Dunkelziffer
eine Fiktion.
Daniel Wiklund trat aus der Tür, durch die er drei Stunden zuvor ins Haus gegangen war. Aber jetzt war er nicht allein. Er wurde von drei großen Männern mit viel zu aufgeplusterten Jacken begleitet. Nicht nur, dass es Sommer war und die Jacken eher Winterjacken zu sein schienen. Sie waren auch noch ausgebeult.
»Sieh mal einer an«, sagte Chavez und erschauerte. Er vermochte sich nicht recht aus seinem dämmerschlafartigen Zustand zu lösen.
»Was für Witzfiguren!«, sagte Anderson und schüttelte seinen langen Körper. So gut das in Chavez' Miniaturauto möglich war.
Daniel Wiklund ging zu seinem metallicblauen Saab, während die drei Männer in einen schmutzigweißen Transporter stiegen. Er fuhr los, und sie folgten ihm.
Und noch ein Stück dahinter rollte ein kleines Auto, dessen Marke und Farbe schon lange vergessen waren.
Die Karawane bewegte sich in Richtung Stadt. Schon bei der Västberga-Abfahrt verließ sie die E4 und fuhr den Västbergaväg hinauf. Die Gefahr, entdeckt zu werden, wurde immer größer, und Chavez fiel zurück, bis die beiden Wagen verschwanden, als sie nach links in einen Weg einbogen, der Elektravägen hieß.
Chavez gab Gas und sah gerade noch, wie die beiden Wagen von Neuem nach links in die Västberga Allé und kurz darauf nach rechts abbogen. Alles roch nach altmodischem, aber aufgemöbeltem Industriegebiet, als der metallicblaue Saab und der weiße Transporter vor einem anspruchslosen Hotel mit Namen Västberga-Hotel hielten.
Der glatzköpfige Daniel Wiklund stieg aus und betrat das Hotel. In dem weißen Transporter war keine Bewegung zu erkennen. Zumindest nicht von der ziemlich ungünstigen Stelle aus, an der Chavez hatte parken müssen. Durch die sonderbaren Büsche, hinter denen sie gelandet waren, sahen sie die Wagen kaum.
Nach ungefähr zehn Minuten kam der Kahle zusammen mit einem größeren und jüngeren blonden Mann heraus, der einen Laptop in einer Schultertasche trug. Sie wechselten ein paar Worte, dann verschwand der Große. Als er zurückkam, saß er in einem Firmenwagen mit Plane, auf der deutlich der Schriftzug >Kvarns Elektriska AB< zu lesen war.
»Sollte uns das etwas sagen?«, fragte Chavez.
Jon Anderson schüttelte nur den Kopf.
Der Große parkte den Firmenwagen zwischen den beiden anderen Autos. Und Daniel Wiklund stieg auf der Beifahrerseite ein.
Danach begann wieder ein Warten.
Aber diesmal konnten weder Jorge Chavez noch Jon Anderson in einen virtuellen Zustand eintreten. Es tat sich etwas. In der Wirklichkeit.
Die alte Uhr des Wagens zeigte halb acht.
33
Arto Söderstedt hätte nicht zusammenzucken müssen. Er wusste, wie das scharfe Signal klingen würde, und er hatte darauf gewartet. Stundenlang, mit steigender Spannung.
Aber er zuckte trotzdem zusammen. Und mit ihm alle anderen in dem kleinen Verhörraum: Viggo Norlander, Kerstin Holm, Bengt Äkesson und Olof Lindblad.
Lindblad sah bedrückt aus. Der Schatten des Verräters glitt über sein Gesicht, bevor sich seine Züge glätteten und er in sein Handy antwortete: »Ja, hier ist Olof.«
»Es ist so weit«, sagte eine wohlbekannte Frauenstimme.
Söderstedt sah deutlich einen heißen, trägen Lavastrom der Trauer durch Lindblads Kehle rinnen. Wenn sie ihm nur nicht zugeschnürt würde.
Das geschah nicht. Eher schien sie gereinigt, wie von heißem Honigtee.
Olaf Lindblad sagte mit unerwartet klarer Stimme: »Ich bin bereit.«
»Im Industriegebiet von Segeltorp«, sagte die Frauenstimme. »Du fährst zum Källängsväg und folgst den üblichen Markierungen.«
Dann war das Gespräch beendet.
Und alle Lebenskraft schien Olof Lindblad verlassen zu haben.
Das Handy klingelte mit einem scharfen Signal. Obwohl Steffe mit zunehmender Angst darauf gewartet hatte, schoss er hoch. Es gab kein Zurück. Er hatte den Vertrag mit dem Teufel unterschrieben. Den Helfershelfern des Satans war nicht zu entkommen.
Deshalb hatte dieser verdammte >Kurtz of Darkness< die Spielregeln wohl verändert. Damit Steffe keinen Rückzieher machen konnte. Er warf einen Blick hinüber zum Beifahrersitz. Der Kahle nickte kurz und entschieden, und Steffe antwortete ins Handy: »Ja.«
»Es ist so weit«, sagte eine wohlbekannte Frauenstimme.
»Ich bin bereit«, sagte Steffe.
»Im Industriegebiet von Segeltorp«, sagte die Frauenstimme. »Sie fahren zum Källängsväg und folgen den gelben Markierungen.«
»Gelben Markierungen?«
»Wie bei einer Schnitzeljagd«, sagte die Frauenstimme und
Weitere Kostenlose Bücher