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Dunkelziffer

Dunkelziffer

Titel: Dunkelziffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Leben gekommen, als ich mit ihr schwanger war. Ich hatte sogar ein Foto von einem unbekannten Mann, das ich ihr gezeigt habe, als sie klein war. Und es gibt keine Großeltern mehr, die ihr etwas erzählen könnten.«
    »Gibt es irgendetwas in Ihrer Wohnung, was es ihr ermöglicht haben kann, Sie als Hanna Ljungkvist zu identifizieren?«
    Birgitta Flodberg zog die Stirn in Falten und dachte nach. Plötzlich nickte sie und sagte: »Wir sind vor einem Jahr hierhergezogen. Beim Umzug kann sie meine alten Schulbücher entdeckt haben, die noch auf dem Speicher liegen.«
    »Und in denen der Name Hanna Ljungkvist steht?«
    Birgitta Flodberg nickte wieder.
    »Nicht nur das«, sagte sie. »Da steht wahrscheinlich sogar Hanna Ljungkvist, Nipanskolan, Sollefteä, Schweden, Erde, Universum...«
    »Und es ist möglich, dass Emily diese Bücher zu Gesicht bekommen hat? Hat sie etwas gesagt?«
    »Da hatten wir schon aufgehört, miteinander zu reden...«
    »Sie sind also vor einem Jahr hier eingezogen?«
    »Ja.«
    »Sind diese Wohnungen nicht ziemlich teuer?«
    Birgitta Flodbergs Blick schweifte wieder aus dem Fenster. »Doch«, sagte sie. »Es reicht gerade eben, dass man jeden Monat über die Runden kommt.«
    »Wo haben Sie vorher gewohnt?«
    »In einer Zweizimmer-Mietwohnung in Alby.«
    »Schon ein Unterschied, nicht wahr?«, sagte Kerstin Holm und fühlte sich mies. »Ich war selbst vor einem Jahr hier und habe mir eine Wohnung angesehen. Ich rechnete damals aus, dass es bei mir nicht für die Kapitaleinlage und die laufenden monatlichen Kosten reichen würde.«
    »Es kommt haargenau hin«, sagte Birgitta Flodberg mit ihrer dünnen Stimme und dem in die Ferne gerichteten Blick.
    Kerstin Holm bohrte weiter:
    »Ich würde fast sagen, sie sind zu teuer für eine Teilzeit arbeitende Telefonistin bei Telia.«
    »Ich hatte noch einen Rest von der Entschädigung. Ich hatte Fondsanteile gekauft, die sich gut verzinst haben.«
    »Da sagen Ihre Steuererklärungen aus den letzten zehn Jahren aber etwas anderes. Sie sagen, dass Sie nie irgendwelches Vermögen hatten. Trotzdem haben Sie offenbar ändert halb Millionen in bar als Kaufpreis für die Wohnung hingeblättert. Denn einen Kredit haben Sie nicht aufgenommen.«
    Birgitta Flodberg starrte mit ausdruckslosem Gesicht auf den Himmel über Hammarby Sjöstad und sagte mit sehr dünner Stimme: »Ich hatte etwas gespart...«
    »Dann haben Sie das Gesparte unter die Matratze gelegt«, sagte Kerstin Holm. »Aber Sie würden trotzdem nicht solche Summen zusammenbekommen haben. Woher kam das Geld?«
    »Ich hatte gespart...«
    »Und ich glaube, dass das Geld, mit dem Sie diese Wohnung bezahlt haben, eine entscheidende Rolle bei der Frage nach Emilys Schicksal spielt. Woher kam es?«
    »Ich hatte gespart...«
    »Sie scheinen sich sehr viel mehr Sorgen um Ihre finanzielle Situation zu machen als um Ihre Tochter.« »Ich hatte gespart...«
    »Und ich habe jetzt genug über Ihr Sparen gehört«, sagte Kerstin Holm und stand auf. »Sie müssen mich leider zu einem ordnungsgemäßen Verhör ins Polizeipräsidium begleiten.«
    »Das habe ich auch schon einmal gehört«, sagte Birgitta Flodberg mit sehr, sehr dünner Stimme.
    23
    Das Pflegeheim lag natürlich im Wald. Lena Lindberg hatte es geahnt, als sie in die ängermanländische Wildnis geschickt wurde, während Sara und Gunnar sich dem Wesentlichen widmeten. Da war eine Festplatte, mit der man sich beschäftigen musste, da waren DNAs, da war ein Carl-Olof Strandberg zu knacken, da war - ja, alles Mögliche. Aber natürlich, ausgerechnet sie wurde wieder auf Wanderung in den Wald geschickt.
    Es war zwar Vormittag und hell, aber das Wort hell hatte in diesem Urwald keine rechte Bedeutung. Was zwischen den schnurgeraden Stämmen durchsickerte, war eher ein Dunkel, vielleicht mit einigen kleinen Einsprengseln von schimmerndem Licht.
    Sie wanderte einen Pfad entlang, der ihr immer unsichtbarer vorkam. Es würde nicht lange dauern, bis sie sich wieder total verlaufen hätte.
    Der Dampfdrucktopf kochte.
    Aber dann öffnete sich eine Lichtung, und ein herrenhausähnliches Gebäude wurde sichtbar. Es war eine Idylle, zumal das Haus in das reine Licht des frühen Sommers gehüllt war. Lena Lindberg ging näher ran und gelangte zu einer Treppe, die zu einer Veranda hinaufführte, auf der ein Mann mit sehr breitem Gesicht saß und sabberte. Er war wie ein Hüter dieses Hauses der gebrochenen Idylle.
    Denn das war die Lage im Inneren des Herrenhauses.
    Immerhin

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