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Dunkelziffer

Dunkelziffer

Titel: Dunkelziffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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saß in ihrem Zimmer und dachte über drei Dinge nach, die sich auf beunruhigende Weise miteinander verflochten: Vorurteile, Liebe und die schwierige Beziehung zwischen diesen beiden.
    Zuerst Vorurteile. Emily Flodberg war jetzt seit über vierundzwanzig Stunden verschwunden. Die Zeit lief ihnen davon, und Kerstin fragte sich, wie weit sie sich auf ihre Vorurteile verlassen konnte. Denn war das, was ihren Spürsinn auf Birgitta Flodberg lenkte, etwas anderes? Was war es an dieser schlechten Entschuldigung für eine Mutter, das so hartnäckig ihre Aufmerksamkeit festhielt? Und warum überhaupt >eine schlecht e Entschuldigung für eine Mutter< ?
    Kurz gesagt, sie war frustriert.
    Man musste etwas in der Hinterhand haben, wenn es einen Sinn haben sollte, mit Emilys Mutter zu sprechen. Es gab zwei Punkte, an denen man graben konnte. Leider verlangten beide nach etwas, was man nicht hatte: Zeit. Als Erstes war Chavez' und Andersons Bericht über Emilys Festplatte abzuwarten. Als Zweites eine gründliche Durchleuchtung von Birgitta Flodbergs finanzieller Situation.
    Immer dieses >abwarten<.
    Sie stand in ständigem Kontakt mit Jorge, der zuletzt in seiner ein wenig irritierenden Art angedeutet hatte, er sei auf die Spur von etwas gekommen. Ihm zufolge handelte es sich darum, >die Spuren einiger gelöschter Bilder zusammenzufegen und danach ein Puzzle daraus zu legen<. Kerstin war sich nicht sicher, ob die Metaphorik stimmte.
    Jon Anderson hatte schlicht nichts zu sagen. Und die mystische externe Aushilfskraft Axel Löfström war noch stummer, falls das überhaupt möglich war.
    Also Ausgrabungspunkt Nummer zwei. Birgitta Flodberg war weder Opfer noch Verdächtige, und sie hatte keine kriminelle Vergangenheit. Somit hatte Kerstin Holm keinerlei juristische Handhabe, um tiefer in ihrer Finanzsituation zu graben. Aber es existierte die öffentliche Steuererklärung, und die bestätigte nur, was Kerstin schon gesehen hatte: Frau Flodbergs Einkünfte reichten exakt für die monatliche Zahlung für ihre Wohnung. Einen Kredit hatte sie nicht aufgenommen; Birgitta Flodberg musste also die Kapitaleinlage für die Wohnung in bar geleistet haben. Doch es gab kein Kapital, von dem sie das Geld hätte nehmen können.
    Die Frage blieb: Woher kam das Geld? Eigentlich gab es nur zwei Antworten. Entweder verfügte Birgitta Flodberg über ein ausgeklügeltes System von Steuertricks einschließlich geheimer Konten in der Schweiz oder auf den Cayman Islands, oder sie hatte einen Koffer mit Bargeld im Kleiderschrank.
    Beide Möglichkeiten ließen auf eine Form von Kriminalität schließen. Im ersten Fall wäre sie wohl kaum allein, sondern ein Glied oder ein Außenposten in einem irgendwie gearteten größeren Geflecht. Im zweiten Fall handelte es sich eher um eine Form von Kriminalität, vielleicht lagen im Kleiderschrank die Reste eines unaufgeklärten, tja, Postraubs.
    Oder alles waren Vorurteile.
    Dann Liebe. Eigentlich sollte sie sich in einem Zustand der Gelöstheit befinden. Es war ziemlich genau zwei Jahre her, seit sie zum ersten Mal in Bengt Äkessons blauen Bannkreis geraten und darin in die Irre gegangen war. Als sich zeigte, dass er von einem blonden Bombeneinschlag namens Vickan in Beschlag genommen war, da war ihr schlummerndes Begehren bereits geweckt, ungefähr wie bei einem Bären, der aus dem Winterschlaf geweckt wird. Sie floh zu einem Mann, der sie auf schmähliche Weise hinterging.
    Sie war nicht besonders pessimistisch veranlagt, aber der Vorfall hatte sie dazu gebracht, daran zu zweifeln, dass sie je wieder mit jemandem zusammenleben könnte. Vielleicht hatte sie unrealistische Ansprüche, war zu alt - oder es stimmte ganz einfach etwas nicht mit ihr. Als sie jetzt zuließ, dass sie wieder in den blauen Bannkreis gezogen wurde, war sie äußerst vorsichtig, ging wie auf dünnem Eis und wagte am Ende den Absprung.
    Das Ergebnis war die vergangene Nacht, das Ende eines Prozesses und der Anfang eines neuen. Aber das Fantastische der Nacht hatte sich bereits in etwas ganz anderes verwandelt, in eine Frage des Vertrauens. Und in diesen Regionen war die Verbindung von Liebe und Vorurteilen aktiviert worden. Gerade als die Liebe die Chance bekam, sich in Freiheit zu entfalten, kam die Störung - es war fast ein Muster in ihrem Leben. Die Störung bestand in der Frage, was sie in diesen blauen Bannkreis gezogen hatte - war es wirklich Vertrauen gewesen? War es nicht eher - Gefährlichkeit? Sie fragte sich, ob die Forderung nach

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