulassen. Deine Magie wird mir gehören, nicht nur die Lebenskraft, die ich, der König, meiner Gefangenen nehmen kann, wann immer es mir gefällt. Nein, auch deine Feuermagie wird mir dienen.«
»Ich … ich werde Euch nie freiwillig … dienen.«
Telarion vernahm mit Erstaunen die Verachtung in ihren Worten. Er hatte einen neuen Faden gesponnen und legte ihn nun wieder um sie herum, als wäre das seine Erwiderung auf ihre Worte.
Sie erzitterte wieder, als habe ein kalter Windstoß sie getroffen. Unwillkürlich packte sie ihre nasse Bluse und wollte sie über der Brust wie einen Schal zusammenziehen. Doch mitten in der Bewegung hielt sie inne, als würde ein furchtbarer Gedanke in ihr aufsteigen – nur, um gleich darauf die Arme umso hastiger und fester um sich zu schlingen. Sie schloss die Augen und senkte den Kopf, als wolle sie auch vermeiden, dass der König sie erröten sah.
Mit dem inneren Blick sah Telarion, dass die schwarzen Muster in ihrer Flamme wild durcheinanderwirbelten. Doch er hatte den Eindruck, dass dies nicht an dem Netz lag, das er zu weben begonnen hatte. Der Aufruhr hatte einen anderen Grund.
Auch Tarind hatte bemerkt, dass sich diese Frau wie jemand benahm, der etwas zu verbergen hatte. Er ging vor ihr in die Hocke, was sie dazu brachte, sich noch mehr zusammenzukauern.
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