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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Befriedigung verschaffte.
    Ich wusste, du bist kein Schankmädchen. Auch wenn du dies behauptetest.
    Sanara antwortete nicht.
    Willst du es weiter leugnen, Feuermagierin?
    Wieder streckte der Geist die Hand aus, und sie wurde von einem Luftzug getroffen, der ein paar der Finger aus grauem Nebel ins Nichts verwehte. Doch sofort bildeten sich aus dem Nichts heraus wieder neue. Es sah kurz so aus, als habe die Hand sechs Finger und als sei der äußerste größer als der in der Mitte.
    Halb panisch beobachtete Sanara, wie sich diese Finger aus Nebel ihrem Gesicht näherten.
    Es war schwerer denn je, die Angst, die das Wesen aus der Jenseitigen Leere in ihr schürte, zu bekämpfen. Sanara wusste nicht, wie viel Zeit verging, bis sie wieder in Richtung des Gespensts sehen konnte.
    Erst, als sie es zerfasernd und verwehend, aber doch unverändert neben ihr schweben sah, wo es zuletzt gewesen war, schwand die Hoffnung, es könne gegangen sein.
    Ich werde nicht verschwinden, Tochter des Hauses Amadian , hauchte der Geist, und die Stimme klang so nah an Sanaras Ohr, dass sie leise aufschrie und die Hand an die linke Kopfseite presste.
    Ich werde nicht verschwinden, und du wirst mich nicht mehr verjagen. Der König hat dir die Kraft dazu genommen.
    Als der Geist sie an die Hilflosigkeit erinnerte, die sie empfunden hatte, als Tarind ihre Lungen mit Wasser gefüllt hatte, gab Sanara einen Laut der Verzweiflung von sich.
    »Er will, dass ich meine Feuermagie für ihn nutze. Wie will er das anstellen, wenn er mir die Kraft nimmt und sie dämpft?«
    Du könntest es freiwillig tun.
    »Niemals! Ich würde mein Haus nie so entehren!«, stieß Sanara hervor. »Ich werde dafür sorgen, dass es dem König nichts nützt, dass er mich in seiner Gewalt hat.«
    Der Geist lachte. Wie beim ersten Mal schauderte Sanara bei dem Klang, der nichts Lebendiges an sich hatte.
    Egal, was du glaubst, tun zu können, er wird dich zwingen. Sein Bruder ist ein Herr des Lebens. Er hat als Heiler die Macht, den Essenzen der Lebenden zu befehlen.
    Sanara starrte den Geist an und schwieg. »Geh weg«, sagte sie schließlich.
    Nein. Ich habe lange gewartet, einen Nachkommen des Siwanon zu finden. Ich werde dich nicht aus den Augen lassen, denn ich werde nicht zulassen, dass deine Kraft weiterhin in Diensten des Falschen steht.
    Sanara starrte den Geist an. »In Diensten des Falschen?«
    Ich weiß, dass du eine Seelenherrin bist und in Diensten des Zaranthen stehst. Ich wusste es von dem Moment an, als ich dich sah, Dunkelmagierin.
    »Tarind wird mich nicht zwingen!«, schrie Sanara. »Geh!«
    Sie verschränkte wieder die Daumen ineinander und wollte das Wort der Macht sprechen. Doch sie stockte. Es war, als befände es sich im Inneren ihrer Seele, doch das grüne Netz um ihre innere Flamme herum hinderte es daran, aus ihr emporzusteigen.
    Versuch nicht mehr, mich durch Feuer zu vertreiben. Das kannst du nicht. Die Flamme im Kamin ist jetzt stark genug, um deine Kraft zu dämpfen. Der Bruder des Königs hat bereits begonnen, sein Netz um dich herum zu weben.
    Der Geist lachte wieder.
    Verzweifelt hielt Sanara sich die Ohren zu. Doch die Stimme des Gespenstes hallte in ihr wider. Das Wesen aus dem Nebel der Leere sprach nicht nur in der diesseitigen Welt.
    Die Zwillingssöhne des Dajaram werden dich und deine Kraft besiegen, Dunkelmagierin. Und ich werde über dich wachen, sodass du weder dir noch jemand anderem Schaden zufügen kannst.
    Sanara versuchte, ihre überreizten Sinne zu beruhigen, und zog sich in ihr Innerstes zurück. Dort war sie, die Flamme, die ihre Magie, ja, ihr ganzes Selbst verkörperte. Sie brannte ruhig und flackerte nicht; vom Kern stiegen wie immer die dunklen Wirbel auf und vereinigten sich mit dem Lohgelb ihres Seelenfeuers, das an die Faranfrucht erinnerte, die im Süden von Guzar, an der Grenze nach Solife, wuchs. Ihr Innerstes war warm und hieß sie willkommen, und die Kälte und die Angst in Sanara wurden gemildert.
    Dennoch war etwas anders als sonst. So beruhigend das stete Leuchten der Flamme auch auf Sanaras Verzweiflung wirkte – ihr wurde nicht warm genug. Die Kraft ihrer Magie war in den letzten Zehntagen – oder waren es Mondumläufe gewesen? Sie konnte es nicht sagen – schwach gewesen. Zu schwach, um sich ausreichend daran zu wärmen, und so fror sie ständig.
    Nun schien das Feuer selbst durch das Netz aus grünlichen Fäden kälter geworden zu sein. Das Lohgelb war blasser, die dunklen Schlieren schienen geordneter.

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