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Dunkelziffer

Dunkelziffer

Titel: Dunkelziffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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ist, dass eine unglaublich schöne Frau eine falsche Anzeige wegen sexueller Belästigung erhebt, um ihren Mann zurückzubekommen, der ihr weggelaufen ist.«
    »Wie sollte ihr das gelingen?«
    »Indem ich den Nichtfall vom untersten Teil des Stapels verschwundener Personen ganz obenauf lege. Ihn zu einem Fall mache.«
    Paul Hjelm nickte. »Du hast also Kontakt zu Marja Willner aufgenommen?«, sagte er. »Obwohl ich dir das ausdrücklich untersagt habe?«
    »Sie hat mich angerufen.«
    »Kannst du das beweisen?«
    »Sie hat mich auf meinem privaten Handy angerufen, das im Telefonbuch steht, und zwar von einem öffentlichen Telefon am Hauptbahnhof.«
    »Das hast du kontrolliert?«
    »Ja. Sie ist nicht auf den Kopf gefallen. Keine Bandaufnahme, keine nachweisbare Nummer.« »Und was sagte sie?«
    »Sie war sehr geradeheraus. Sie hat ungefähr gesagt: >Tu, was ich sage, und ich ziehe meine Anzeige zurück. Weigere dich, und ich zieh mein Ding durch.<«
    »Und was ist dein Vorschlag für die Lösung dieses Dilemmas?«, fragte Paul Hjelm, obwohl er es bereits selbst eingesehen hatte.
    Bengt Äkesson zog die Augenbrauen in die Höhe. Er artikulierte seine Antwort mit Nachdruck: »Dass du beschließt, die Ermittlung wegen des Verschwindens von Stefan Willner zu einem Teil der Ermittlung meiner eventuellen Schuld zu machen.«
    »Du möchtest, dass der oberste Chef der Stockholmer Abteilung für Interne Ermittlungen dir hilft, einen weggelaufenen eifersüchtigen Ehemann zu suchen?«
    »Das kommt darauf an, ob dieser Chef die Objektivität als Schutzwall gegen das Leben benutzt.«
    Hjelm konnte ein kleines Kichern nicht unterdrücken. Er trat aus dem hellblauen Bannkreis heraus, legte die Hände in den Nacken und sagte: »Also machen wir uns die Hände schmutzig. Was hast du?«
    Äkesson lächelte dünn und sagte: »Bei der Elektrizitätsfirma, wo Stefan Willner arbeitet, ist ein Wagen verschwunden. Obwohl die Willners ein eigenes Auto haben, scheint er sich einen Firmenwagen mit Kran unter den Nagel gerissen zu haben.«
    »Er musste also etwas transportieren«, nickte Hjelm. »Gab es in ihrer Aussage einen Anhaltspunkt?«
    »Er hat sie mit den Worten verlassen: > Jetzt ändere ich verflucht noch mal die ganze Geschichte. Du wirst schon sehen, du Sau. Und das wird niemand ignorieren.<«
    »Warum redet ein Elektriker von der Geschichte? Weil er in Gamla Stan gräbt?«
    Bengt Äkesson lachte wieder. »Du hast also die Akte gelesen? Du wusstest also, dass ich dich um das hier bitten würde?«
    Hjelm stand auf, sah auf seine Armbanduhr und sagte: »Und du wusstest also, dass ich Ja sagen würde? Denn ich nehme an, du hast mit Willners Kollegen, sagen wir, um halb eins ein Treffen verabredet?«
    »Um Viertel vor«, sagte Äkesson und stand ebenfalls auf. »Ich wusste ja nicht, wie lange ich brauchen würde, dich zu überzeugen.«
    Sie maßen sich eine Weile mit Blicken, bis Äkesson sagte: »Es ist dir wohl klar, dass wir die beiden Männer sind, die Kerstin auf der ganzen Welt am nächsten stehen?«
    »Das ist mir sehr deutlich bewusst«, sagte Hjelm. »Ist das ein Problem?«
    »Nicht für mich«, sagte Äkesson. »Du bist ein Ex.«
    Kerstin Holm gelang es nicht, ihre Gefühle zu ordnen, während sie den Korridor der A-Gruppe im Polizeipräsidium entlangwanderte. Sie sah Bengt Äkesson vor sich in den Momenten der Verführung. War dieser blaue Bannkreis, in den sie sich hatte ziehen lassen, irgendwie fragwürdig? Wäre er wirklich fähig, eine halbe Stunde bevor er sie traf und verführte, eine Frau sexuell zu belästigen? (Na ja, sie hatte ihrerseits wohl ebenso verführt...) War er wirklich so knallhart? Oder war es ihm selbst nicht bewusst? Oder - und das glaubte sie - war er ganz einfach unschuldig? Sie musste zugeben, dass sie in letzter Zeit auf eine Reihe von Frauen gestoßen war, die die neue Aufmerksamkeit für patriarchalische Verhaltensmuster missbrauchten.
    Ohne dass sie den Über gang genau ausmachen konnte, vermischten sich die Bilder von Bengt mit früheren Bildern aus einem Hotelzimmer in Malmö, aus New York in der Sommerhitze, von einem Rasen in Skövde, auf dem sie verletzt lag, von einer Kugel am Kopf getroffen, und zu Paul Hjelm aufblickte und sagte: >Ich liebe dich.< Das war jetzt lange her. Aber das Spiel der inneren Bilder schien keiner Chronologie zu folgen.
    Seit damals war ihr Schädelknochen an der linken Schläfe hauchdünn. Als ob die Trennung zwischen innerer und äußerer Welt nicht wirklich

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