Dunkelziffer
existierte.
Dann setzte sie um dies alles eine Klammer, öffnete eine Tür und trat ins Zimmer zu Jorge Chavez und Jon Anderson. Sowie dem kostenintensiven externen Experten Axel Löfström. Es standen jetzt drei Monitore auf Jons und Jorges gemeinsamem Schreibtisch, aber alle waren mit ein und derselben Festplatte verbunden.
Emily Flodbergs.
»Lasst hören«, sagte Kerstin Holm knapp.
»Wir sind drin«, sagte Chavez und sah auf. »Die Festplatte enthält eine riesige Menge Daten - ich kann mir vorstellen, dass dem Computer Emilys Hauptinteresse im Leben galt. Es gibt immer noch eine Menge versteckter und passwortgeschützter Dateien, aber die meisten sind jetzt frei, einschließlich der besuchten Internetsites.«
Kerstin Holm zog einen Stuhl heran und klemmte sich zwischen Jon und Jorge. Es war ziemlich eng im Zimmer.
»Können wir schon Schussfolgerungen ziehen?«, fragte sie.
»Wir haben uns die Arbeit aufgeteilt«, sagte Jon Anderson und tippte auf seiner Tastatur. »Axel kämmt die Festplatte durch, damit uns nichts entgeht. Jorge nimmt ihre Internetgeschichte. Und ich habe den Rest. Aus meiner Sicht gibt es noch nicht viel zu sagen. Sie hat viele Computerspiele gespielt, vor allem solche, bei denen man fiktive Welten errichtet, manche davon ziemlich gewalttätig. Nicht viele selbst verfasste Texte außer ein paar Hausarbeiten. Ich gehe gerade alle Word-Dokumente durch.«
»Kein Tagebuch?«, fragte Kerstin Holm.
»Kein digitales, soweit ich es beim gegenwärtigen Stand beurteilen kann. Aber es gibt, wie gesagt, viel passwortgeschütztes Material.«
»Sie hat mit der Hand Tagebuch geschrieben«, sagte Jorge Chavez. »In Saras Bericht von dort oben in Saltskogen stand doch, dass das Tagebuch mit Emily verschwunden ist.«
»Saltbacken«, korrigierte Kerstin nickend. »Und du?«
»Zum Glück hat sie die Spuren, wenn sie Internetseiten besucht hat, nicht gelöscht«, sagte Jorge und gab der Tastatur einen Schubs, dass sie über den Schreibtisch rutschte. »Aber der Nachteil ist, dass es unendlich viele sind. Ich habe noch keinen richtigen Über blick.«
»E-Mails?«
»Es gibt ein ganz normales E-Mail-Programm, Outlook Express. Ich habe die gesendeten und empfangenen E-Mails durchgesehen, aber es sieht völlig harmlos aus. Beinahe ein bisschen offiziell. Ich denke mal, dass es noch weitere E-Mail-Adressen gibt. Hotmail und Yahoo sind unter den besuchten Seiten.«
Kerstin Holm verzog das Gesicht kaum merklich und sagte: »Und die obligatorische Frage: Irgendwelche Sexseiten?«
Jorge Chavez zuckte die Schultern. »Direkt pornografische Seiten habe ich nicht gefunden, aber ich ahne Kontaktseiten... Die Grenzlinie dazwischen ist manchmal haarscharf.«
»Also keine direkten Schlüsse?«, fasste Kerstin Holm zusammen und unterdrückte ein Seufzen.
»Ich finde schon«, sagte Axel Löfström.
Die übrigen drei starrten verwundert auf die kostenintensive externe Kapazität.
Sich auf die Beweiskraft einer dunklen Erfahrungswelt stützend, führte er seinen Gedankengang zu Ende. »Dies hier ist der Computer einer Unschuld«, sagte er trocken.
Arto Söderstedt blickte über das in frühsommerlichem Regen ertrinkende Stockholm, und eine Bewegung in den Augenwinkeln ließ ihn den Blick nach unten richten. Er stand unter einem Regenschirm auf dem Monteliusväg, einem künstlich angelegten Wanderweg oberhalb des Steilufers von Mariaberget, und schaute nach unten. Der Felsen fiel wirklich senkrecht ab, und auf halber Höhe hing ein Mann mit einer Art Hammer in der Hand. Er hackte sich langsam durch den Regen aufwärts.
»Was tut der da?«, stieß Viggo Norlander unter seinem eigenen Regenschirm aus.
»Der gibt sich 'ne Dröhnung«, sagte Söderstedt.
»Komisches Kifferlokal«, sagte Norlander.
»Endorphine«, sagte Söderstedt und widerstand der Versuchung, ein paar kleine Steine hinunterzutreten.
»Was bitte?«
»Das Leben ist zu einer Jagd nach Kicks geworden. Manche brauchen ganz einfach Endorphinkicks. Diese Figur da schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Endorphinkick und Exhibitionismus im Doppelpack.«
Sie wandten sich von dem Kletterer ab und einer Parkbank mit idealer Aussicht über Stockholm zu. Im Moment allerdings war sie regennass. Als ob der Regen die letzten Spuren des schrecklichen Anblicks fortwaschen wollte, der vor gar nicht langer Zeit zwei unschuldigen Nachtschwärmern hier begegnet war. Ein barmherziger Regen des Vergessens, wie er seit der Gründung der Stadt immer wieder auf
Weitere Kostenlose Bücher